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L-GAV-Verhandlungen: Die HGU ist zuversichtlich, Lösungen zu finden

Das Duo Esther Lüscher und Roger Lang erklärt, mit welchen Forderungen es in die L-GAV-Gespräche geht.

An den im November beginnenden L-GAV-Verhandlungen setzt sich die Hotel & Gastro Union für faire Löhne und bessere Arbeitsbedingungen ein. (Keystone-SDA)

HGZ: Esther Lüscher, warum braucht es jetzt spürbare Fortschritte beim L-GAV?

Esther Lüscher: Die Branche hat sich nach einer intensiven Phase stabilisiert und ist bereit für faire, attraktive Arbeitsbedingungen. Nach sechs Jahren ohne Verhandlungen und dem Wandel in der Branche besteht klarer Aufholbedarf. Der letzte L-GAV stammt aus dem Jahr 2017, der neue soll erst 2028 gelten – zehn Jahre statt der üblichen vier.

Bis 2028 sind es noch mehr als zwei Jahre. Wieso dauert das so lange?

Roger Lang: Sechs Jahre Stillstand bedeuten sechs Jahre Rückstand – das lässt sich nicht so schnell aufholen. Zunächst wird bis Ende 2026 verhandelt. Anschliessend müssen die Gremien aller Verhandlungspartner zu Beginn 2027 dem Verhandlungsergebnis zustimmen. Erst dann können wir beim Bundesrat die Allgemeinverbindlicherklärung beantragen – also die Ausweitung des L-GAV auf die gesamte Branche. Dieses Verfahren dauert in der Regel nochmals ein Jahr. 2028 scheint weit entfernt – tatsächlich sitzen wir aber längst im Schnellzug! Der Fahrplan ist machbar, aber ambitioniert.

Die Löhne sind ein heisses Thema. Was fordern Sie?

Roger Lang: Wir haben vereinbart, die Mindestlöhne 2026 und 2027 an die durchschnittliche Teuerung anzupassen. Ab 2028 soll der Teuerungsausgleich automatisiert und eine spürbare Erhöhung in allen Mindestlohnkategorien eingeführt werden. Erfahrung soll stärker gewichtet werden, um Betriebs- und Branchentreue zu honorieren. Zuschläge für Nacht-, Wochenendund Feiertagsarbeit müssen klar sichtbar und eigenständig ausgewiesen werden. Wer arbeitet, wenn andere feiern, verdient einen klar sichtbaren Mehrwert. Das ist fair, motivierend und vermeidet Intransparenz.

Esther Lüscher: Gleicher Lohn bei gleichwertiger Qualifikation ist kein Wunsch, sondern eine Selbstverständlichkeit. Wer im benachbarten Ausland in unserer Branche als ausgebildete Fachkraft gilt, soll auch in der Schweiz diese Anerkennung und den entsprechenden Lohn erhalten.

Nebst den Löhnen spielt die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit eine immer grössere Rolle.

Esther Lüscher: Richtig – seit Jahren fordern wir eine frühere Bekanntgabe der Dienstpläne und ein Mitspracherecht der Mitarbeitenden. Die Dienstpläne müssen verlässlicher werden und dürfen nicht laufend angepasst werden. Auch die unterschiedliche Wochenarbeitszeit von 42, 43,5 oder 45 Stunden – abhängig von der Betriebsart – wollen wir in den zukünftigen Verhandlungen unbedingt thematisieren.

Roger Lang: In anderen Branchen gilt bereits eine 40-Stunden-Woche. Das ist für uns aber wohl noch nicht realistisch.


Die 57-jährige Esther Lüscher steht seit 2015 an der Spitze des Präsidiums der Arbeitnehmerorganisation Hotel & Gastro Union


Die Branche kämpft mit Nachwuchsproblemen. Wird das ein Thema sein?

