Betriebe, die sich nicht mit künstlicher Intelligenz befassen, verschlafen eine grosse Chance. Davon ist Jonas Schäfer überzeugt.
Für Jonas Schäfer ist wichtig, dass sich Hotellerie und Gastgewerbe mit der Thematik KI auseinandersetzen; ganz egal, ob man KI gut findet oder nicht. (ZVG)
Noch gibt es dazu keine Zahlen. Wir erkennen jedoch eine stark steigende Tendenz. Aus meiner Berufspraxis kann ich sagen: Das Thema KI ist in aller Munde, aber erst wenige setzen sich ernsthaft damit auseinander und gehen es an.
KI ist ein omnipräsentes, enorm komplexes Thema. Viele Betriebe wissen schlicht nicht, wo und womit sie beginnen sollen. Auch haben viele noch nicht verstanden, welche grossen Chancen KI ihnen und der Branche bringt.
Mit KI lassen sich Probleme wie Fachkräftemangel und steigende Kosten entschärfen. Dies, weil sich mit einer verbesserten Einkaufs-, Energie- und Personalplanung Ressourcen optimieren lassen. Erledigt KI zeitaufwendige Routinearbeiten, wird Manpower frei, die für einträglichere, interessantere Aufgaben zur Verfügung steht. Das wiederum wertet den Betrieb als Arbeitgeber auf.
Ein Kunde von uns, ein Ferienhotel, erstellt heute die Tagesinfo für seine Gäste mit einem KI-Superprompt in weniger als einer halben Stunde. Ein Angestellter war jeweils zwei Stunden mit dieser Aufgabe beschäftigt. Ein anderer Kunde, ein Stadthotel, trainierte einen KI-Front-Office-Assistenten und stellte diesen allen Mitarbeitenden zur Verfügung. Neue Angestellte konnten nun Anfragen ohne Rücksprache bei Teamkollegen rasch beantworten. Das führte unter anderem zu weniger Rückrufen, zufriedeneren Gästen und konzentrierterem Arbeiten.
Um dem Gast einen Wein zu kredenzen, der ihm schmeckt, kann ein Restaurant einen KI-Wein-Assistenten trainieren. Das kostet praktisch nichts und dauert nicht lange. Ist ein Gast bei der Weinauswahl unsicher, muss der Service nur erfragen, welchen Wein der Gast zu Hause gerne trinkt. Diese Info gibt er an den KI-Assistenten weiter. Der vergleicht das Aromaprofil des genannten Weins mit den Weinen im Restaurantkeller und schlägt das passende Pendant vor. So eine Wein-KI ist hilfreich für Restaurants, die sich keinen eigenen Sommelier leisten können. Sie ist aber auch ein gutes Werkzeug für Sommeliers, die noch professioneller beraten und ihr Wissen erweitern möchten.
Technologisch ist man schon sehr weit, aber die Branche ist es noch nicht. Ich bin trotzdem überzeugt, dass es schon bald Betriebe gibt, die keine Arbeitshandbücher und Nachschlageordner mehr haben. Alle Informationen zum Unternehmen sowie zu Betriebs- und Arbeitsabläufen werden für die Mitarbeitenden im betriebsinternen KI-Wikipedia hinterlegt sein.
Nicht Programme sind wichtig, sondern Prozesse. Was will man durch den KI-Einsatz erreichen? Wie steht es um die finanziellen, zeitlichen und menschlichen Ressourcen? Welche Daten stehen zur Verfügung und in welcher Qualität? Welche rechtlichen Vorgaben zu Datensicherheit und -schutz müssen und welche ethischen Richtlinien wollen wir beachten? Welche Schnittstellen gibt es und wie kompatibel sind bestehende Systeme? Wie schulen wir die Mitarbeitenden? Ist der Prozess klar, beginnt die Suche nach entsprechenden Programmen.
Momentan übernimmt KI in unserer Branche noch kaum Jobs. Es wird aber, besonders im Backoffice, Aufgabenstränge geben, welche die KI selbständig erledigt. Handkehrum entstehen Jobs für Leute, die wissen, wie man mit dieser Technologie effizient und effektiv umgeht. Im Leben der jungen Berufsleute ist KI längst Alltag. Betriebe müssten sich daher überlegen, wie lange sie es sich noch leisten können, auf KI-Technologie zu verzichten.
Lehrpersonen und Betriebe sollten lernen, KI sinnvoll zu nutzen und einen Rahmen zu schaffen, in dem diese Technologie dem Menschen hilft, ihn aber nicht dominiert. Der Nachwuchs wiederum muss lernen, Wahres von Unwahrem und Echtes von Gefälschtem zu unterscheiden. Denn die Kompetenz liegt längst nicht mehr darin, eine Präsentation zu erstellen. Das kann eine KI viel besser und schneller. Die Kompetenz besteht heute darin, Fakten verifizieren, gewichten, analysieren und erläutern zu können.
(Riccarda Frei)
Mehr Informationen unter: aidvisors.ch
Der Bildungs- und Netzwerkevent der Hotel & Gastro Union findet am 1. September in Baden/AG statt. Jonas Schäfer zeigt dort praxisnahe Anwendungen im Bereich KI.