Es zählt das Bild

Wie ein Gericht schmeckt, ist das eine, wie es abgelichtet und wo es aufgeschaltet wird, das andere. Gastronomen tun gut daran, sich eine Strategie zurechtzulegen.

  • Requisiten, ja oder nein. Das sollte man sich überlegen, bevor man sich an das Fotografieren macht. Im Bild ein Gericht der «Eisblume» in Worb bei Bern. Die Gastronomen engagieren mehrmals pro Jahr einen Fotografen. («Eisblume», Worb)
  • Das Restaurant Equi-Table in Zürich praktiziert einen Mix aus Foodbildern und «persönlichen» Bildern, die das Team hinter den Kulissen zeigt. (Equi-table Zürich)

In Zeiten von Facebook, Pinterest und Instagram erhalten Bilder eine immer grössere Bedeutung. Es wird fotografiert und gepostet, was das Zeug hält. Verständlich, denn einerseits bieten die sozialen Medien die Möglichkeit dazu und andererseits sind Fotografien das stärkste Kommunikationsmittel überhaupt. Die Jugendlichen, sprich die Gäste von morgen, sind da besonders aktiv. Eine kürzlich durchgeführte Studie von Swisscom und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften zeigt, dass Instagram, der Online-Dienst zum Teilen von Bildern und Videos, das beliebteste soziale Netzwerk bei ihnen ist. Doch nicht nur die Jugendlichen sind aktive Bilderposter, sondern auch die Erwachsenen. Dies geht aus einer aktuellen Online-Umfrage der Zürcher Agentur Xeit hervor, die auf Social Media spezialisiert ist. Gemäss der Umfrage nutzen 35 Prozent der 1089 Befragten die Plattform Instagram häufiger als noch vor einem Jahr.

Auch das Thema Kulinarik ist nach wie vor sehr beliebt. Gibt man bei Instagram den Hashtag Foodporn ein, liefert dieser 103 058 895 Bilder. Ob nun zu Hause oder im Restaurant, vor dem Essen wird das Smartphone gezückt, abgedrückt und gepostet. Davon können auch einige Gastronomen ein Liedchen singen. Denn nicht jeder Gast ist nun mal ein begnadeter Fotograf. Und welche Köchin oder welcher Koch will schon Bilder von schlecht fotografierten und ausgeleuchteten Gerichten im World Wide Web kursieren sehen. Das hat schon Gastronomen dazu gebracht, das Fotografieren im Restaurant ausdrücklich zu verbieten.

Sich mit Bildern in Szene setzen

Doch darum soll es in diesem Artikel nicht gehen. Sondern viel mehr darum, wie Restaurants die Kreationen aus der Küche bildmässig am besten in Szene setzen können. Dazu sollten sich die Gastronomen und Köche zuallererst ein paar Dinge überlegen. Ein sehr wichtiges Kriterium dabei ist Qualität. «Manchmal finde ich Dinge im Netz, die ich lieber nicht sehen würde», sagt die Foodstylistin Mira Gisler, die unter anderem Foodstrecken für die Saisonküche ausrichtet und etwa bei dem Kochbuch Essbare Stadt für das Foodstyling besorgt war.

Zuallererst sollte man sich klar werden darüber, was man mit den Bildern aussagen möchte. Um Ideen zu sammeln, rät Mira Gisler, sich etwa auf Instagram inspirieren zu lassen. So bekomme man auch mit, was bildmässig gerade angesagt sei. Hat man sich erst mal für eine Bildsprache entschieden, ist es ganz wichtig, dass diese zum eigenen Kochstil und zum Restaurant passt. Dann gilt es zu entscheiden, ob man das aktuelle Menü präsentieren will oder ob man den neuesten Signature Dish in den Fokus rücken will. Und es stellt sich natürlich die Frage, ob das eigene fotografische Können sowie die Fotoausrüstung ausreichen oder ob man besser einen Profi engagiert.

Das Restaurant Eisblume in Worb, mit 16 Gault-Millau-Punkten und einem Michelin-Stern ausgezeichnet, setzt auf Letzteres. Zweimal pro Jahr kommt ein Fotograf für sechs bis sieben Stunden, der das aktuelle Menü ins beste Licht rückt. Nochmals so viel Zeit wendet der Profi im Anschluss für die Nachbearbeitung auf. «Wir haben uns für diesen Rhythmus entschieden, obwohl wir dadurch nicht alle Menüs zeigen können», sagt Gastgeber Mario Caretti. Denn es sei halt auch immer ein finanzieller Aufwand. Die Bilder werden zuerst auf der Facebook-Seite angeteasert und dann auf der Webseite aufgeschaltet.

«Wir würden gerne regelmässiger auf Facebook posten. Doch wir wollen auf keinen Fall Handybilder hochladen», sagt Mario Caretti. Dann lieber keine Bilder als schlechte Aufnahmen, ist er überzeugt. Auch bei Fotos, die einen Blick hinter die Kulissen bieten, seien sie eher zurückhaltend.

Doch gerade bei Bildern, die einen persönlichen Einblick gewähren, ortet Claudio Del Principe, Blogger und Foodautor, ein grosses Potenzial. «Die Follower lieben es, Köchen in ihrem Alltag und auf ihren Reisen zu folgen», sagt der 49-jährige Basler. Diese Bilder dürften auch mit dem Smartphone gemacht werden. Auf dieses Prinzip setzt das Restaurant Equi-Table in Zürich. Sie lassen die Gäste an ihrem Gastroalltag teilhaben. Die Bilder auf der Webseite werden alle paar Monate aktualisiert, auf den sozialen Medien regelmässiger.

