Zum ersten Mal in der Geschichte des Gastrosterns geht der Wertschätzungspreis an eine Fachfrau Hauswirtschaft. Nicht nur Milena Schöni ist glücklich über ihren Erfolg.
Die Überraschung und vor allem die Freude standen Esther Lüscher, Präsidentin der Hotel & Gastro Union, ins Gesicht geschrieben, als sie an der Nacht der Gastronomen das goldene Couvert öffnete. In diesem befindet sich jeweils die Karte mit dem Namen der Gewinnerin oder des Gewinners des Gastrostern-Awards. Dieses Jahr stand auf dem Kärtchen «Milena Schöni».
Milena Schöni ist bisher die erste Fachfrau Hauswirtschaft, die den Gastrostern-Award gewonnen hat. In ihrer Festansprache sagte Esther Lüscher: «Ich bin unglaublich stolz auf jeden Anwärter und jede Anwärterin auf den Titel Gastrostern. Alle haben mit ihren herausragenden Leistungen viel für den Stellenwert unserer Berufe getan. Und alle hätten diese Auszeichnung verdient.»
Dennoch war es für die Präsidentin, die selber Mitglied des Berufsverbands Hotellerie & Hauswirtschaft ist, eine besondere Freude, Milena Schöni als Gewinnerin verkünden zu dürfen. Entsprechend herzlich gratulierte sie der 21-Jährigen zum Sieg.
Mit dieser Freude ist Esther Lüscher nicht allein. Neben der Gewinnerin (Interview rechts) freut sich auch Elvira Schwegler, Geschäftsführerin des Berufsverbands Hotellerie & Hauswirtschaft, über Milena Schönis Sieg. «Endlich ist es gelungen, unseren Beruf auf der grossen Bühne sichtbar zu machen.»
Schwegler bedauert allerdings, dass Milena Schöni, Schweizer Meisterin Hauswirtschaft 2020, dies nicht auch auf dem interna-tionalen Parkett an den World Skills im Oktober in Shanghai (China) tun kann. «Für unseren Beruf gibt es an den World Skills leider keinen Wettbewerb», sagt Elvira Schwegler und erklärt: «Das Reglement sieht vor, dass es Teilnehmende mit vergleichbarer Ausbildung aus mindestens sechs Nationen geben muss, damit ein Beruf an den World Skills im Wettbewerbsprogramm mit dabei ist. Das ist bei der Hauswirtschaft leider nicht der Fall.»
Ob Milena Schöni Gastrostern 2021 wird, stand lange in den Sternen. «Es gab bis zum letzten Abstimmungstag ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen drei Nominierten», sagt Marco Kaufmann. Er ist Marketingleiter der Hotel & Gastro Union und Organisator der Nacht der Gastronomen.
Was sich jedoch relativ früh im Votingprozess abzeichnete, war, dass der Gastrostern 2021 eine Frau sein wird. Neben Milena Schöni hatten auch Daniela Fässler, Schweizer Meisterin Detailhandel Bäckerei, Konditorei, Confiserie 2020, und Dalila Zambelli, Gewinnerin Gusto 21, bis zuletzt Chancen auf den Sieg. Nicht zum ersten Mal gewinnt eine Frau den Gastrostern-Award. Im Jahr 2015 holte sich die Köchin Bernadette Lisibach den Titel. Vier Jahre später wurde Laura Loosli, damals noch Kochlernende, Gastrostern. Es ist heuer aber das erste Mal, dass drei junge Frauen aus drei unterschiedlichen Berufen in der Publikumsgunst an der Spitze stehen. Das ist ein schönes Zeichen für die Chancengleichheit der Geschlechter im Gastgewerbe, für die junge Dynamik der Branche sowie für die Vielfalt der gastgewerblichen Berufe.
Eine Preisverleihung ist in der Regel ein würdevoller Event. Sie kann aber auch ganz schön chaotisch ablaufen. Zumindest, wenn das Chaos-Theater Oropax den Anlass moderiert. Mit Wortwitz und -verdrehungen, skurrilen Erklärungen und viel Klamauk führten die Brüder Volker und Thomas Martins durch den Abend. So erfuhren die Gäste an der Nacht der Gastronomen unter anderem, dass Felchen behaarte Fische sein müssen, weil sie sonst ja Schuppchen heissen würden. Und dass sich eine Weinflasche auch mit dem Akkuschrauber entkorken lässt. Thomas Martins kalauert: «Wir sind im Lachservice tätig.»
