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«Ich hoffe auf Hilfe vom Bund»

Die frostigen Nächte beschädigten die Rebstöcke massiv. Was nun? Winzer-Vertreter Robin Haug gewährt Einblicke in seine Arbeit für die Kollegen.

Robin Haug: «Der Schaden beträgt 80 bis 100 Millionen Franken.» (ZVG)

HGZ: Robin Haug, schlafen Sie derzeit schlechter?

Robin Haug: Nein, überhaupt nicht. Erstens habe ich das Glück, ein 60-Prozent-Mandat beim Branchenverband zu haben. Zweitens könnte ich auch sonst gut schlafen. Wir arbeiten in und mit der Natur. Mit solchen Ereignissen muss man leben können, ansonsten hat man den falschen Beruf gewählt.

Werden nun viele Winzer stempeln gehen?

Nein, das denke ich nicht. Auch wenn der Schaden gross ist, gibt es stets viel zu arbeiten.

Sind Sie das Sorgentelefon für Winzer?

Nein, es ist nicht so, dass ich reihenweise Anrufe von besorgten Winzern erhalte. Sie wissen, dass wir für sie kämpfen, mehr können wir nicht tun.

Was unternehmen Sie für die Deutschschweizer Winzer?

Wir suchen mit der Politik nach Lösungen und hoffen auf Hilfe vom Bund. Kurzarbeit ist ein Thema oder auch das Anzapfen einer Nothilfe-Kasse. Beim Verteilschlüssel wird es da allerdings kompliziert.

Weshalb?

Der Schaden in der Deutschschweiz beträgt 80 bis 100 Millionen Franken. Wenn der Bund 25 Millionen Franken zahlt, wie sollen die verteilt werden? Wenn das Geld klar mit Nothilfe definiert ist, dürfen nur jene Winzer davon profitieren, die mit dem Rücken total zur Wand stehen. Wer also einen grossen Schaden erlitten hat, das Jahr aber irgendwie überstehen könnte, würde nichts erhalten. Ist das fair?

Wie sieht denn die Schadensbilanz aus?

Mit Ausnahme vom Wallis und des Vully ist die Westschweiz relativ glimpflich davongekommen. Nicht so die Deutschschweiz: Hier sind von 2600 Hektaren Fläche 2550 vom Schaden betroffen.

Alles futsch?

Nein. Mancherorts ist tatsächlich alles kaputt. Bei anderen vielleicht nur sechzig Prozent. Das bedeutet aber in keinem Fallbereits jetzt, dass es keinen Ertrag geben wird. Es gibt noch Nebenaugen, es gibt Triebe, die noch nicht am Spriessen waren und sich nun noch zu Hauptaugen entwickeln werden, und es gibt schlafende Augen. Das sind Reserveaugen, die in solchen Jahren austreiben dürften.

Auch letztes Jahr gab es Frühlingsfrost. Das Gejammer war gross, doch letztlich gab es einen stattlichen Ertrag.

Einerseits hat sich das letzte Jahr schliesslich besser entwickelt, als zunächst erwartet. Anderseits haben manche Winzer tatsächlich zu viel gejammert. Die kannten diese Situation nicht, gingen am Morgen danach in die Reben und reagierten übertrieben.

Welche Region ist am stärksten betroffen?

In Basel soll die gesamte Fläche beschädigt sein. Da sieht man nichts Grünes mehr.

Es gibt eine Versicherung gegen Frostschäden. Kaum ein Winzer hat sie abgeschlossen. Eine naive Fehleinschätzung?

Ich kenne nur einen Winzer, der eine solche Versicherung abgeschlossen hat. Er wurde dafür fast ausgelacht. Ich hätte mein ganzes Geld darauf gewettet, dass wir in der Zeit der Klimaerwärmung nie einen derartigen Frühlingsfrost erleben wie jetzt.

Schliessen Sie fürs nächste Jahr eine Versicherung ab?

Nein, sicher nicht.

Treffen Sie andere Vorkehrungen?

Ich werde eine Frostrute stehen lassen. Der Frost würde dann diese Rute zuerst angreifen. Die jungen Triebe wären besser geschützt.

Wieso zünden Sie keine Frostkerzen an?

Das kostet rund 5000 Franken pro Hektare. Ein Weinbauer verdient an seinen Trauben einen Ertrag von 25 000 bis 30 000 Franken pro Jahr. Da man diese Frostkerzen frühzeitig bestellen muss, müsste man als Winzer Anfang Jahr einen beträchtlichen Teil seines Einkommens in diese Kerzen stecken, ohne dass man weiss, ob ein Schaden entstehen wird.

Wie übersteht man als Winzer ein solches Jahr?

In anderen Jahren konnte man sich einen Teil der Trauben von anderen Winzern dazukaufen. Das geht dieses Jahr kaum – praktisch alle sind betroffen. Viele Winzer haben noch einige Reserven, ein Teil des 2015ers ist noch nicht abgefüllt. Und der rote 2016er kommt dann im Herbst. Das könnte man auch ein paar Monate nach hinten schieben. Auch beim Weisswein haben wir auf diese Weise ein wenig Spielraum. Allerdings wissen wir auch nicht, wie das Jahr 2018 wird. Die Natur ist eine grosse Unbekannte.

Was raten Sie den Winzern?

Informiert die Kunden, dass es auf jeden Fall Wein geben wird. Jeder Winzer wird eine gewisse Menge ernten können. Ich wünsche mir, dass wir positiv kommunizieren.

(Interview Benny Epstein)


Zur Person

Der 1986 geborene Robin Haug absolvierte nach der Winzerlehre ein Önologiestudium. Heute arbeitet er im Familienbetrieb «Haug Weine» und amtet beim Branchenverband Deutschschweizer Wein als Geschäftsführer.
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