Unzählige Schweizer Weinkarten führen Sangiovese, Amarone, Merlot und Co. im Angebot. Die Studenten der SHL entdecken das wichtige Weinland Italien.
Auf der Carfahrt nach Zürich gibt es Applaus. Dozent Marcel Gabriel gewährt seinen Studenten ausnahmsweise Tenue légère. Die Krawatten werden abgestreift, der oberste Hemdknopf geöffnet, die Stimmung ist gelöst. «Nehmen Sie diesen Tag als Zückerli», sagt Marcel Gabriel. «Sie haben es sich nach den Zwischenprüfungen verdient. Seien Sie dennoch voll bei der Sache, das Gelernte von heute wird geprüft.»
Italien steht auf dem Programm. Die wichtigsten Weinanbaugebiete Piemont, Veneto und Toskana werden behandelt. Geografie, Rebsorten, Produktionsarten, Gesetze. Allerdings nicht staubtrocken im Klassenzimmer, sondern bei einem wahren Experten. Es geht nach Zürich zu «Vergani», einem der grössten Direktimporteure, spezialisiert auf Wein und Grappa von unserem südlichen Nachbarn. Gabriel: «Ich arbeite seit rund sieben Jahren mit Gianni Vergani zusammen. In diesen sieben Jahren ist eine echte Freundschaft entstanden. Wir haben gemeinsam ein neues Lernmodul erstellt und wie sich herausgestellt hat, ist es zu einem der absoluten Semesterhighlights geworden.»
Gianni Vergani gehört zur fünften Generation des Traditionshauses, das seit 125 Jahren eine der führenden Schweizer Weinhandlungen ist. Gemeinsam mit seinem Vater Reto – er ist der Inhaber der Firma – und dem diplomierten Weintechnologen Christian Salvoldi empfängt er die Klasse der Schweizerischen Hotelfachschule. Jeder von ihnen übernimmt die Schulung über eines der drei Anbaugebiete.
Allen wird rasch klar: Hier wird Wein nicht nur gelehrt und verkauft, sondern gelebt. «Sangiovese ist die wichtigste Rebsorte Italiens. Ragazzi, das müsst ihr wissen!», hält Reto Vergani mit lauter Stimme fest. Der Theorieteil ist gespickt mit persönlichen Anekdoten und vielen Tipps für die Junggastronomen.
So unterscheidet Gianni Vergani beim Erklären des Prosecco zwischen Brut, Extra Dry, Dry und Prosecco Frizzante. Wobei er bei Letzterem abwinkt: «Das ist ganz dunkle Nacht! Ein No-Go! Bei Prosecco Frizzante entsteht die Kohlensäure nicht durch eine zweite Gärung. Sie wird meist einfach zugeführt. Kaum geöffnet, verliert er rasch die Perlage. So wie Paris Hiltons ‹Rich Prosecco›. Nachdem diese Pfütze auf den Markt gekommen war, wurde der Begriff Prosecco geschützt.»
Reto Vergani gibt den Junggastronomen einen Tipp: «Wenn ihr einen richtig dunklen Barolo im Glas habt, dann hat euch der Gastgeber beschissen. Und übrigens: Wenn ihr beim Weinhändler einen Barolo kauft, nehmt nichts unter dreissig Franken. Ansonsten kriegt ihr einen schlechten Jahrgang oder andere miese Ware.»
Christian Salvoldi empfiehlt den SHL-Studenten für den Fall, dass diese eines Tages eine Weinkarte gestalten dürfen, einen Barbera ins Programm aufzunehmen. «Bis Mitte der Neunzigerjahre war das ein Arbeiterwein. Seither ist das Niveau stark gestiegen.Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist grossartig.»
Während den Studenten insbesondere die roten Gewächse bekannt sind, gibt es beim Weisswein positive Überraschungen. Etwa die Rebsorte Garganega, mit der im Städtchen Soave im Veneto gehaltvolle, teils im Eichenfass ausgebaute Weissweine vinifiziert werden.
Standesgemäss lässt die SHL-Klasse den Tag im Ristorante Il Salotto, das im Besitz der Familie Vergani ist, bei italienischen Spezialitäten ausklingen. Die zuvor degustierten Weine werden wieder ausgeschenkt. So lassen sich Zwischenprüfungen ganz gut verdauen.
(Benny Epstein)