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Ein verkannter Leckerbissen

Im Herbst, wenn die meisten Obstsorten geerntet sind, hängt die Schweizer Bratbirne immer noch am Baum und lässt sich weder essen noch zu Most pressen. Erst im Winter wird sie geniessbar.

Fructus, die Vereinigung zur Förderung alter Obstsorten, ernennt mit der Schweizer Bratbirne eine fast ausgestorbene Vertreterin aus der Gruppe der Wirtschaftsobstsorten zur Obstsorte des Jahres 2020. (ZVG)

Gemäss historischer Überlieferungen soll die Schweizer Bratbirne am rechten Ufer des Zürichsees entstanden sein. Im Kanton Zürich war die Frucht ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verbreitet.

Die Schweizer Bratbirne wurde im Rahmen der Inventarisierung der Obst- und Beerensorten in der Schweiz erfasst. Gleichzeitig wurde im Fricktal eine Birne unter dem Namen Imberwurzen inventarisiert. Beide Sorten wurden als identisch und als erhaltungswürdig eingestuft. In den historischen Werken tauchte jedoch bis jetzt weder ein Hinweis auf den Namen Imberwurzen noch auf die Verbreitung der Schweizer Bratbirne auf. Umso grösser die Freude über die Mitteilung, dass sich die gleiche Birne in Magden/AG grosser Beliebtheit erfreut.

Ausgezeichnete kulinarische Eigenschaften

Bevor die moderne Ernährungslehre Salate und konserviertes Gemüse entdeckte, wurde zu fast jeder Mahlzeit Obst in gekochter Form gereicht. Beeren, Kirschen, Zwetschgen, Äpfel und Birnen wurden auf vielfältige Weise haltbar gemacht und später in Mahlzeiten weiterverarbeitet. In den Hochstammobstgärten wurden deshalb nicht nur Tafel- und Mostobstsorten angebaut, sondern auch ein breites Sortiment für die Verarbeitung in der Küche. Der Siegeszug des Gemüses war durchschlagend und verdrängte gekochte Apfelschnitze und Kompotte vom Esstisch. Die meisten Bäume mit Küchensorten wurden gefällt, was die Bratbirne nur mit Glück überlebt hat.

Die kulinarische Qualität der «Chugelibire» offenbart sich erst, wenn sie gebraten, gebacken oder gegart wird. Zum Beispiel kann man die Bratbirnen halbieren, das Kerngehäuse entfernen und die Hälften in Butter oder auch Wein bei niedriger Hitze schmoren und mit Vanille, Nelken, Ingwer, Kardamom oder Zimt würzen. Im Vergleich mit anderen Birnensorten überrascht die Wintersorte mit einem auffallend kräftigen Aroma und einer festen, aber feinen Textur. Die ausgewogene Säure, das feine Gewürz sowie eine typische Karamellnote, die beim Kochen entsteht, runden den Geschmack ab. 

Die Schweizer Bratbirne ist ein altes Kulturgut und entspricht dem Trend nach regionalen Produkten aus nachhaltiger Produktion, der zudem einen Beitrag zur Förderung der Biodiversität leistet. Der Baum ist robust und 
eignet sich für den Anbau in höheren Lagen. Mit der Pflanzung von Jungbäumen in verschiedenen Gemeinden der Region Zürichsee bringt die Vereinigung zur Förderung alter Obstsorten Fructus die Schweizer Bratbirne zurück in ihre Ursprungsregion. Mit der Ernennung zur Schweizer Obstsorte des Jahres lädt Fructus ein, diese delikate Birne und weitere Obstsorten wieder für die Küche zu entdecken.

(ade)


Informationen

www.fructus.ch