Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

«Die Mutigen werden vom Leben belohnt»

Er verlässt den Berufsverband Bäckerei & Confiserie nicht, weil es ihm nicht mehr gefällt. Er will Raum für Neues schaffen. Ein Gespräch mit David Affentranger.

David Affentranger will mehr Zeit für sich und die Familie haben. (Lukas Bidinger)

David Affentranger, nach acht Jahren als Geschäftsführer des Berufsverbandes Bäckerei & Confiserie verlassen Sie die Hotel & Gastro Union. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?
Es sind vor allem Zeitgründe, die mich diesen Schritt haben machen lassen. Nach vielen Jahren intensiver Arbeit in der Hotel & Gastro Union möchte ich mich beruflich auf meine Aufgaben als Gemeindepräsident und Politiker konzentrieren. Und da meine Frau Corinne wieder arbeitet, möchte ich mehr Zeit für meine Kinder und als Hausmann haben.

Es war also auch ein Entscheid für Ihre Familie?
Ja. Und für mich, denn es wäre schön, auch mal fünf Minuten nur für mich zu haben. Obwohl ich –noch – topfit bin und viel stemmen mag, weiss ich von Kollegen, die aufgrund einer Erschöpfung kürzer treten mussten. Ein Burn-out ist oft näher als man denkt. Das prägt das Bewusstsein für eine sinnvolle  Work-Life-Balance.

Geben Sie nicht auch ein Stück finanzielle Sicherheit auf?
Bestimmt. Doch mein Mut, neue Wege zu gehen, wurde schon früher belohnt. Bevor ich für ein 50-Prozent-Pensum zur HGU wechselte, gab ich meinen Vollzeitjob in der Bäckerei auf – und das, obwohl ich sehr sicherheitsbedürftig und loyal bin. Erst wenn man etwas Altes abschliesst, hat etwas Neues Platz. Auch wenn das bedeutet, seine Komfortzone zu verlassen. Oder um es in der Bäckersprache zu sagen: Solange ich die Produkte nur von hinten in die Vitrine hineinstelle, anstatt diese auch mal von vorne aus Kundensicht zu betrachten, ändert sich nichts.

Sie sind bei Ihren Verbandskolleginnen und -kollegen als äusserst engagierter und fröhlicher Berufsmann bekannt. Sind Sie immer so gut drauf? 
Das ist unter anderem auch Charaktersache. Ich bin aber auch ein Verfechter des positiven Denkens. Wer seinen Alltag mutig, motiviert und lebensbejahend anpackt, kommt einfacher vorwärts. Jammern bringt niemandem etwas. Meinen Job kann ich zudem nur gut machen, wenn ich Verständnis für meine Mitmenschen aufbringe, sie in herausfordernden Situationen unterstütze und motiviere weiterzumachen. Die Pandemie war eine Bewährungsprobe, die nicht nur mich an meine Grenzen gebracht hat. Aber auch hier lautet meine Devise: Irgendwann geht es immer weiter.

«Menschen sind mir wichtig. Und ich werde immer versuchen, mit gutem Beispiel voranzugehen.»


Was demotiviert Sie?
Das Gejammer vieler Menschen. Das macht nichts besser – im Gegenteil. Man ist, was man denkt.

Auf welche Erfolge sind Sie in Ihrer Karriere als Geschäftsführer besonders stolz?
Ich bin glücklich, dass wir unseren verhältnismässig kleinen Verband in die Hotel & Gastro Union eingliedern konnten. Zudem haben sich die Akzeptanz seitens der Arbeitgeber und die Gesprächskultur mit ihnen stark verbessert. Bis wir so weit waren, wurden viele Gespräche und Diskussionen auf allen Ebenen geführt. Auch die vielen Events sind nicht nur lehrreich und super für das Netzwerk, sie machen zudem deutlich, wie viel wir für unsere Berufe bewegen. Seit 2019 sind erstmals alle Angestellten unserer Branche dem GAV unterstellt. Ebenso gilt der 13. Monatslohn ab dem ersten Arbeitstag nach der Probezeit, und jeder Arbeitnehmende geniesst fünf Wochen Ferien.

Welche Herausforderungen warten auf den Verband?
Beim GAV konnten wir inhaltlich und strukturell zwar viel erreichen. Aber lohntechnisch sind wir noch nicht, wo wir sein wollen. Es gilt zudem, die aktiven Nichtmitglieder mit mehr Präsenz vom Berufsverband zu überzeugen, sie zu einer Mitgliedschaft zu bewegen und die Gemeinschaft zu pflegen.

Was geben Sie Ihrem Nachfolger, Stefan Kogler, mit auf den Weg?
Ich hoffe, dass Stefan an den wichtigen Events wie dem Greenfield Festival oder dem Fachwettbewerb Brot-Chef festhält. Zentral in dieser Tätigkeit ist es zudem, die Menschen zu mögen und sich Zeit zu nehmen, ihre Anliegen anzuhören. Was es als Geschäftsführer auch braucht, ist Geduld: Anders als in der Backstube, wo ein Produkt innert weniger Stunden fertiggestellt ist, arbeiten die Mühlen im Verbandswesen stetig, aber langsam. Geduld zu lernen, hat mich als Mensch geprägt.

Das steht diametral zur Tätigkeit in der Backstube.
Ja, aber kurzfristiges Arbeiten stillt nur den akuten Hunger des Kunden. Wer aber das Schwerfällige aushält, bringt den Menschen auf längere Sicht nachhaltige Erfolge. 

(Interview Andrea Decker)


Zur Person

David Affentranger (39) ist verheiratet und hat drei Söhne (10, 13 und 14 Jahre alt). Er ist Gemeindepräsident von Hitzkirch/LU, Präsident RET Seetal (Idee Seetal) und engagiert sich in kommunalen und kantonalen Kommissionen und Ausschüssen. Ab April 2022 ist der Familienmensch auch Teilzeit-Hausmann.