Der neu gegründete Kurierdienst Dabbavelo setzt auf ein ausgeklügeltes Mehrwegsystem und bezahlt faire Löhne.
Die Corona-Krise befeuert das Take-away-Geschäft. Laut dem PlanungshilfsmittelPrognolite brachten Take-away und Lieferservice den Schweizer Gastronomen im vergangenen Juni Prozentual gesehen gut doppelt so viel ein wie im Vorjahr. Die Bank Vontobel schätzt, dass 2022 weltweit gleich viele Gerichte aus Restaurants vor Ort wie auch zu Hause gegessen werden. Zu Zeiten des Mittag- und Abendessens fahren bei beliebten Restaurants im Minutentakt Kurierdienste vor, meistens mittels benzin- oder dieselbetriebenen Autos, die Essen in Einweggeschirr ausliefern.
Der Abfallberg, den Einwegverpackungen hinterlassen, und umweltschädigende Lieferungen sind Mike Diaz und Basil Engler ein Dorn im Auge. Der Student für Lebensmittelwissenschaften an der ETH Zürich und der ehemalige Velokurier bestellen regelmässig Essen und beschlossen, 2019 eine nachhaltige Alternative zu den umweltschädigenden Verpackungen und Ausliefermethoden auf die Beine zu stellen. Als Vorbild der beiden Freunde fungieren die indischen Dabbawalas. Ein Dabbawala ist ein Zusteller, der Büroangestellten in indischen Grossstädten von ihrem Zuhause oder einer Grossküche das Mittagessen an die Arbeitsplätze bringt. Der Lieferdienst transportiert das Essen in Metallbehältern, welche er nach der Konsumation des Essens wieder einsammelt und an ihren Herkunftsort zurückbringt.
So zogen Mike Diaz und Basil Engler im April 2020 als Erstes einen fairen Kurierdienst auf. Die beiden Jungunternehmer – die sich noch keinen Lohn auszahlen – stellen ihre Velofahrer im Stundenlohn an. Sie bezahlen ihnen also die Versicherung sowie die üblichen Sozialabgaben. Das ist in diesem Business nicht selbstverständlich. In einem zweiten Schritt führten sie ihre wiederverwertbaren «Dabbas» ein. Die Behälter für die Speisen bestehen aus Polypropylen (PP). Das Material ist zu 100 Prozent recycelbar und bruchsicher, was eine lange Lebensdauer ermöglicht. Denn entscheidend für die Umwelt ist, wie oft die «Dabbas» gebraucht werden. Laut Hersteller können die Behälter 200 Mal verwendet werden und ersetzen somit 200 Einwegverpackungen. Bereits ab zehn Verwendungen sind sie umweltfreundlicher als Einwegverpackungen aus Styropor oder Aluminium.
Gegen ein Depot von sechs Franken können Gäste in den teilnehmenden Restaurants ihr Essen in Mehrwegbehältern bestellen. Es wird derzeit im Zentrum von Zürich per Velokurier geliefert. Basel hat bereits Interesse am Mehrwegsystem bekundet. Nach erneuter Bestellung reinigt das Team von Dabbavelos die Behälter in einer Gastronomie-Waschanlage. Anschliessend werden sie in geschlossenen Kisten wieder an die Restaurants verteilt.
Derzeit befinden sich rund 6000 «Dabbas» im Umlauf. Sieben der 30 teilnehmenden Restaurants arbeiten ausschliesslich mit dem Mehrweggeschirr. Die anderen Gastronomen überlassen die Wahl den Kunden, ob sie ihre Speisen in Ein- oder Mehrweggeschirr wollen. Dies soll sich ändern: Erklärtes Ziel von Dabbavelo ist, ausschliesslich mit «Dabbas» zu arbeiten. Die Zeichen stehen gut: Laut operativem Leiter von Dabbavelo, Silvio Hochuli, ist die Nachfrage nach den umweltfreundlichen Mehrwegbehältern so stark gestiegen, dass in den kommenden Wochen weitere 6000 «Dabbas» in Umlauf kommen. Die anfängliche Skepsis, ob die Behälter in den meist kleinen Restaurantküchen Platz finden, legte sich in der Testphase: «Will ein Gastronom nachhaltig arbeiten, findet er einen Weg dazu», erläutert Silvio Hochuli. Die Kosten für den Mehraufwand werden mittels Lieferpauschale zwischen sieben und neun Franken auf die Kunden abgewälzt. Die teilnehmenden Restaurants bezahlen für die Dienste von Dabbavelo also nicht mehr als bei herkömmlichen Lieferdiensten.
(Sarah Sidler)