In Italien und Frankreich hat die Artischockenernte begonnen. Wer der Blütenknospe an das zarte Innere will, produziert einen grossen Haufen Abfall. Doch dieser lässt sich ebenfalls verwerten.
Tanja Grandits hat ihr Herz an die Artischocke verloren. «Sie ist mit ihren Blättern und ihrem Aroma eine Pracht», schwärmt die Basler Spitzenköchin. «Ich liebe sie in jeder Form.» Roh, fein geschnitten als Salat, geschmort, gebraten oder klassisch als ganzes Gemüse. Derzeit serviert sie zum Rind im Hauptgang Artischockenherz mit Kirschessig geschmort.
Die frostempfindliche Artischocke stammt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum. Hauptanbaugebiete sind heute die USA, Spanien, Ägypten, Argentinien, Italien und Frankreich. Die Schweiz importiert jedes Jahr über 1600 Tonnen Artischocken. Im Vergleich dazu ist die Schweizer Ernte mit rund 40 Tonnen klein.
Bereits eine langjährige Erfahrung im Artischockenanbau hat das Ehepaar Reutimann-Elmiger aus Guntalingen/ZH, die seit 2002 Artischocken kultivieren. «Wir sind fasziniert von diesem Gemüse, deshalb haben wir damals den Versuch gewagt», erinnert sich Magdalena Elmiger Reutimann. Zu Beginn vertrieben sie das Erntegut über den Bio-Grosshandel, heute verkaufen sie die Artischocken auf den Wochenmärkten von Winterthur sowie Schaffhausen und beliefern zwei regionale Restaurants. Besonders gut, so Elmiger Reutimann, würden sich die Carciofini verkaufen. Dabei handelt es sich nicht um eine spezielle Sorte, sondern um die Blütenköpfe von Seitentrieben.
Doch bis der Verkauf von frischen Schweizer Artischocken startet, dauert es noch gut zwei Monate. «Ich habe die Setzlinge erst Anfang Mai in die Erde gebracht», so Elmiger Reutimann. Sie hofft auf einen nicht allzu heissen Sommer: «Artischocken mögen es nicht, wenn das Thermometer auf über 30 Grad Celsius klettert.»
Neben dem kulinarischen Genuss hat die Artischocke eine Menge gesundheitlicher Vorteile. Sie wirkt appetitanregend, blutreinigend, entgiftend und entwässernd. Der Gehalt an Mineralien und Vitaminen ist gross. Zudem wird der Artischocke eine aphrodisische Wirkung nachgesagt. Der in ihr enthaltene Bitterstoff Cynarin regt den Stoffwechsel von Leber und Galle an. Als Gargemüse werden ihre Blätter in Säften, Tees, Trockenextrakten und Tinkturen verwendet. Bekanntestes Getränk ist der Cynar, der wegen seines Gehalts an Artischockeninhaltsstoffen als verdauungsfördernd gilt.
Bleibt ein Nachteil: der grosse Rüstabfall. Anton Ruckli, Leiter Marketing/Verkauf von der Mundo AG in Rothenburg/LU, sagt: «Die Artischocke ist im gefrorenen Zustand sehr interessant. Es gibt sie ganz, geviertelt oder als Antipasti gewürzt.» Der grosse Rüstabfall bleibt in diesem Fall beim Produzenten. Oder man macht es wie Tanja Grandits: Sie stellt mit den Blättern den Schmorfond her.
(Ruth Marending)