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Completer: auf den Spuren einer alten Rebsorte

Am 6. Oktober 1321 wurde die Rebsorte Completer erstmals erwähnt. 700 Jahre später sind aus ihr gekelterte Weine begehrte Raritäten.

  • Die genetische Verwandtschaft der Completer-Rebe

    Completer ist ein Waisenkind. Ihre Elternsorten sind noch unbekannt oder bereits verschwunden. DNA-Tests haben jedoch ergeben, dass durch natürliche Kreuzungen mit ihr drei Nachkommen entstanden sind. (HGU)
  • José Vouillamoz ist Rebsortengenetiker und Autor zahlreicher Standardwerke über Reben, deren Herkunft und Abstammung.

Die älteste bisher bekannte Nennung von Rebsorten in der Schweiz steht in einem auf den 20. Januar 1313 datierten Eintrag im Register von Anniviers im Wallis. Genannt werden «neyrun», vermutlich Rouge du Pays, «humagny», Humagne Blanche und «regy», die heutige Rèze.

Von Chur bis Schaffhausen spielte die Rebsorte Completer lange Zeit eine wichtige Rolle. Dies bereits vor ihrer schriftlichen Nennung im Pergament aus dem Bischöflichen Archiv Chur vom 6. Oktober 1321. Vermutlich wurde sie von Mönchen der Abtei Pfäfers, die Rebberge in Malans und in Norditalien besassen, eingeführt. Marcel Aeberhard, ein Sammler von Literatur über Rebsorten und Autor des Buches «Geschichte der alten Traubensorten», vermutet, dass es sich beim Completer um die Urbanitraube handelt. Diese wäre von Italien nicht nur nach Graubünden, sondern auch ins Wallis eingeführt worden. Die genaue Abstammung der Completer-Rebe konnte auch der Rebsortengenetiker José Vouillamoz nicht bestimmen. Mit DNA-Analysen hat er jedoch herausgefunden, dass Nachkommen entstanden sind. Zur Paarung von Completer mit Bondola fanden Historiker keine Literatur. Die Verbindung mit Humagne Blanc im Wallis ist hingegen dokumentiert. So fand José Vouillamoz in einer alten Pergola-Anlage in Eyholz bei Visp einige Rebstöcke, die die Winzer Kleine Lafnetscha und Grosse Lafnetscha nannten. Deren Gene stimmen mit denen der Completer überein. Synonyme sind Malanserrebe, Zürirebe am Zürichsee und Lindauer in Schaffhausen. Den Namen Completer entlehnten die Mönche der Komplet, dem letzten Abendgebet. Nach dem Gebet durften sie nämlich einen Schluck des kräftigen Weissweins trinken, bevor sie sich zur Ruhe legten.

Das Interesse an Completer wächst nicht nur bei Winzern

Gemäss der Statistik «Das Weinjahr 2020» des Bundesamts für Landwirtschaft gedeiht Completer auf insgesamt 8,47 Hektaren, verteilt auf die Kantone Graubünden, Wallis, Tessin, Zürich St. Gallen, Waadt, Genf und Basel. Alle heute angebauten Completer-Reben stammen von einem einzigen Rebstock aus Malans ab. Im Wallis konnten die Kleine und Grosse Lafnetscha nicht mehr vermehrt werden. Die Pergola-Anlage fiel dem Strassenbau zum Opfer. Per Zufall wurde im Rebberg Vinesch im Mattertal ein uralter Completer-Stock gefunden. Valentina Andrei, Winzerin in Saillon, hat  von diesem Reise geschnitten, veredelt und gepflanzt. 

Heute keltern 24 Winzer Completer, den sie auch sortenrein abfüllen. Weitere vinifizieren kleine Mengen, die sie in Assemblagen mischen. Auch wenn Completer im Anbau keine einfache Rebsorte ist und die Trauben in besten Lagen optimal reifen müssen, werden die Anbaufläche und die Produktionsmenge zunehmen. Denn mit einer Sorte, die nur in der Schweiz angebaut wird, können sich die Produzenten profilieren.

