2014 entstand in Fischingen/TG die erste und einzige Klosterbrauerei der Schweiz. Die Biere, die hier entstehen, basieren auf dem Reichtum der Brautradition Belgiens.
Bier gehört zum Kloster wie das Amen in der Kirche – und zwar schon seit vielen Jahren. Um 520 nach Christus hat der Gründer des Benediktinerordens, Benedikt von Nursia, mit der Ordensregel «alles was ihr esst und trinkt, müsst ihr selber machen» das Fundament für die Klosterbrauereien gelegt. Irische Wandermönche haben das Bierwissen um das Jahr 600 nach Christus in die Bodensee-Region gebracht.
So kam das Bierwissen auch ins Benediktinerkloster Fischingen, 1138 als Pilgerstation vom Bischof von Konstanz gegründet. Mit der Auflösung vieler Klöster ging das Wissen in Vergessenheit. Einzig in Fischingen sprudelte noch die Quelle wie vor 1000 Jahren. In belgischen Trappistenklöstern hingegen hat das Wissen um die klösterliche Braukunst und die besonderen Biere Jahrhunderte überlebt.
Martin Wartmann, der unter anderem für das Ittinger Klosterbräu verantwortlich zeichnete, verfolgte die Wiederbelebung dieser Kultur über viele Jahre hinweg. Als sich schliesslich die Gelegenheit bot, im Benediktinerkloster Fischingen/TG mit einer richtigen Klosterbrauerei an diese Geschichte anzuknüpfen, konnte er nicht widerstehen. 2014, im Alter von 68 Jahren, startete er mit zwei Freunden die erste Klosterbrauerei der Schweiz. In Braubottichen, die sich ausgezeichnet für die offene Gärung eignen, entstehen hier seither wahre Meisterwerke.
«Unsere vier Abteibiere Pilgrim Triples mit zehn Volumenprozent Alkohol sind stilkonform gewürzt mit speziellen Bier-Gewürzen. Sie gären mit besonderen Hefen im offenen Bottich. Die Grands Crus wiederum, Biere mit bis zu 16 Prozent Alkoholgehalt, lassen wir im Klosterkeller monatelang in den mit Rum, Cognac oder Whiskey vorbelegten Fässern ausreifen.» Abgefüllt werden die Biere allesamt von Hand.
Der Markenname Pilgrim erinnert an die Pilger, die auf dem Jakobsweg vorbeizogen und noch immer ziehen. «Die Marke ist das Fundament für den langjährigen Aufbau unserer klösterlichen Biergeschichte. Sie verpflichtet jedoch auch, Traditionen und Werte des Standortes zu respektieren», erläutert Martin Wartmann.
Über drei Millionen Franken stecken im Projekt Pilgrim. Die Kapazität beträgt 300 000 Flaschen pro Jahr. «Wir wollen nicht über die Menge wachsen. Pilgrim wird klein und exklusiv bleiben», sagt Wartmann. Um Pilgrim finanzieren zu können, braucht die Klosterbrauerei gut 1,2 Millionen Franken Umsatz pro Jahr. Zwei Drittel der Biere verkauft die Brauerei im Laden vor Ort sowie über den Onlineshop an Bierkenner aus allen Ecken der Schweiz. «Hinzu kommen Klosterbesucher, die unser Bier direkt vor Ort geniessen. Ein kleinerer Teil an Bieren vertreiben wir über die Spezialitätenregale des Handels», ergänzt Martin Wartmann.
Was er im Kundensegment hingegen vermisse, sei die klassische Schweizer Gastronomie. «Sie tut sich nach wie vor schwer mit exklusiven, neuen Bieren, die sich preislich näher beim Wein bewegen als bei der Stange hell», stellt er fest. Zwar seien die Bierkarten im Schnitt länger geworden, doch das erweiterte Bierangebot wirke oft willkürlich zusammengestellt und bewege sich meist im Preisband unter zehn Franken. Martin Wartmann ist überzeugt: «Der Gast wäre durchaus bereit, für sein Gourmetbier, detailliert beschrieben und schön serviert, einen Preis zu zahlen, der dem Preis für Wein nahekommt.»
(Désirée Klarer)
Der Brauerei-Laden ist von dienstags bis freitags von 8.00 bis 12.00 Uhr und von 13.00 bis 17.00 Uhr geöffnet. Samstags und sonntags bietet sich während der Öffnungszeiten von 10.00 bis 16.00 Uhr die Möglichkeit, die Biere gratis zu degustieren. Jeden ersten Samstag im Monat findet eine geführte Besichtigung statt.