Zudem bieten sie den Gästen auf Instagram unter dem Hashtag equi_table die Möglichkeit eigene Bilder aufzuschalten. «Unsere Gäste nutzen diese Möglichkeit. Und für mich ist es immer interessant zu sehen, was sie bei uns erlebt und wie sie sich gefühlt haben», sagt Fabian Fuchs. Die Qualität der Bilder ist für den mit 16 Gault-Millau-Punkten dotierten Koch dabei zweitrangig. «Ich finde, man darf ruhig sehen, dass die Gäste abgedrückt haben und kein Profifotograf.»

Daneben lädt das Equi-Table-Team regelmässig sorgfältig geshootete Bilder der Gerichte hoch. Fabian Fuchs macht die Bilder hauptsächlich selber. «Ich habe mir letztes Jahr eine Nikon gekauft. Das Fotografieren ist schon lange ein Hobby von mir.» Wie oft der 30-jährige Küchenchef neue Food-Bilder postet, ist unterschiedlich. Mindestens einmal pro Woche versucht er jedoch, etwas hochzuladen. Das Ziel wäre aber ein noch höhere Frequenz.

Ein gekonnter Mix ist gefragt

Also genau die Kombination von Bildern, die Claudio Del Principe bei vielen Spitzenköchen rund um den Globus beobachtet. Auf der einen Seite sind es die persönlichen Bilder und auf der anderen Seite die professionell geshooteten Signature Dishes. Wer dabei nicht über ein so gutes Händchen wie Fabian Fuchs verfügt, sollte lieber einen Fotografen damit beauftragen. Denn ein Profi fotografiere nun halt mal nicht nur besser, sondern er verstehe auch etwas von Bildkomposition, Lichtführung und Styling. Professionelle Fotos empfiehlt er zwingend für Webseiten. In sozialen Medien können laut dem Blogger durchaus auch selbst fotografierte Food-Bilder gepostet werden. Dabei sollte man direktes Blitzlicht, gefärbtes Licht, unscharfe Bilder, unvorteilhafte Winkel oder Filtereffekte sowie überambitionierte Dekorationen vermeiden. «Mit einem speziellen Untergrund, einer natürlichen Lichtquelle und einer guten Kamera kommt man jedoch schon sehr weit», sagt Claudio Del Principe.

Und wie geht man bei einem Shooting vor? «Ganz wichtig ist, dass man alles gut vorbereitet hat und alles griffbereit ist», sagt Diana Krauss, gelernte Köchin und erfahrene Foodstylistin aus Zürich. Zudem seien Tücher zum Putzen der Teller und Stoffhandschuhe wichtig. Und bei einem Shooting achtet sie jeweils darauf, dass die Lebensmittel in mehrfacher Ausführung vorliegen, so dass sie das «fotogenste» auswählen kann. Im Weiteren rät sie dazu, die einzelnen Komponenten eines Gerichtes fürs Shooting lieber ein bisschen knapp zu garen. Denn dadurch wirke das Gericht frischer und ansprechender.

Und worauf sollte man beim Anrichten den Fokus legen? Einer, der es wissen muss, ist Mario Garcia. Der Teamchef der Schweizer Kochnationalmannschaft kennt sich aus mit Proportionen, Formen und Farben. «Das Wichtigste ist sauberes und exaktes Anrichten auf dem Teller. Zudem sollte man darauf achten, nicht zu viele Komponenten auf einen Teller zu packen», so der 26-jährige Luzerner. «Der passende Teller ist ein Muss. Ist der Teller zu gross oder zu klein, kann es sein, dass die Speisen im Verhältnis dazu eher klein, respektive zu gross wirken.» Einen Tipp schiebt Diana Krauss noch nach: Man solle eher in die Höhe bauen beim Anrichten. Das eigne sich fürs Fotografieren gut.

Und ganz wichtig ist es, keinen falschen Eindruck zu erwecken. Denn durch die Bilder hat der Gast einen Referenzwert. Er weiss, wie das Gericht auf dem Foto ausgesehen hat und ist enttäuscht, wenn seine Vorstellung mit dem Servierten nicht übereinstimmt. Aus genau diesem Grund empfiehlt es sich, bei einem Fotoshooting so realitätsnah wie möglich anzurichten.

(Bernadette Bissig)


Experten zum Thema

Anonyme Köche

Claudio Del Principe ist Texter, Kommunikationsberater und Buchautor. Seit 2007 betreibt er das Foodblog Anonyme Köche. Seine «Koch- und Kulinarikbesessenheit» verewigt er regelmässig auch in Bildern. <link http: www.anonymekoeche.net>www.anonymekoeche.net <link http: www.instagram.com claudio_anonymekoeche>www.instagram.com/claudio_anonymekoeche

Mira Gisler

Die Illustratorin und Stylistin lebt und arbeitet im Tessin. Ein grosser Teil ihrer Tätigkeit macht das Foodstyling aus. Für Magazine, Kochbücher und Werbung übernimmt sie das Foodstyling.
<link http: www.miragisler.ch>www.miragisler.ch

Diana Krauss

Die Foodstylistin aus Zürich erarbeitet Foodstylings für Magazine, Werbung und Kochbücher. Zudem gibt die gelernte Köchin regelmässig Kurse, auch für Gastronomen.
<link http: www.dianakrauss.com>www.dianakrauss.com

Mario Garcia

Der Teamchef der Schweizer Kochnationalmannschaft betreibt in Horw bei Luzern eine Kochschule. Zudem gibt er Ende Monat sein zweites Kochbuch heraus.
<link http: www.cre-ate.ch>www.cre-ate.ch

Comme Soie

Eine Stylistin und eine Fotografin machen gemeinsame Sache und schaffen Gesamtkunstwerke. Neben Foodkonzepten sind beide Schweizerinnen auch im Visual Branding tätig.
<link http: www.commesoie.com>www.commesoie.com