«Completer haben eine hohe Säure und duften nach Orangenblüten, Quittengelee und gerösteten Mandeln», beschreibt José Vouillamoz das Aromenprofil.

«Der 1990er- Completer von Tscharner war eine Offenbarung.»

José Vouillamoz,Rebsortengenetiker


Dazu kommen je nach Produzent Zitrus- und Kräuternoten, Mirabelle, Apfelkuchen und Marzipan sowie Vanille- und Holznoten. Mit einem langen Ausbau in Holzfässsern und zunehmender Reife entwickeln Completer-Weine filigrane Oxidationsnoten, die an Sherry erinnern. «Den besten Completer, den ich je verkostet habe, war der 1990er von Gian-Battista von Tscharner», sagte José Vouillamoz. «Seither habe ich jeden Completer gekauft, den ich finden konnte.» Seine Schatzkammer öffnete er am 6. Oktober und präsentierte einer kleinen Runde von Freunden gereifte Weine der Jahrgänge 1988 bis 2000. Anschliessend konnten alle Completer verkostet werden. «Die trockenen, gereiften Weine zeigen das Potenzial der Sorte», fasste Traditionalist Gian-Battista von Tscharner das Erlebte zusammen. «Ich hoffe, dass die Tradition beibehalten und Completer kein Modewein wird.»

(Gabriel Tinguely)


Bezugsquellen sortenreiner Completer

Georges-Claude Blanchard
Bougy-Villars/VD
www.blanchard-bougy.ch

Schwarzenbach Weinbau
Meilen/ZH
www.schwarzenbach-weinbau.ch

Cantina Pelossi SA, Sacha ­Pelossi
Lugano-Pazzallo/TI
www.viticoltori.ch (Pelossi Sacha)

Hubervini, Jonas Huber
Monteggio/TI
www.hubervini.ch

Cave Arte Vinum, Ferdinand Bétrisey
Vétroz/VS
www.cave-artevinum.ch

Domaine Marie-Thérèse Chappaz
Fully/VS
www.chappaz.ch

Cave Valentina Andrei
Saillon/VS
www.valentinaandrei.ch

Domaine Dussex, GabrielDussex
Saillon/VS
www.domaine-dussex.ch

Clos de Tsampéhro
Flanthey/VS
www.clostsampehro.com

Volg Weinkellereien, Reben in Malans
Winterthur/ZH
www.volgweine.ch

Plantahof, Moritz Villinger
Landquart/GR
www.plantahof.ch/weinshop

Cottinelli Weinbau Gaudenz Thürer
Malans/GR
www.cottinelli.ch

Andrea und Anita Lauber Weinbau
Malans/GR
www.lauber-weine.ch

Vinigma, Valentin Schiess Reben in Jenins
Basel/BS
www.vinigma.ch

Boner Weinbau, Luzi Boner und Andrea Rasi
Malans/GR
www.boner-wein.ch

Wegelin, Peter Wegelin und Rafael Hug
Malans/GR
www.weingutwegelin.ch

Annatina Pelizzatti
Jenins/GR
www.pelizzatti-weine.ch

Weingut Hermann, Roman Hermann
Fläsch/GR
www.weingut-hermann.ch

Weingut Sprecher von Bernegg, Jan Luzi
Jenins/GR
www.sprechervonbernegg.ch

Franziska und Christian Obrecht,
Jenins/GR
www.obrecht.ch

Weingut Donatsch, Martin Donatsch
Malans/GR
www.donatsch.info

Thomas Studach Weinbau
Malans/GR
www.studach.li (in Bearbeitung)

Giani Boner Weinkellerei
Malans/GR
www.gianiboner.ch

Gian-Battista von Tscharner
Reichenau/GR
www.reichenau.ch

Quelle: Schweizer Rebsorten, ihre Geschichte und Ursprünge, José Vouillamoz, Haupt Verlag 2018.​​​​​​​