Seit 110 Jahren bildet die SHL Schweizerische Hotelfachschule Luzern Führungskräfte aus. Auch für die Zukunft ist sie gut aufgestellt.
Christa Augsburger, sind Sie in Weihnachtsstimmung?
Christa Augsburger: Ich habe die Lichter wahrgenommen, aber in Weihnachtsstimmung bin ich deshalb noch nicht. An der SHL haben wir dieses Jahr bis kurz vor die Festtage Hochbetrieb.
Woran liegt das?
Am 6. Dezember feierten wir mit 57 Diplomanden den Abschluss ihres Studiums (siehe Seite 12). Am Tag davor schloss das Semester Betriebswirtschaft ab. Und am 9. Dezember begannen bereits wieder Studentinnen und Studenten ihre 14-wöchigen Semester in Betriebswirtschaft und Unternehmensführung.
Weshalb diese hohe Kadenz?
Aufgrund der hohen Nachfrage nach Bildungsplätzen und der grösseren Klassenbestände in den Fachsemestern müssen nun auch die Kadersemester vergrössert beziehungsweise dreimal jährlich angeboten werden.
Haben alle Diplomanden bestanden?
Durchgefallen ist niemand. Acht müssen zu Nachprüfungen antreten. Die meisten davon im Bereich Finanzen.
Worauf basiert dieser Erfolg?
Ganz sicher auf der Aktualität des Lehrplans. Den können wir rasch neuen Anforderungen anpassen. Die SHL ist sehr praxisorientiert, was sich bei den Semesterarbeiten zeigt. Da können wir aus den zahlreichen Anfragen die spannendsten Projekte auswählen. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist der Zusammenhalt innerhalb der Klasse. Die Klasse schaut, dass möglichst alle den Abschluss schaffen. Wir haben festgestellt, dass in Klassen mit besonders gut funktionierendem Teamgeist die Ergebnisse besser und die Noten höher sind als in Einzelkämpfer-Klassen. Das lässt sich auch auf die Geschäftswelt übertragen. Die Summe von einzelnen hoch qualifizierten Fachkräften ergibt nicht zwingend ein gutes Team. Wenn hingegen alle Mitarbeitenden zusammenarbeiten, ist der Betrieb in der Regel erfolgreich.
Seit September bietet die SHL das Studium zum Bachelor of Science in Hospitality Management an. Wie haben sich die englischsprachigen Studierenden eingelebt?
Die internationalen Studentinnen und Studenten haben sich rasch integriert. In den ersten Tagen klang die englische Sprache schon etwas exotisch. Doch gibt sie dem Schulalltag einen internationalen Touch, und für deutschsprachige Studierende ist dies ein zusätzliches Sprachtraining. Mittlerweile haben sich alle gefunden und gehen sogar miteinander in den Ausgang.
Welche Herausforderung stellt der «Bachelor» an den Schulbetrieb?
Wir sind froh, dass wir nur mit einer kleinen Klasse begonnen haben. Denn trotz intensiver Planung haben wir den Aufwand unterschätzt. Dazu kamen die neue Infrastruktur, die neue Küche sowie neue Klassenbestände im deutschsprachigen Unterricht.
Ist der Lehrplan in beiden Sprachen identisch?
Nicht ganz. Die Bachelor-Studierenden lernen zehn Wochen in der Küche und gleich anschliessend zehn Wochen im Service. Danach absolvieren sie ein Praktikum entweder in der Küche oder im Service. In den Kadersemestern sind einige Lernfelder internationaler ausgerichtet wie etwa das Arbeitsrecht.
Die neu diplomierten Manager werden nun mit dem Fachkräftemangel konfrontiert. Wie gehen Sie an der SHL mit dem Thema um?
Ab dem ersten Semester sind Sozialkompetenz und Wertschätzung ein Thema. Im «HR» behandeln wir die Bedürfnisse der jungen Generation. Neben hohen Leistungen, die sie in den Praktika liefern müssen, spielt die Work-Life-Balance eine wichtige Rolle. Zudem sind die Jungen kritischer und wollen mitgestalten. Viele Betriebe, vor allem Ketten, suchen die Kooperation mit uns, um Mitarbeitende länger im Betrieb zu halten. Wir diskutieren auch intensiv über die Einteilung von Arbeitszeiten und Freitagen. Wo ein Wille ist, ist vieles möglich.
Für die «herausragende Nachwuchsförderung» haben Sie Ende November den Zukunfts-Tourismus Award 2019 des Tourismus Forums Luzern erhalten. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Die Freude ist riesengross. Ich bin stolz darauf, dass wir als Bildungsstätte wahrgenommen werden und dass die Zentralschweiz stolz auf die SHL ist. Dieser Preis gehört allen Direktoren und Stiftungsräten, die in den vergangenen 110 Jahren Werte schufen, die Bestand hatten. Trotz dieser Tradition sind wir eine der modernsten Hotelfachschulen. Wir sehen den «Zukunftspreis» auch als Motivation für die nächsten 110 Jahre.
Was steht in 2020 auf der Agenda?
Im deutschen Bildungsgang werden wir vermehrt die Digitalisierung und den Fachkräftemangel thematisieren. Den englischen Bildungsgang gilt es, international zu positionieren und in Projekten in Ägypten, Pakistan, Georgien, Sri Lanka und dem Kosovo bringen wir unser Know-how ein. Auch ist die SHL bei der Stärkung der Berufsbildung und der höheren Fachschulen sowie deren Integration ins Bologna-System politisch aktiv.
(Interview Gabriel Tinguely)