EHL-Studentin Patrizia Zueck ist Mitorganisatorin des «Young Hoteliers Summit». Die Konferenz bringt etablierte Fachleute und angehende Führungskräfte der Branche zusammen.
Welches Ziel verfolgt der Young Hoteliers Summit YHS?
Patrizia Zueck: Die Konferenz wurde 2008 von fünf Studenten der École hôtelière de Lausanne gegründet. Ziel des Kongresses ist, Wissen und Visionen auszutauschen und den Fortschritt in der Branche voranzutreiben. YHS bringt deshalb jedes Jahr rund 30 Referenten sowie Studentendelegierte von über 40 der weltweit führenden Hospitality-Institutionen zusammen.
Was ist Ihre Aufgabe?
Das Organisationskomitee des YHS besteht aus 30 bis 40 EHL-Studenten unterschiedlicher Semester. Zu zweit sind wir dafür besorgt, aus zahlreichen Bewerbungen jeweils zwei Studenten pro Hotelfachschule zu rekrutieren. 40 Bildungsinstitutionen sind involviert, also partizipieren 80 Studenten am Summit. Mittlerweile müssen wir Anmeldungen ablehnen, da die Anfragen unsere Möglichkeiten übersteigen.
An der Konferenz präsentieren Sie auch die Resultate Ihrer jährlich durchgeführten Umfrage bei Studenten.
Das ist richtig. Mit der Umfrage wollen wir Themen beleuchten, die zu Diskussionen führen. Die Auswertung hilft dabei, die notwendigen Massnahmen zu treffen.
Was stand 2019 im Fokus?
Absolventen der Hospitality-Branche wird oft unterstellt, dass sie «Job-Hopping» betreiben. Wir wollten herausfinden, was es braucht, um Studienabgänger sowohl in der Branche also auch bei ihrem Arbeitgeber zu halten.
Erzählen Sie uns mehr.
An der Umfrage haben 1219 junge Menschen aus hundert Nationen teilgenommen. Das waren 89 Prozent Studenten und 19 Prozent Alumni. Die Hälfte der Befragten planen, ein bis zwei Jahre beim Arbeitgeber zu bleiben. Nur vier Prozent geben an, nach weniger als einem Jahr wechseln zu wollen. Richtig interessant sind diese Zahlen jedoch erst, wenn man sie mit den Alumni-Resultaten vergleicht: 25 Prozent dieser Befragten haben ihre Stelle nach weniger als einem Jahr gewechselt – das zeigt, dass die Einstellung die richtige ist, dass jedoch etwas passiert, was die Meinung der Absolventen ändert.
Spannend wäre zu erfahren, was die Arbeitgeber meinen.
Absolut. Deshalb haben wir dieses Jahr zum ersten Mal auch die Arbeitgeber befragt*. Unsere Mission ist es, eine Brücke zwischen beiden Seiten zu schlagen. Die Resultate der Befragung, die noch bis Ende Jahr läuft, werden im Januar ausgewertet und am Summit 2020 in Lausanne präsentiert.
Weshalb tendieren junge Berufsleute dazu, in kurzer Zeit möglichst viele Erfahrungen bei unterschiedlichen Arbeitgebern zu sammeln?
Das liegt zum einen in den Genen der neuen Hospitality-Generation – wir sind ambitioniert und leider auch etwas ungeduldig (lacht). Andererseits ist der Gap zwischen den Erwartungen und dem, was tatsächlich geboten wird, oft gross. So muss während des Rekrutierungsprozesses genauso über die möglichen Schattenseiten des Jobs gesprochen werden. Transparenz auf beiden Seiten hilft, ein böses Erwachen zu vermeiden.
Wo werden spannende Jobs gesucht und gefunden?
Fast 70 Prozent der Befragten gaben an, bei einer zukünftigen Jobsuche «wahrscheinlich» oder «sehr wahrscheinlich» On- und Offlinekanäle zu benutzen. Wichtig ist also, dass Arbeitgeber auf allen von ihnen bespielten Kanälen einen kohärenten Auftritt wiedergeben. Auf jeden Fall freut es mich zu sehen, dass die «Digital Natives» durchaus auch offline Kontakte aufbauen und vertiefen.
Wie hält ein Arbeitgeber die Berufseinsteiger bei Laune?
Absolventen suchen sowohl in der Rekrutierungsphase als auch im Alltag intrinsische Motivationsfaktoren. Damit ist ein innerer, aus sich selbst entstehender Antrieb gemeint, der aus Spass an der Sache entsteht. Wer sich regelmässig weiterbilden und schon früh Verantwortung übernehmen kann, ist und bleibt motiviert. Arbeitgeber, die sich an ihre Versprechen halten, erfahren seitens der Arbeitnehmer viel Loyalität. Dem Lohn wird laut Umfrage weniger Gewicht beigemessen.
Das klingt nach einer tollen, aber rastlosen Generation.
Viele Millennials sind in einer Zeit ökonomischer Sicherheit aufgewachsen. Sie sind es nicht gewohnt, an einem Endpunkt anzukommen. Sie sind leistungsorientiert und wollen Dinge nachhaltig verbessern. Umso wichtiger ist ein regelmässiger Austausch zwischen angehenden und etablierten Führungskräften, um das Verständnis füreinander zu schärfen und das Beste für die Branche zu bewirken.
*Zur Umfrage für Arbeitgeber:
https://yhs.eu.qualtrics.com/jfe/form/SV_9zPJVg5iJR7ym21?fbclid=IwAR14y3vM5-uzUriImRocdOj5unD6y714lqf8J6xEHxo1jD9Qs1gXuo-vaPg
(Interview Andrea Decker)
Patrizia Zueck (24) wird im Juli 2020 ihre Ausbildung an der École hôtelière de Lausanne EHL beenden. Seit 2018 ist sie Studenten-Botschafterin der EHL. Sie vertritt die Universität auf Messen und an Informationsveranstaltungen und organisiert Campus-Touren für angehende Studenten und interessierte Unternehmen. Sie ist «Head of Community» des Young Hoteliers Summit und rekrutiert Studenten von Hospitality-Schulen weltweit.