Nach Gold für das beste Schaustück an der Koch-WM 2018 hatte sich Jorge Cardoso aus der Schweizer Kochnati zurückgezogen. Nun ist der Romand wieder zurück im Team.
Jorge Cardoso, nach Ihrem überwältigenden Gold-Erfolg 2018 in Luxemburg wollten Sie sich für immer von internationalen Wettbewerben verabschieden. Was gab den Ausschlag für den Meinungsumschwung?
Teammanager Tobia Ciarulli hat mich vor rund sieben Monaten besucht. Als er mich fragte, ob ich mir eine Rückkehr ins Nationalmannschaftsteam vorstellen könne, habe ich zuerst abgelehnt. Wie jeder weiss, sind Wettbewerbe mit viel Zeit- und Energieaufwand verbunden. Ich war damals nicht bereit, mich wieder in das Abenteuer Nati und Wettbewerbe zu stürzen.
Aber Tobia Ciarulli liess nicht locker.
Richtig. Tobia Ciarulli weiss, wie man überzeugen kann. Kurz darauf kam er wieder zu mir, und dieses Mal schlug er einfach vor, dass ich ihm bei der Rekrutierung neuer Talente helfen sollte. Weil mir das Team am Herzen liegt, habe ich zugestimmt, ihm zu helfen.
Und was geschah dann?
Ich musste erkennen, dass es extrem schwierig war, junge Fachkräfte zu motivieren, sich auf das Abenteuer Kochnationalmannschaft einzulassen und an Wettbewerben teilzunehmen. Es erfordert viele Opfer, den Verzicht auf freie Abende und Wochenenden und auf das Sozial- und Familienleben. Schliesslich keimte in meinem Kopf die Idee, doch noch ins Team zurückzukehren.
Haben Sie den Entscheid mit Ihrer Familie besprochen?
Ja, mit meiner Partnerin und meinem Umfeld. Ich musste ein bisschen verhandeln (lacht), aber am Ende war alles gut. Wer mich kennt, der weiss, wie wichtig mir mein Job ist, aber auch, dass ich mich nicht auf den Lorbeeren ausruhen kann. Die Vorstellung, mich wieder mit den Weltbesten zu messen, hat mich gereizt. Die WM bietet mir natürlich auch die Möglichkeit, beruflich auf dem neuesten Stand zu bleiben.
Welche Rolle werden Sie im Nationalteam spielen ?
Meine Aufgabe wird es sein, die künstlerische Arbeit für das Schaustück an der Weltmeisterschaft zu übernehmen. Thema ist die Schweiz. Es wird ein verrücktes Schaustück sein, völlig neu. Ich habe es bereits gezeichnet und dem Team vorgestellt. Richtig daran arbeiten werde ich aber erst später. Stichtag ist der Culinary World Cup im November 2022 in Luxemburg. Ich habe also noch ein wenig Zeit.
Was ist Ihr Ziel?
Es ist verlockend, wieder den Titel gewinnen zu können, aber man muss bescheiden bleiben. 2018 habe ich den Titel für das beste Schaustück mit einem einzigen Punkt Vorsprung gewonnen. Der kleinste Ausrutscher kann fatal sein. Zudem ist die internationale Konkurrenz seit 2018 besser geworden, was bedeutet, dass ich mich einem sehr harten Wettbewerb stellen muss.
Letztes Jahr sorgten Sie für Furore, als Sie einen lebensgrossen Cristiano Ronaldo aus Schokolade formten.
Ja, das war eine ziemlich verrückte Geschichte. Ich begann mit der Arbeit an meinem Stück im Labor der Confiserie Suard in Fribourg und am Ende landete es im CR7-Museum auf Cristiano Ronaldos Heimatinsel Madeira. Ich habe alles aus eigener Tasche bezahlt – einschliesslich des Transports per Frachtschiff von Lissabon nach Madeira. Ich bin unglaublich stolz auf die gelungene Schokoladenfigur.
(Interview Patrick Claudet)
Jorge Cardoso ist Chefchocolatier bei Suard in Fribourg und hat bereits an zahlreichen Wettbewerben teilgenommen, bei denen er stets das Podium erreichte. Zu seinen grössten Erfolgen zählt ein dritter Platz beim World Pastry Cup in Lyon 2017 zusammen mit Cédric Pilloud und Jean-Baptiste Jolliet und die Goldmedaille für das beste Schaustück am Culinary World Cup 2018.