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«An die EM nehme ich Müesli & Gewürze mit»

Seit 20 Jahren ist er Koch der Fussball-Nati. Emil Bolli über Entwicklungen, Erlebnisse und EM-Erwartungen.

Nati-Koch Emil Bolli: Lichtsteiner, Shaqiri & Co. lieben seine sportlergerechten, leckeren Gerichte. (ZVG)

HGZ: Emil Bolli, Sie sind jetzt 61-jährig. Ist das Ihre letzte EM als Nati-Koch?

Emil Bolli: Ich hoffe nicht. Und ich habe auch keine Anzeichen dafür.

Dann müssen sich allfällige Nachfolger gedulden. Wie wird man denn Nati-Koch? Welchen Tipp können Sie interessierten Köchen auf den Weg geben?

Den gleichen wie ein Fussballtrainer seinen Spielern, die auf ihre Chance warten: Bereit sein, wenn die Chance da ist. Und bereit kann nur jemand sein, der stets seriös arbeitet.

Sie sind seit 20 Jahren Nati-Koch. Wie hat sich das Kochen für die Fussballer seither verändert?

Früher war vor allem Haute Cuisine gefragt. Heute ist Haute Cuisine immer noch sehr gefragt, aber unter starker Berücksichtigung der neuesten Erkenntnisse der Ernährungswissenschaft.

Vor 10 Jahren sagten Sie: «Am Vortag eines wichtigen Spiels und am Match-Tag sind die Menüs immer gleich. Am Vortag gibt’s jeweils ein Buffet mit Teigwaren und am Spieltag für jeden eine halbe Grapefruit, Gemüsebouillon, Spaghetti mit Tomatensauce, ein Kalbssteak an Sauce mit Reis und Karotten als Beilage sowie einen Fruchtsalat zum Dessert.» Und heute?

Das hat sich alles ordentlich verändert. Einiges hängt auch von den Trainern ab und dem Medical Staff, die immer wieder neue Inputs einbringen. Was geblieben ist, sind die Spaghetti vier Stunden vor Spielbeginn. Die gibt es mit Tomaten- oder Bologneser Sauce.

Köbi Kuhn und Philippe Senderos schwärmten für Ihre Seezunge, Alex Frei für die Minestrone, Zubi fürs Müesli. Was mag die aktuelle Nati?

Josip Drmic mag Suppen sehr gern, Gelson Fernandes Poulet-Curry. Und alle Spieler entwickeln richtig Heisshunger, wenn die Bündner Gerstensuppe auf dem Menüplan steht.

Müssen die Spieler Ihnen vor dem Turnier deren Allergien aber auch Vorlieben ankündigen?

Für beides gilt: Es ist gut, wenn der Küchenchef Bescheid weiss.

Welche Wünsche erfüllen Sie den Spielern nicht?

Alle, die gegen die erwähnten Erkenntnisse aus der Lebensmittelforschung und der ausgewogenen Fussballer-Nahrung sprechen.

Wie sorgen Sie trotz strikter Regeln für Abwechslung und Lust bei den Spielern?

Auch mit kleinen Nuancen kann man grosse Wirkung erzielen.

Reisen Sie nach Frankreich voraus, um die Küchen und Bedingungen kennenzulernen?

Ja, natürlich, das mache ich immer so vor Turnieren. Das ist aber längst passiert. Als der Verband unser Team Base Camp im Raum Montpellier bestimmt hatte, arrangierten wir sehr schnell ein Rendez-vous im Hotel. Und jetzt an der EM werde ich drei Tage vor dem Team anreisen und bereit sein, wenn die Schweizer Delegation eintrifft.

Welche Utensilien, welche Zutaten nehmen Sie mit?

Meine Birchermüesli-Mischung nehme ich mit, dazu alle Gewürze. Vor Ort besuche ich wenn immer möglich einen Fischmarkt, meist morgens vor sechs Uhr, wenn alles noch fangfrisch ist. Ansonsten ist das Einkaufen ähnlich wie zu Hause. Selbst in Südafrika gab es an der WM 2010 wenige Kilometer vom Teamhotel entfernt einen Supermarkt, der die gleichen Teigwaren im Sortiment hatte wie die Grossverteiler bei uns.

Sitzen Sie im Vorfeld des Turniers mit dem Nati-Trainer zusammen, um Menüpläne zu besprechen?

Wir legen im Gespräch die Rahmenbedingungen fest. Innerhalb dieser habe ich freie Hand. Aber ich bin immer offen für Inputs, gerade von Spielerseite, wenn die vielleicht im Verein etwas gegessen haben, was sie auch ihren Nati-Kollegen gönnen möchten.

Übernehmen Sie die Küche der Hotels jeweils komplett oder schauen Sie nur den anwesenden Kochequipen mit Tipps über die Schulter?

In der Schweiz bin ich mehr beratend oder organisierend tätig. Die Küchenmannschaften bleiben die gleichen in den Hotels. Im Ausland bin ich aktiver am Herd und unterstütze die bestehende Crew nicht nur mit Rat, sondern auch mit Tat. Oft kümmere ich mich auch um den Einkauf, nicht bloss um die Zubereitung von Fisch, Fleisch, Salat, Gemüse oder Obst.

Wird Ihnen vor lauter ewig gleichen Menüplänen nicht langweilig?

Nein, Kochen wird nie langweilig!

Welches war Ihre beste Erfahrung, Ihr tollstes Erlebnis als Nati-Koch?

Die EM-Silbermedaille mit der U-21 im Sommer 2011 in Dänemark oder die WM-Barrage im November 2005 in der Türkei. Aber ich möchte kein einzelnes Erlebnis über die anderen stellen, sondern meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, dass ich die wohl erfolgreichste Fussballzeit der Schweiz miterleben darf.

Und die schlimmste Erfahrung?

Wenn ich unbedingt eine nennen muss, dann Wales 2012, wo wir im Rahmen der Olympischen Spiele von London spielten und logierten. Zuerst war ich fast auf mich alleine gestellt, und als die Küchenmannschaft anwesend war, hinterliess sie keinen guten Eindruck. Sie arbeitete weniger für als gegen mich.

Was trauen Sie der Nati in Frankreich zu? Bis wann haben Sie sich frei genommen von Ihrem Job im Hotel Bern?

Bis Mitte Juli.

Interview: Benny Epstein


Zur Person

Emil Bolli war von 1986 bis 2014 Küchenchef im Hotel Bern, für das er weiterhin als Berater und Catering-Verantwortlicher tätig ist. Seit 1996 bekocht er die Fussball-Nati. Er organisiert sich so, dass er die Spiele stets im Stadion mitverfolgen kann.

Mitglied des skv

Bolli ist Mitglied der im Kochverband der Hotel & Gastro Union: «Das ist quasi historisch gewachsen. Diese Union war die Rechtsabteilung unserer Zunft. Sie hatte auch stets ein vielseitiges Weiterbildungsangebot.»

Koch-Tradition

In der Nati-Küche wird er von Tochter Andrea unterstützt. Auch seine andere Tochter und sein Sohn haben sich für den Kochberuf entschieden. Schon seine Eltern führten ein Restaurant.

 

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