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Das Ökosystem des Menschen verkümmert

Wer Zivilisationskrankheiten wie Diabetes vorbeugen möchte, tut gut daran, sich gesund zu ernähren und sichKeimen auszusetzen. Zu dem Schluss kommen Mikrobiologen weltweit.

Stark verarbeitete Lebensmittel sind Gift für unser Mikrobiom. (Unsplash)

Jeder Mensch trägt auf seinem Körper etwa 1,3 Mal mehr Bakterien und andere Mikroorganismen mit sich herum, als er Zellen besitzt. Die Gesamtheit dieser Bakterien und anderer Mikroorganismen wird als Mikrobiom bezeichnet. Wie gut oder schlecht ein Mikrobiom ist, hängt laut der Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention in Frankfurt am Main (DE) nicht von der Anzahl der Mikroorganismen ab, sondern von deren Vielfalt.

Bereits 2015 bewies die Mikrobiologin Gloria Dominguez-Bello, dass der Artenreichtum nicht nur um uns herum schwindet, sondern auch das Ökosystem in unserem Inneren betrifft. Sie untersuchte Stuhlproben des indigenen Volkes Yanomami aus dem Amazonasgebiet. Diese verglich sie mit Proben von Menschen aus Industrieländern. Die Erkenntnis? Die Mikrobiome der Menschen, die weitestgehend ohne moderne Medizin, westliche Hygienestandards und industrialisierte Nahrung auskommen, weisen gut doppelt so viele Arten von Mikroorganismen auf wie Menschen in Industrieländern.

Die Folgen unseres Lebensstils

Laut dem European Food Trends Report 2021 (EFTR) hat diese Entwicklung Konsequenzen für unsere Gesundheit. «Mikrobiologen vermuten, dass zahlreiche Zivilisationskrankheiten auf ein gestörtes und verarmtes Mikrobiom zurückzuführen sein könnten», schreibt das Forschungsteam.

Der häufige Einsatz von Antibiotika in Medizin und Tierzucht, die industrielle Produktionsweise der Lebensmittel, der hohe Anteil an Kaiserschnitten sowie eine übertriebene Hygiene führten dazu, dass der moderne Mensch mit weniger Keimen in Berührung komme. Krankmachenden Keimen, aber eben auch solchen, die das Immunsystem stärken. Viele Mikrobiologen sind laut EFTR der Überzeugung, dass ein solches gestörtes Mikrobiom direkte physische Konsequenzen haben könne. Es stehe im Verdacht, Krankheiten wie Diabetes, Asthma, Multiple Sklerose, Adipositas oder entzündliche Darmerkrankungen zu fördern.

Darüber hinaus lasse sich auch ein Zusammenhang zu neurologischen und psychischen Erkrankungen wie Depressionen Autismus oder Parkinson herstellen. «Die Mikroorganismen im Menschen helfen nicht nur bei der Verdauung oder bei der Immunabwehr, sie kommunizieren über ihre Stoffwechselprodukte auch mit dem Nervensystem», schreibt das Forscherteam im EFTR.

Weitergegeben werden diese Stoffwechselprodukte über den Vagusnerv. Das ist der längste von insgesamt 12 Hirnnerven des Menschen. Er verläuft als einziger vom Stammhirn über das Herz bis zum Magen-Darm-Trakt.

Die Biodiversität des Mikrobioms lässt sich über das Essen fördern

Der grösste Hebel, den wir besitzen, um die Interaktionen von Gehirn und Darm zu beeinflussen, ist laut EFTR neben Sport sowie den Schlaf- und Ruhephasen vor allem unsere Ernährung.

Schädlich für die Biodiversität des Mikrobioms sind laut der Autoren des European Food Trends Report 2021 der Konsum stark verarbeiteter Lebensmittel und Fertigprodukte, der regelmässige Konsum von rotem Fleisch sowie ein hoher Konsum von Zucker und Süssstoffen. Wer die Biodiversität des Mikrobioms stärken möchte, sollte häufig auf fermentierte Lebensmittel sowie solche mit möglichst vielen Ballaststoffen zurückgreifen. Dazu gehören nebst Obst und Gemüse etwa auch Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und Nüsse.

(Désirée Klarer)


European Food Trends Report

Der EFTR ist eine Studie des Gottlieb Duttweiler Instituts, die alle zwei Jahre erscheint. Sie zeigt die aktuellen Trends, Entwicklungen und Innovationen im gesamten Wertschöpfungsnetzwerk auf und ordnet diese ein. Die Studie zeigt, welche Veränderungen es in der Ernährungswirtschaft gibt und wie sich diese auf Konsum und Verteilung auswirken.