Die Nacht der Gastronomen hat es einmal mehr sichtbar gemacht: Es gibt im Schweizer Gastge-werbe einen topausgebildeten, höchst motivierten, engagierten, kreativen und ehrgeizigen weiblichen und männlichen Berufsnachwuchs. Jetzt muss es der Branche nur noch gelingen, diese jungen Berufsleute langfristig im Gastgewerbe zu halten. Zum Beispiel durch interessante Berufsperspektiven und familienkompatible Arbeitszeitmodelle.
(Riccarda Frei)
Die nächste Nacht der Gastronomen findet am 24. Oktober 2022 im Rahmen der ZAGG in Luzern statt.
www.nacht-der-gastronomen.ch
Milena Schöni: Aufgrund der Anzahl Likes auf Social Media habe ich vermutet, dass ich in der engeren Auswahl bin. Doch mit Blick auf die grosse Konkurrenz war ich überzeugt, dass es mir nicht bis zum Sieg reichen würde.
Ich war tatsächlich extrem ruhig, denn ich dachte: Wenn es reicht, bin ich mega glücklich; wenn nicht, geniesse ich den Abend trotzdem. Die Wertschätzung des Publikums habe ich ja so oder so bereits erhalten. Die Unterstützung der Leute zu spüren, auch von solchen, von denen man es nicht erwartet hätte, ist fast noch wichtiger und schöner als die Trophäe.
Ich denke, sehr viel. Deshalb bin ich extrem stolz – und es ist ein grosser Ansporn für mich, dass es gelungen ist, die Hotellerie-Hauswirtschaft in den Blick der Öffentlichkeit zu rücken. Die Hauswirtschaft wird im Alltag immer etwas vergessen und stiefmütterlich behandelt. Dabei ist sie ein so wichtiger Teil des Gastgewerbes.
Ich habe viel Werbung in meinem Umfeld gemacht. Also im Altersheim, wo ich arbeite, bei Kollegen, Freunden und der Familie. Zudem habe ich Visitenkarten mit meiner Nominiertennummer und einem QR-Code gedruckt und verteilt, wo es gerade gepasst hat. Weiter habe ich mitbekommen, dass der Berufsverband Hotellerie & Hauswirtschaft, in dem ich Mitglied bin, auf seinen Kanälen auf mich aufmerksam gemacht hat. Bei dieser Gelegenheit danke ich allen ganz herzlich, die für mich gestimmt haben. Es ist ein Supergefühl, so unterstützt zu werden.
Dass ich als Vorbild wahrgenommen werde, ist mir sehr bewusst. Ich bin bereits Botschafterin der Hauswirtschaft im Lehrmittel Wigl. Dadurch sowie durch meinen Sieg an den Swiss Skills habe ich schon etwas Erfahrungen als Vorbild sammeln können. Jugendliche haben mich bereits mehrfach auf die hauswirtschaftlichen Berufe angesprochen. Ich freue mich sehr, wenn ich sie zu einer Lehre motivieren kann.
Leider nicht die World Skills in Shanghai (Anmerkung der Redaktion: siehe Hauptartikel). Ich habe im August die Weiterbildung zur Betriebsleiterin in Facility Management HF begonnen. Diese dauert drei Jahre, und mein Ziel ist natürlich, sie erfolgreich abzuschliessen.
Milena Schöni (21) ist stell-vertretende Leiterin Hauswirtschaft und Schweizer Meisterin Hauswirtschaft 2020. Sie arbeitet im Alters- und Pflegeheim Landblick in Grosshöchstetten/BE. Ihr gefällt die Vielseitigkeit ihres Berufs und dass man Gästen bereits mit Kleinigkeiten Freude bereiten kann. In ihrer Freizeit fährt sie gerne Ski, besucht Eishockey-Spiele der SCL Tigers in Langnau und spielt Schwyzerörgeli.