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Ein helles Bier mit Tradition

Fehlende Kühloptionen, erhöhte Brandgefahr und restriktive Gesetze: Das ist die Geschichte des Märzenbieres.

Die optimale Trinktemperatur des etwas stärkeren Märzenbieres liegt bei acht bis neun Grad Celsius. Mehr Informationen zum Märzen finden Sie unter HG+. (ZVG)

Im 16. Jahrhundert durften bayrische Brauer ihre Braukessel nur zwischen dem Tag des Heiligen Michael am 29. September und Georgi, dem Tag des Heiligen Georgs am 23. April, befeuern. So stand es in der Brauordnung. 

Grund dafür war unter anderem die erhöhte Brandgefahr beim Biersieden im Sommer. Kommt hinzu, dass das in Bayern beliebte Bier untergärig war. Bei untergärigem Bier wird Hefe verwendet, die eine Temperatur zwischen vier und zehn Grad Celsius benötigt, um arbeiten zu können. Temperaturen, die im Sommer selbst in den Kellern nicht gegeben waren.  

Märzenbier für das Oktoberfest

Damit man dennoch ganzjährig Bier trinken konnte, wurde das flüssige Gold im März stärker gehopft und stärker eingebraut. Durch die Hopfenbitterstoffe und den erhöhten Alkoholgehalt verlängerte sich die Haltbarkeit des Bieres. Die letzten Flaschen des Märzens wurden jeweils kurz vor der nächsten Brausaison getrunken: im Oktober. Seither ist das Märzenbier treuer Begleiter des Oktoberfestes und erfreut sich grosser Beliebtheit. Auch ausserhalb der Münchner Wiesn. 

Zwei Bierstile unter einem Namen

Wem jedoch ein österreichisches Märzen in die Finger fällt, sei gewarnt: Es hat mit dem bayrischen Original herzlich wenig zu tun.

«Ein Kalbsbraten mit Knödeln ist der perfekte Begleiter des Märzens.»
 

Patrick Thomi, technischer Leiter der Brauerei Doppelleu-Boxer sowie Vizeweltmeister der Biersommeliers, bringt Licht ins Dunkel: «Im Prinzip heissen zwei Bierstile Märzenbier. Das österreichische Märzen hat starke Ähnlichkeit mit dem deutschen Lagerbier. Das deutsche Märzen wiederum ist ein etwas stärkeres, malzigeres Lagerbier.» Den ersten Unterschied bemerkt man bereits, wenn man das österreichische Märzen betrachtet: Es ist von goldgelber Farbe. Ganz anders also, als das meist bernsteinfarbene Märzen aus Bayern. Zudem hat es einen niedrigeren Alkoholgehalt und ist weniger malzbetont. Dadurch wird das Bier zwar leichter und süffiger, aber auch weniger vollmundig . 

Erschwinglich für jedermann

Dass sich das österreichische Bier dennoch Märzen nennt, liegt in der österreichischen Geschichte begründet. Lange wurde das Bier auch dort nach deutschem Vorbild gebraut. Geändert hat sich dies erst gegen Ende des Zweiten Weltkrieges. Österreich regelte damals das Märzenbier gesetzlich neu, damit es sich auch die Arbeiterklasse leisten konnte. Fortan musste das Bier weniger Inhaltsstoffe aufweisen, was es den Brauern ermöglichte, kostengünstiger zu produzieren. Über Jahrzehnte etablierte sich so eine neue, schwächere Variante des Märzens in der Bevölkerung Österreichs.  Selbst nach Aufhebung der gesetzlichen Regelung im Jahre 1977 blieb der Bierstil unverändert. Mit dem bayrischen hat das österreichische Märzen bis auf den Namen also nur noch sehr wenig gemeinsam. 

«Das Märzenbier von früher war stärker als die Märzenbiere heutzutage.»
 

Wenn ausserhalb Österreichs von Märzen gesprochen wird, ist in der Regel vom bayrischen Märzen die Rede, dem vollmundigen, weichen und süffigen Bier. Das heisst  jedoch nicht, dass das Bier auch automatisch aus Bayern kommen muss. Es wird heutzutage auch in anderen Ländern gebraut. Allen voran in den USA und der Schweiz. 

Eine klare Präferenz für den bayrischen oder österreichischen Braustil ist hier jedoch nicht zu erkennen. Dies wird am Beispiel des  Märzenbiers der Braumanufaktur Simmental deutlich. 

Gründer David Ziörjen erläutert: «Unser Märzen klar einem Bierstil zuzuordnen, ist schwierig, da wir zwar die dunklere Farbe haben, jedoch weniger Alkoholgehalt. Ich würde es als Schweizer Stil bezeichnen.» Klar auf den österreichischen Stil setzt man hingegen im Braurestaurant Altes Tramdepot in Bern. Und wer zum Vergleich ein Schweizer Märzen bayrischen Stils verkosten möchte, wird bei «Hermann Bier» in St. Gallen fündig.

(Désirée Klarer)