Kaum etwas ist schwieriger zu verändern als das Mobilitätsverhalten. Umso spannender ist es, die Auswirkungen der Pandemie auf die Mobilität zu beobachten. (E-)Velos spielen eine grosse Rolle.
Kaum etwas hat die Mobilität in so kurzer Zeit so stark verändert wie die Corona-Krise. Geht es um Trends rund um das Thema Mobilität, führt kein Weg an Stefan Carsten vorbei. Der Deutsche ist Zukunfts- und Mobilitätsforscher. Einige seiner Publikationen für das Zukunftsinstitut – den Think Tank der europäischen Trend- und Zukunftsforschung – verdeutlichen, dass die Pandemie in einigen der fortschrittlichsten Metropolen der Welt zu einer veränderten Denk- und Verhaltensweise führt. «Mailand, Paris, London oder Brüssel beispielsweise haben die ‹Road Diet› zu einer wichtigen Transformationsstrategie erklärt: das Zurückdrängen der Autos in urbanen Gebieten zugunsten von Fussgängern und Velofahrern», so Stefan Carsten. Die Betreiber von Restaurant-Terrassen wird’s freuen!
Städte wie Bogotá, New York oder Berlin konstruieren sogar Pop-up-Radwege, um der aktiven Mobilität mehr Platz zu verschaffen. Mit Baustellenequipment werden zusätzliche Velospuren markiert oder bestehende Radwege verbreitert. Das Fahrrad hat sich endgültig als nachhaltigstes Verkehrsmittel in der Stadt erwiesen. Wie auf Seite 16 zu lesen ist, setzt auch die Tourismusbranche mit ihren Angeboten wie der Herzroute stark auf die Bewegung auf zwei Rädern. Immer mehr Hotels passen ihr Angebot den E-Bike-Gästen an. Vermehrt sind auch Lastenvelos, meist mit elektrischer Unterstützung, im Strassenverkehr anzutreffen. In fünf Jahren sei gemäss Thomas Ernst, Geschäftsführer der Velo Zürich GmbH, mindestens jedes zweite E-Bike ein E-Cargobike, das beispielsweise als Autoersatz für Lieferdienste in Frage komme.
Die ETH Zürich und die Universität Basel haben das Forschungsprojekt «Mobilitätsverhalten in der Schweiz» lanciert. Die Studie mit 3700 Teilnehmenden belegt, dass die Anzahl zurückgelegter Kilometer in der Pandemie mit rund 40 Prozent deutlich abgenommen hat. Das mag auch mit den Restaurant- und Barschliessungen zusammenhängen. Gut für den Lieferdienst Uber Eats, der grosser Profiteur der Corona-Krise ist. Dessen Umsatz ist schweizweit im zweiten Quartal 2020 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 600 Prozent gestiegen.
Für die Auslieferung von Bier braucht Feldschlösschen Trucks: Die Muttergesellschaft Carlsberg hat 2020 mit Renault Trucks einen Vertrag für 20 elektrische Lastwagen unterzeichnet. Damit wolle man den Stadtverkehr in Richtung Elektromobilität lenken. Die Trucks legen täglich zwischen 100 und 200 Kilometer zurück und nehmen Auslieferungen von den 15 Logistik-Standorten der Brauerei vor.
(Andrea Decker)