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«Ein Glas Chasselas passt immer»

Der Patron der Auberge de l’Onde in St-Saphorin versteht die Chasselas-Weine wie kaum ein anderer. Davon profitieren die Gäste, aber auch die Winzer der Region.

Jérôme Aké Béda ist seit 16 Jahren die Seele der Auberge de l’Onde in St-Saphorin und Co-Autor des Buches «Les 99 Chasselas à boire avant de mourir». (ZVG)

Jérôme Aké Béda, was empfehlen Sie zum Aperitif?
Jérôme
AkéBéda: Ein Glas Chasselas. Was sonst! So wie es auf meiner Sommelier-Schürze steht: Chasselas. What else!

Ist das ein Marketing-Gag oder empfehlen Sie Chasselas aus Überzeugung?
Aus Überzeugung. Als ich 1990 in die Schweiz kam, um mich in der Gastronomie und Hotellerie weiterzubilden, entdeckte ich erst die Terrassen des Lavaux. Dann verliebte ich mich in die Rebsorte Chasselas und deren Weine.

Was gefällt Ihnen an dieser Rebsorte?
Sie ist kapriziös. In vielen Ländern wird sie als Tafeltraube angebaut. Wein wird daraus vor allem in ihrer Heimat rund um den Genfersee gekeltert. Dabei ist die handwerkliche Präzision der Winzer in den Reben und im Keller gefragt. Chasselas verzeiht nichts.

Das müssen Sie erklären.
Chasselas ist im Vergleich zu Grünem Veltliner eine wenig aromatische Rebsorte mit einem tiefen Säuregehalt. Sie kann jedoch viel besser als Chardonnay oder Chenin Blanc das Terroir, ihren Ursprungsort, wiedergeben. Ein Fehler in den Reben kann im Keller nur schwer korrigiert werden.

Was zeichnet einen guten Chasselas aus? 
Ein guter Chasselas ist ein Wein, der Freude bereitet und das Können des Winzers zum Ausdruck bringt. Wenn der Chasselas gut ist, leert sich das Glas. Wenn man ein Glas hin- und herschiebt und es nicht rasch austrinkt, ist der Wein in der Regel nicht viel Wert. Geniesser können sehr wohl unterscheiden, ob ein Chasselas die Seele eines bestimmten Terroirs besitzt oder ob es sich um eine Assemblage handelt.

Nach Ihrer Beschreibung möchte man gleich ein Glas Terroir-Chasselas probieren. Wo finden sich die besten? 
In allen Westschweizer Kanto- nen finden sich Spitzencrus und Weine von geringerer Qualität. Um Chasselas lieben zu lernen, muss man ihn ohne Vorurteile verkosten. Wer in das Glas «hineinhorcht», wird verstehen und einen aussergewöhnlichen Moment erleben.

Sie nennen keine Namen?
Nein. Ich bin mit fast allen Winzern befreundet. Sie wissen, dass ich nur das kaufe, was mir zu hundert Prozent schmeckt. Wenn ich von einem Wein vier Jahrgänge gekauft habe, kann es vorkommen, dass ich den fünften auslasse.

«Der Verkaufspreis einer Flasche ist weniger wichtig als die Plattform, die einem Wein geboten wird.»
 

Wie unterscheiden sich die Weine aus den unterschiedlichen Herkunftsgebieten? 
Die Zusammensetzung des Bodens und das Mikroklima geben dem Wein seine Seele. In einigen Teilen des Lavaux sind die Weine üppig und vollmundig. Vor allem die steilen Hänge des Dézaley profitieren von der intensiven Sonneneinstrahlung und der von den Mauern der Rebterrassen gespeicherten Wärme, was dem Chasselas dieses Terroirs eine besondere Struktur verleiht.

Was halten Sie von neuen Vinifikationsmethoden? 
Viele junge Winzer vinifizieren ihren Chasselas heute wie Chardonnay oder Pinot Gris. Sie mazerieren auf den Schalen, vergären in Barriques, experimentieren in Richtung «Chasselas Orange» oder vinifizieren ohne Säureabbau, um die Frische zu erhalten. 

Wie berechnen Sie Ihre Weinpreise? 
Auf diese Frage gibt es keine einfache Antwort. In der Auberge de l’Onde bieten wir Qualitätsweine von Selbsteinkellerern an. Die arbeiten ein bis zwei Jahre mit Herzblut, bis ich ihre Weine meinen Gästen servieren kann. Da kann ich nicht mit Faktoren oder Bruttomargen rechen. Das würde das Produkt zerstören. Im Restaurant de l’Onde bieten wir den Produzenten und den Weinen eine Plattform. Dabei spielt der Preis nicht die wichtigste Rolle. Meist frage ich die Gäste nach ihrem Weinbudget und empfehle ihnen etwas. So lernen sie Neues kennen. Darunter auch beste Chasselas-Weine. 

Passt Chasselas eigentlich immer?
Auf jeden Fall. Chasselas-Weine sind sehr vielfältig. Ihre Mineralität harmoniert mit allen Fischgerichten und passt sogar zu Fleisch vom Grill. Chasselas entspannt nach einem harten Arbeitstag. Und Chasselas ist auch ein «Reparaturwein», der nach einem kräftigen Rotwein den Gaumen beruhigt.

(Interview Gabriel Tinguely)


Mémoire des Vins Suisses

Das Mémoire des Vins Suisses ist eine Vereinigung der besten Schweizer Winzer. Seit 2002 geben diese alljährlich 60 Flaschen des vom Mémoire ausgewählten Weines in die Schatzkammer. Mit regelmässigen Verkostungen hat die Vereinigung bewiesen, dass beste Schweizer Weine ein grosses Reifepotenzial besitzen. Seit Kurzem nimmt die Vereinigung auch Gastronomen, die ausgesuchte Schweizer Crus – vor allem Memoire-Weine – anbieten, auf. www.mdvs.ch