Was die Gastro-Talente unter der Leitung von TV-Koch René Schudel am Festival in Interlaken boten, übertraf jegliche Erwartungen.
«Lass das Fleisch auf dem Feuer, bis es sich praktisch von alleine vom Grill löst, sonst reisst es», mahnt René Schudel eine Jungköchin. Es ist für lange Zeit das einzige Mal, dass sich der Starkoch einmischt. Er lässt die Jungmannschaft selbständig kochen, backen und über sich hinauswachsen. Dabei ist die Aufgabe eineanspruchsvolle: Die 39 Lernenden aus dem Schweizer Kochverband skv, dem Schweizer Bäckerei- und Konditorei-Personal-Verband sbkpv und dem Berufsverband Restauration bvr schmeissen vergangene Woche das Backstage-Catering am 13. Greenfield Open Air in Interlaken/BE.
Mehr als 53 Punk-, Metal- und Rock-Bands sowie deren Manager und die Festival-Leitung müssen während fünf Tagen verpflegt werden. Und wenn Weltstars wie die Punkrocker von Green Day, Blink-182 oder In Flames zu Gast sind, muss eine brillante Leistung her. Das bedeutet frisches, leckeres Essen rund um die Uhr – Spezialwünsche inklusive.
Unter dem Motto «Raus aus der Komfortzone» startete René Schudel mit der Hotel & Gastro Union also ein Casting, um Lernende zu finden, die mit äusserst dürftiger Infrastruktur zu Hochform auflaufen und dafür erst noch Ferientage hergeben.
Was würde man den Stars und Sternchen servieren? Wie harmoniert das neu zusammengewürfelte Team? Wer entpuppt sich als Improvisationstalent? Wer macht nach zwei Tagen schlapp? Was mit lauter Fragezeichen begann, endete mit Lob von allen Seiten. «Die sind komplett wahnsinnig», jubelte Schudel. «Schon am zweiten Tag kam es mir vor, als wollten mich die Jungen fragen: ‹Du, was machst du eigentlich in der Küche?› Sensationell, wie die gerockt haben! Ich wusste, dass die das können. Aber gleich so? Wow!»
An einer Station wurden frische Teigwaren produziert, dazu standen drei Saucen zur Wahl. Im Ofen wurde knusprige Pizza gebacken, wahlweise mit Fleisch oder Gemüse. Aus dem Wok duftete es nach Curry. Dann hatten die Stars die Wahl zwischen Schwein und Rind vom Grill, Meeresfrüchten und einem Salatbuffet, das keine Wünsche offen liess. Wie wäre es mit einem frisch zubereiteten Smoothie von der Saft-Bar dazu?
Man wähnte sich in einem Gourmet-Lokal, nicht an einem Punk-Festival im Berner Oberland. Im Zentrum des Verpflegungsbereichs bot sich den Musikern eine Auswahl an frisch gebackenen Broten, Käse, Müesli und eine beachtliche Vielfalt an Dessertgebäck, vom Vogelnest bis zur Apfel-Heidelbeer-Wähe. Kaum zu fassen, was die Jungbäcker und -konditoren aus dieser improvisierten Backstube hervorbrachten.
Die Restaurations-Lernenden glänzten als tolle Gastgeber – nicht nur im Backstage-Bereich, sondern auch an der äusserst beliebten und gut frequentierten VIP-Bar und im dazu gehörenden Restaurant.
Entsprechend überschwänglich fiel das Fazit von sbkpv-Geschäftsführer David Affentranger aus: «Ein Mega-Erlebnis! Es war unglaublich, zu sehen, was unsere Lernenden können. Da freue ich mich auf die Zukunft.» Ähnlich klang es aus dem Mund von skv-Geschäftsführer Andreas Fleischlin: «Für mich war es sehr schön, zu sehen, wie die Lernenden kulinarisch zauberten und wie sie das mit einer unglaublich interessierten, freundlichen Art taten. Man darf nicht vergessen: Die Lernenden gaben Freizeit auf, um an diesem Projekt mitzuwirken. Ich glaube, für sämtliche Beteiligten hat sich jede investierte Minute gelohnt.»
Die Lernenden selbst gaben an, noch nie so viel innert so kurzer Zeit gelernt zu haben. Die Festival-Leitung kam – nicht zuletzt wegen Überraschungen wie der in Greenfield-Schablonen gegossenen Schokolade – nicht mehr aus dem Staunen heraus. Und sogar der Privatkoch von Green Day gestand: «Ein besseres Hamburgerbrot hatte ich noch nie!»
Derzeit finden diverse Debriefings statt. Die Chancen stehen dabei gut, dass es auch 2018 für René Schudel und die HGU-Lernenden heisst: Raus aus der Komfortzone!
(Benny Epstein)