Die bvhh-Botschafterin arbeitet neu im Hotel Seerose. Obwohl sie erst 22-jährig ist, hat Alina Baer dort bereits eine Führungsposition inne. Wird sie akzeptiert?
Manchmal könne sie es selbst kaum glauben, gesteht Alina Baer und lacht. Was ihr in den letzten eineinhalb Jahren widerfahren ist, kommt einem Märchen gleich, das nicht enden will. Im Oktober 2016 siegte die Zürcherin bei den Swiss Skills in der Kategorie Hotellerie-Hauswirtschaft. Ihrer einnehmend positiven Ausstrahlung hat sie es zu verdanken, dass der Berufsverband Hotellerie-Hauswirtschaft bvhh sie sogleich als Botschafterin verpflichtete. Fortan trat sie in Schulen an Tagungen und Messen auf.
Ihren Job als stellvertretende Leiterin Housekeeping an der Hotelfachschule Belvoirpark in Zürich gab sie im Juni 2017 auf, um mittels der zahlreichen neu gewonnenen Kontakte ein neues Abenteuer zu suchen.
Für ein paar Monate arbeitete sie dann auf der Geschäftsstelle der Hotel & Gastro Union als Bildungsbeauftragte Berufsschulen. Doch da hatte es eigentlich längst gefunkt. Zwischen Alina Baer und Rhéane Suhner. Die Frau von Felix Suhner, dem Hotelier des Jahres 2016, hatte Baer im Sommer 2017 getroffen. «Es hat sofort klick gemacht zwischen uns, doch da war noch keine Stelle offen.»
Dies änderte sich Anfang Dezember. Alina Baer erhielt die Chance, das Reinigungsteam zu führen. Sie zögerte keinen Augenblick. Nun arbeitet sie seit zwei Monaten im Viersternehotel Seerose in Meisterschwanden/AG, das zu Suhners Balance Hotels gehört.
«Ich stehe um 5.15 Uhr auf, auch am Wochenende», erzählt die Swiss-Skills-Siegerin. «Im Ausgang war ich noch nie, seit ich in der ‹Seerose› arbeite.» Sie führt ein Team mit fünf Festangestellten und sechs Aushilfen. Wie funktioniert das als 22-Jährige? «Ja, meine Mitabeiter hatten wohl noch nie eine so junge Chefin», sagt Baer grinsend. «Aber ich habe das Gefühl, dass sie alle gerne mit mir arbeiten. Ich wurde gut aufgenommen und werde von allen akzeptiert.»
Dazu trägt sicher bei, dass Baer nicht nur im Büro sitzt und koordiniert, sondern auch selbst anpackt. «Ich greife auch selbst zum Besen und habe schon um 5 Uhr einen Frühdienst sowie einen Spätdienst bis 22 Uhr mitgemacht. Ich wollte wissen, was es zu verbessern gibt. So sehen meine Mitarbeiter, dass ich eine von ihnen bin.»
Hauswirtschaft und Reinigung sind in der «Seerose» indes getrennt. Das Reinigungsteam putzt keine Zimmer, sondern alle öffentlichen Bereiche wie das Restaurant, den Bio-Pool, den Wellnessbereich oder die Seminarsäle.
Obwohl Baer erst seit kurzem an Bord ist, sei sie bereits am Ändern und Optimieren. Zuletzt besuchte sie die Facility-Fachmesse in Münchwilen/TG, wo sie Karbon-Teleskop-Stangen fand. Falls diese passen, möchte sie solche kaufen, damit ihr Team gewisse Fenster künftig selber reinigen kann. «Das spart Kosten», erklärt sie, die davor noch nie an ein Budget denken musste. «Ich habe jetzt schon sehr viel dazugelernt. Zum Beispiel hatte ich davor keine Ahnung von der Wellness-Reinigung. Aber auch Dinge wie das Schreiben eines Monatsberichts sind für mich neu. Ich bin überzeugt, dass dies der richtige Schritt für mich war.»
Sie habe den Swiss Skills und dem Berufsverband enorm viel zu verdanken, weiss Baer. «Und letztlich natürlich auch Rhéane und Felix Suhner. Kein anderes Hotel hätte mich in meinem Alter für eine solche Position engagiert.»
Sagt es und bittet um Entschuldigung. Sie müsse wieder auflegen. Die Einsatzliste für morgen schreiben und die Übergabe für ihre Stellvertreterin vorbereiten. «Ach ja», erwähnt Baer zuletzt, «und dann hatte ich heute noch mein erstes Bewerbungsgespräch hier. Der Kandidat ist jetzt am Probearbeiten.»
(Benny Epstein)
Die Swiss Skills finden vom 12. bis 16. September auf dem Messegelände Bernexpo statt. Der Anlass ist branchenübergreifend: 75 Berufsmeisterschaften werden ausgetragen.