Mehr Rentabilität und Planungssicherheit. Trotzdem scheint die Schweizer Gastronomie bei Double Seatings noch zurückhaltend.
«Hiermit bestätigen Sie, dass Sie den Tisch um 20 Uhr für die nächsten Gäste freigeben werden.» Dass eine Reservierung im Restaurant nur für zwei Stunden gilt und Tische an einem Abend mehrfach vergeben werden, ist in den USA oder in europäischen Grossstädten längst Usus.
Hierzulande sieht es anders aus: «In der Schweiz sind fest geplante Double Seatings für viele Gastronomen und Gäste noch ungewohnt», sagt Yves Latour, Managing Partner bei der Software-Firma Lunchgate, die mit ihrem Reservierungssystem Foratable Marktführer in der Schweiz ist. Wie aktuelle Zahlen von Foratable zeigen, arbeiten aktuell von 1129 Restaurants 168 mit Doppelbuchungen. 44 am Mittag, 144 am Abend. Am häufigsten kommt das Modell freitags und samstags zum Einsatz. Das macht angesichts des Gästeverhaltens auch Sinn. Denn an den beiden Abenden allein verzeichnet Lunchgate rund 27 Prozent der Gästeankünfte der ganzen Woche.
An Spitzentagen bietet es sich laut Latour deshalb an, mit mehreren Seatings zu arbeiten. Während es am Mittag weniger Spielraum gäbe, liessen sich die Gästeankünfte abends besser steuern.
«Damit die Einführung eines Double Seatings klappt, braucht es viel klarere Bedingungen bei der Reservation als in der Vergangenheit», so Latour. Die Gäste müssten pünktlich und in der vereinbarten Zahl erscheinen, sonst ginge die Planung schief. «Funktioniert es, gewinnt man eine hohe Auslastung und Planungs-sicherheit, die für eine profitable Betriebsführung essenziell sind.»
Ein Betrieb, der freitag- und samstagabends auf Double Seatings setzt, ist das Restaurant Süder in Bern. «Wir haben in der Coronazeit infolge reduzierter Sitzplätze damit angefangen, um unser gesamtes Team weiter beschäftigen zu können», sagt Gastgeberin Renate Fankhauser. «Nach dem Ende der Massnahmen war der Andrang so gross, dass wir es teilweise beibehalten haben.» Mit dem Online-Reservationstool steuert Fankhauser das Angebot. «Wer frühzeitig reserviert, erhält auch um 19 Uhr einen Tisch und kann solange sitzen bleiben, wie er möchte», erklärt sie. Ist die Nachfrage gross, sperrt sie die Zwischenschichten.
Wer jetzt noch um 18 Uhr bucht, erhält ein Zeitfenster von zwei Stunden. Das Konzept erfordert viel Koordination. «Für 25 bis 30 Gäste können wir gewährleisten, dass sie in den zwei Stunden durch sind», so Fankhauser. Bei grösseren Gruppen reiche die Zeit allerdings nicht aus. «Dort frage ich jeweils nach, wie lange die Gäste bleiben möchten.»
Nur selten habe sie negative Bemerkungen erhalten, sagt die Gastgeberin. «Ich argumentiere jeweils, dass alle profitieren, wenn wir die Ankunftszeiten steuern und Küche und Service nicht überlastet sind.» Planbarkeit ist für den Betrieb ein weiterer wichtiger Punkt: «Ab und zu gibt es auch bei uns No-Shows. Mit den Doppelbuchungen wird der Tisch wenigstens einmal gebucht.» Aufgrund mangelnder Laufkundschaft im Quartier könne sie Tische auch nicht einfach spontan an Passanten weitergeben.
Einen Mittelweg hat das Restaurant Löwenzorn in Basel gefunden. Hier werden die Gäste bei der Reservation gebeten, ihre ungefähre Aufenthaltsdauer anzugeben. So können die Betreiber abschätzen, ob es für späte Gäste noch freie Tische hat. «In der Pandemie haben wir mit zwei fixen Zeitfenstern von zwei Stunden gearbeitet», erzählt Gastgeber Karim Frick. «Nachdem die Massnahmen aufgehoben worden waren, stellten wir es auf freiwillige Basis.» Geht jemand nach dem Essen ins Kino und gibt an, um 20 Uhr fertig zu sein, besetzen sie den Tisch ein zweites Mal.
«Zwei Stunden reichen in der Regel problemlos aus», so Frick. In der Schweiz gehöre es aber auch dazu, nach dem Essen sitzenzubleiben und zu plaudern. «Das ist richtig so und soll auch weiterhin möglich sein.»
(Alice Guldimann)