Im Café Spurlos in Basel werden Konzepte rund ums Thema Zero Waste getestet. Die Betriebsleiterin Tamara Waeber sagt, worauf es ankommt.
Tamara Waeber, Sie führen das Café Spurlos. Warum heisst Ihr Café so?
Der Name ist Programm. Wir wollen abfallmässig möglichst wenig Spuren hinterlassen.
Woher haben Sie die Idee?
Unser Café ist Teil des Forschungsprojektes Zero Waste Innovation Lab (Zewil). Dieses wird von der Fachhochschule Nordwestschweiz begleitet und vom Impact Hub geführt. Der Impact Hub ist eine 2019 gegründete Drehscheibe für Nachhaltigkeit mit einem Coworking-Space von 80 Arbeitsplätzen.
Was macht das Zewil genau?
Es erforscht, wie die Gastronomie nachhaltiger werden kann. Unser Café ist ein Labor in Echtzeit. Hier setzen wir um, was das Zewil erforscht hat.
Und was hat es erforscht?
Um dies genauer zu erklären, muss ich von vorne anfangen. Anfang 2020 entdeckte ich die Ausschreibung einer offenen Stelle, in der eine Betriebsleiterin für das neu zu gründende Café gesucht wurde. Hauptaufgabe war aufzuzeigen, wie möglichst wenig Abfall im Gastronomiealltag produziert wird. Das reizte mich.
Weshalb reizte es Sie?
Ich habe vor meiner Tourismusausbildung und auch während des Studiums immer wieder in Gastronomiebetrieben gejobbt. Es hat mich schon immer gestört, wie viel Abfall dort produziert wird. Nehmen wir zum Beispiel eine Geburtstagsfeier in einem Bergrestaurant. Papierrollen werden ausgerollt, um die Tische abzudecken. Es werden Papierservietten und Plastikbecher gereicht. Anschliessend wird alles entsorgt.
Und wie wird das im Café Spurlos so gehandhabt?
Bei uns gibt es Stoffservietten, keine Pet-Flaschen und auch keine Plastikstrohhalme. Bei den Lebensmitteln arbeiten wir mit Unverpackt-Läden. Und bei den Lieferanten suchen wir das Gespräch, damit deren Verpackungen entweder weggelassen werden, möglichst klein oder wiederverwertbar sind. Zudem ist es uns wichtig, dass die Zutaten aus der direkten Umgebung kommen.
Darauf steigen Ihre Lieferanten ein?
Ja, das tun sie. Zum Beispiel unsere Lieferantin von Kombucha. Sie ist eine Ein-Frau-Unternehmerin. Ihr Getränk ist fantastisch. Doch uns hat nicht gefallen, dass sie die Hauptzutat, den Grüntee, aus Asien bezieht. Extra für uns hat sie einen Teil ihrer Kombucha-Produktion auf Basis von Schweizer Kräutern umgestellt.
Ihr Café eröffnete im Februar 2020. Die Studien des Zewil wurden aber erst im Sommer des gleichen Jahres aufgenommen. Sie haben die ersten Monate ohne die Ratschläge gearbeitet. Ging das gut?
Ja, auf jeden Fall. Unsere Aufgabe ist es ja, möglichst wenig ökologische Spuren zu hinterlassen. Da sind bereits einige grundlegende Ansätze bekannt. So haben wir vom ersten Tag an darauf geachtet, den Betrieb möglichst nachhaltig zu gestalten. Das Mobiliar stammt aus dem Brockenhaus. Die Holzverkleidung im Restaurant von einem abgerissenen Restaurant. Selbst die Kaffeemaschine ist eine Zweitverwertung. Wir haben beim Spezialisten, den «Kaffeemachern» in Münchenstein/BL, nachgefragt, ob sie eine gastrotaugliche Occasion-Maschine hätten. So kamen wir zu einer hochprofessionellen Marzocco-Kaffeemaschine, die an ihrem bisherigen Standort zu klein geworden war.
Und was änderte sich, als die ersten Studienergebnisse vorlagen?
Die wichtigste Änderung war, dass wir alle Fleischgerichte von der Karte nahmen. Die Fleischproduktion erzeugt einen hohen CO₂-Ausstoss. Das wurde uns durch die Studien so richtig bewusst. Für uns war klar, dass ein solches Produkt nicht zu unserem Konzept passt. Wir wollen nicht nur sichtbaren Abfall vermeiden, sondern auch die ökologischen Auswirkungen vermindern.
Dennoch servieren Sie Kaffee. Wie passt das zusammen?
Wir wollen ein Angebot bieten, das lustvoll ist. Kaffee ist in der Schweiz das am meisten konsumierte Getränk. Es gehört zu unserer Gesellschaft. Deshalb sind wir diesen Kompromiss eingegangen. Wir beziehen allerdings einen vertretbaren Kaffee und zwar den ökologischer wachsenden Waldkaffee von Direct Coffee. Dieser wächst im Urwald und nicht auf Plantagen.
(Interview Ruth Marending)
Tamara Waeber ist im freiburgischen Senseland aufgewachsen und hat die Tourismusfachschule im Wallis absolviert. Wegen eines Marketingpraktikums verschlug es sie ans Rheinknie. Heute arbeitet sie als Betriebsleiterin im Impact Hub, zu dem das Café Spurlos gehört. Das Projekt ist auf drei Jahre begrenzt. Insgesamt sind dort fünf Mitarbeitende tätig.