Esther Lüscher: Das muss sogar ein Kernthema sein! Die Lernenden sind unsere Zukunft. Wir wollen den Schutz der Lernenden im L-GAV explizit stärken. Bisher sind sie vom L-GAV ausgenommen. Die Lernenden sollen mit gewissen Ausnahmen wie dem Mindestlohn von denselben Mindestarbeitsbedingungen profitieren können wie ihre Teammitglieder. Aber auch die Arbeitsbedingungen und Bedürfnisse der älteren Generationen müssen ein Thema sein. Sie sind wichtige Eckpfeiler und für unsere Branche ebenso sehr wichtig.

Die Weiterbildung ist ein Kernanliegen der HGU. Wo setzen Sie da die Prioritäten?

Esther Lüscher: Weiterbildung wirkt, Punkt! Sie erhöht Kompetenz, Tempo und Qualität nach-weislich, steigert Löhne und Bindung und ist für den Erfolg eines Unternehmens wichtig. Wir wollen den Zugang vereinfachen, die Lohnersatzzahlungen schlank abwickeln und Progresso-, Sprachund Führungskurse näher an den Betrieb holen.

Und wer bezahlt das alles?

Roger Lang: Zurzeit bezahlen jeder Mitarbeitende und jeder Betrieb jährlich pauschal 99 Franken an L-GAV-Beiträgen. Ich gebe ein Rechenbeispiel für einen Betrieb mit 100 Mitarbeitenden: Die Mitarbeitenden bezahlen jährlich 9900 Franken, der Betrieb lediglich 99 Franken. Es braucht eine ausgewogenere Lastenverteilung. Denn Arbeitgeber und Arbeitnehmer profitieren gleichermassen von Weiterbildung.


Der 34-jährige Roger Lang ist seit 2021 Leiter Recht, Sozialpolitik und Kampagnen bei der Hotel & Gastro Union.


Damit dürften die Betriebskosten steigen. Lassen sie sich auf die Gäste überwälzen – und sind diese bereit, mehr zu zahlen?

Esther Lüscher: Ja, wenn Qualität und Verlässlichkeit stimmen. Viele Arbeitgeber erklären, bereits heute mehr als den Mindestlohn zu zahlen. Gleichzeitig sind das Investitionen, die sich rechnen: Bessere Löhne und klare Erfahrungsstufen senken die Fluktuation und die Rekrutierungskosten, stabilisieren Teams und fördern die Gästezufriedenheit. Ich bin überzeugt, dass massvolle und gut erklärte Preisanpassungen von den Gästen akzeptiert werden, wenn das Gesamterlebnis stimmt. Wir verkaufen eben nicht nur ein Gericht, sondern ein Qualitätsversprechen.

Ein Wort zur Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern?

Esther Lüscher: Die Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern ist partnerschaftlich und sachlich. Faire Löhne, geregelte Prozesse, gute Arbeitszeiten und Weiterbildung sichern unsere Wettbewerbsfähigkeit. Gemeinsam haben wir den Teuerungsausgleich für die Jahre 2026 und 2027 vereinbart und den Fahrplan für die Neuverhandlungen festgelegt. Ich bin zuversichtlich, dass wir moderne und zukunftsorientierte Lösungen finden.

Roger Lang: Unser Verhältnis zu Gastrosuisse war in den letzten sechs Jahren angespannt. Wir sind dankbar, dass man sich wieder an den Verhandlungstisch setzen kann. Gemeinsame Probleme gilt es gemeinsam zu lösen.

Was können die Mitarbeitenden der Branche beitragen?

Esther Lüscher: Werde Mitglied der HGU und stärke unsere Branche. Wir verhandeln Löhne, beraten im Alltag und öffnen Karrierewege. Mit deiner Mitgliedschaft trägst du dazu bei, die Arbeitsbedingungen in unserer Branche zu verbessern.

(Jörg Ruppelt)


Mehr Informationen unter:

hotelgastrounion.ch