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«Gute Kommunikation macht guten service»

Heinz Gerig ist zuständig für die Basisausbildung bei Hotel & Gastro Formation. Im Service kommt die Ausbildung im Alltag oft zu kurz, ist er überzeugt.

Heinz Gerig, gemäss der neuen Gastro Web Review wurde in 40 Prozent aller negativen Gästebewer­tungen der Service kritisiert, häufiger als die Küche. Wie haben Sie reagiert, als Sie davon gelesen haben?
Der erste Gedanke war, ist es wirklich schon so schlimm? Der Bezug zu den Gästen ist vielerorts verloren gegangen, doch der ist das A und O. Ich erlebe es selbst oft, dass man am Eingang mit den Worten «Haben Sie reserviert?» begrüsst wird. Kein «Grüezi», kein «Herzlich willkommen». Die Mitarbeitenden im Service sind die Ersten und die Letzten, die ein Gast bei seinem Besuch sieht. Wenn dieses Verhältnis nicht stimmt, werden aus Gästen nie Stammgäste.

Wie schätzen Sie das Thema Online-Bewertungen ein?
Die Schwelle für schlechte Bewertungen ist sehr tief. Der Kreis, der die Kritik lesen kann, ist gleichzeitig sehr gross. Man muss viel Gutes tun, bis man eine schlechte Bewertung wettgemacht hat.

Die Studienautoren reden von einem «Mangel an geschultem Personal» als Ursache der Kritik am Service.
Wegen des Fachkräftemangels fehlen in vielen Betrieben das Wissen und die Zeit. Vielerorts herrscht auch bei Vorgesetzten der Irrglaube, dass man Service nicht lernen muss. Und es fehlt das Bewusstsein dafür, dass der Service die wichtigste Schnittstelle im Restaurant ist.

Müssen Betriebe ihr Angebot und ihre Öffnungszeiten einschränken, um die Mitarbeitenden adäquat ausbilden zu können und sie im Alltag nicht zu überlasten?
Das kann ein Lösungsansatz sein. Muss aber nicht heissen, dass dies eine Einbusse bei den Einnahmen zur Folge hat. Ich kenne einige Beispiele von Betrieben, die reduziert haben, aber dafür so auf Qualität gesetzt haben, dass die Einnahmen stimmen und die Arbeitsqualität für die Mitarbeitenden gestiegen ist. Der Umgang mit dem Gast braucht einfach Zeit.

Und wenn das Reduzieren keine Option ist?
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Wer wirklich will, findet eine Lösung. Eine Möglichkeit wären Partnerschaften mit anderen Betrieben. Dass man sich gegenseitig aushilft, um die Mitarbeitenden gut ausbilden zu können. Auch wir sind flexibel und bieten sogar an, dass wir für die Ausbildung vor Ort in grössere Betriebe mit mehreren Mitarbeitenden kommen.

Wie viele Personen bildet Hotel & Gastro Formation in der Basisqualifikation im Bereich Service aus?
Als wir 2001 mit Progresso gestartet sind, war der Service immer gut vertreten. Heute sind Servicemitarbeitende anteilsmässig die kleinste Gruppe hinter der Küche und der Hauswirtschaft.


«Man muss viel tun, um eine schlechte Bewertung wieder wettzumachen.»


Worauf liegt der Fokus der Progresso-Ausbildung?
Einer der wichtigsten Bestandteile ist die Kommunikation. Die Routine und andere fachliche Kenntnisse werden mit der Zeit kommen. Doch wenn jemand freundlich ist, verzeiht man auch, wenn die Gabel oder das Glas nicht am richtigen Ort sind. Wer eine gute Kommunikation hat, kann auch viel besser verkaufen.

Wie kann man gute Kommunikation lernen?
Wir arbeiten vor allem mit Fallbeispielen. Dabei müssen die Teilnehmenden Gast spielen und erleben, welche Art von Kommunikation wie bei ihnen ankommt. Wir versetzen die Leute in verschiedene Gefühlslagen und zeigen, wie sie es im Alltag anders machen können.

Der Fachkräftemangel dürfte die ganze Problematik auch in Zukunft verschärfen. Wie schätzen Sie die künftige Entwicklung ein?
Der Boom nach Corona ist vorbei. Die Preise steigen stetig an. Ich habe das Gefühl, dass es nicht immer so weiter gehen kann. Der Fachkräftemangel verschärft das Problem extrem. Am Ende wird die Qualität entscheiden, wer Bestand hat. Besonders wichtig sind dabei auch die Vorgesetzten in den Betrieben, die über die Ausbildung entscheiden und für ein Betriebsklima sorgen müssen, das den Arbeitnehmenden entspricht.

Heinz Gerig setzt sich für eine besser ausgebildete Branche ein. (zvg)

Warum lohnt es sich, ungelernte Mitarbeitende in den Progresso-Kurs zu schicken?
Weil sie als motivierte Mitarbeitende zurückkommen, die im Bereich der Kommunikation viel dazugelernt haben. Das bedeutet am Ende mehr Umsatz für den Betrieb. Und die Mitarbeitenden sind zufrieden, weil sie gefördert werden. Zudem wird die Ausbildung vom L-GAV finanziert und die Betriebe erhalten Erwerbsersatz. Da gibt es keinen Grund, es nicht zu machen.

(Alice Guldimann)


Zur Person

Heinz Gerig leitet bei Hotel & Gastro Formation die Abteilung Basisqualifikation. Er ist einer der Gründerväter der Progresso-Kurse, die seit 2001 unter diesem Namen angeboten werden. Es gibt die Fachbereiche Hauswirtschaft, Service, Küche, Systemgastro­nomie und seit 2024 den Bereich Allrounder. 2023 absolvierten in der Deutschschweiz 228 Personen den Service-Lehrgang, 317 den Lehrgang Küche, im Bereich Hauswirtschaft waren es 262.


Mehr Informationen unter:

hotelgastro.ch