Roman Helfer verlässt die Hotel & Gastro Union. Dafür hat er einen guten Grund.
Roman Helfer, warum haben Sie sich entschieden, die Funktion als Geschäftsführer des Berufsverbandes Service/Restauration aufzugeben?
Ich habe ein Jobangebot des Kantons Neuenburg erhalten, das ich nicht ausschlagen konnte. Ich darf 5400 Lernende in 150 Berufen betreuen. Bei der Hotel & Gastro Union war die Bildung ebenfalls zentral, deshalb ist die neue Stelle ein Weiterführen meiner Arbeit.
Sie waren drei Jahre als Geschäftsführer tätig. Was war für Sie das eindrücklichste Erlebnis in dieser Zeit?
Oh, da gibt es sehr viele positive Erinnerungen. Am Eindrücklichsten aber ist die Energie, die bei der alle zwei Jahre stattfindenden Servicemeisterschaft entsteht. Das ist immer ein sehr bewegender Anlass und wertet den Beruf der Restauration enorm auf.
Erzählen Sie uns auch ein negatives Erlebnis?
Ich hätte es gerne nicht erwähnt, aber natürlich: die Gesundheitskrise und die enormen Auswirkungen, die sie auf unsere Branche und auf uns als Berufsverband hatte. Wir mussten viele unserer Aktivitäten absagen, und es war sehr emotional, die Probleme unserer Mitglieder mitzuerleben. Natürlich haben wir uns für sie so gut wie möglich eingesetzt, aber ich hätte mir gewünscht, mehr tun zu können.
Der Serviceberuf hat in der Bevölkerung einen schlechten Stand. «Teller servieren» kann jeder, so die Meinung. Stimmt diese Aussage für Sie?
Nein, natürlich stimmt diese Aussage nicht für mich. Und ja, leider ist es so, dass viele denken, mit Tellerservieren sei unser Beruf beschrieben. Aber dies entspricht nicht der Realität.
Was wäre die treffendere Beschreibung des Berufs?
Unsere Fachleute empfangen, begleiten und beraten die Gäste. Sie kennen sich mit Getränken, Produkten und Produzenten aus. Sie verblüffen und beeindrucken oftmals mit ihren Techniken und Umgangsformen. Vielleicht kann jeder Teller servieren, aber um eine gute Restaurantfachfrau oder ein guter Restaurantfachmann zu sein, braucht es viel Arbeit und Talent.
Welche Bedeutung kommt in Ihren Augen den Restaurationsmitarbeitenden zu?
Um das zu erklären, kommen wir am besten nochmals auf die Pandemie zu sprechen. Da vermissten die Gäste den Besuch im Restaurant. Was ihnen fehlte, war nicht das Privileg, bedient zu werden, sondern das gesamte Wissen und Verhalten drumherum. Ich denke, dass dies vielen Gästen in dieser schwierigen Zeit bewusst wurde. Dadurch ist der Stellenwert der Gastronomie gestiegen.
Welche Voraussetzungen sind die wichtigsten, um den Beruf auszuüben?
Ich bin überzeugt, dass dieser Beruf nur machbar ist, wenn man sich gerne mit Menschen austauscht. Aber jeder entwickelt seinen eigenen Stil und seine eigenen Interessen. Das macht auch die aussergewöhnlich vielfältige und abwechslungsreiche Welt der Gastronomie aus.
Im Gastgewerbe arbeiten über 200 000 Personen. Nur ein kleiner Prozentsatz ist seinem Berufsverband angeschlossen. Warum ist das so?
Die Gründe dafür sind vermutlich vielfältig. Ich glaube aber, dass die Berufsleute nicht genau wissen, wie unsere Branche funktioniert. Es ist Verbänden wie dem unseren zu verdanken, dass es die Bildung gibt und dass sie zunehmend von wichtigen Entscheidungsträgern unterstützt wird, vor allem auch finanziell. Es sind aber auch die Verbände, die für stabile Arbeitsbedingungen sorgen. Diese müssen sich zwar noch weiterentwickeln, aber das bislang Erreichte bietet den Vorteil, dass Mindeststandards in Bezug auf Löhne, Ferien und anderes mehr von den Arbeitgebern eingehalten werden müssen. So sind die Arbeitnehmenden vor viel schlechteren Arbeitsbedingungen geschützt. Ich bin überzeugt, dass wir viele Berufsleute mobilisieren könnten, wenn wir unsere Rolle und unser Engagement für unsere Berufe sichtbarer machen. Dies braucht aber das kollektive Engagement aller Mitglieder.
Seit Jahren sinken die Mitgliederzahlen. Warum ist das so?
Es ist schwierig, als nationaler Berufsverband gehört zu werden. Wir müssen uns in dieser Beziehung sicherlich noch viel mehr anstrengen. Ich glaube aber daran, dass es uns als Verband braucht.
Warum ist es wichtig, dem Berufsverband anzugehören?
Ich denke, es ist wichtig, sich die Frage zu stellen, was man für seinen Beruf und für seine Branche erreichen möchte. Wer seinen Beruf aufwerten, die Ausbildung und gute Arbeitsbedingungen stärken möchte, der sollte sich dafür einsetzen und mithelfen, etwas zu bewegen.
Was raten Sie Ihrer Nachfolgerin Leila Mrak?
Viele Herausforderungen und zahlreiche Projekte müssen noch entwickelt werden. In den letzten drei Jahren gestaltete ich unseren Verein dynamischer und mobilisierte viele Mitglieder, sich zu engagieren. Es liegt nun an Leila Mrak, diese Entwicklung weiter voranzutreiben. Dabei kann sie auf viele motivierte Mitglieder zählen.
(Interview Ruth Marending)