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«Die Küche ist kein Operationssaal»

Corona hat in vielen Bereichen die Art, wie wir arbeiten, verändert. Auch in der Küche, wo Hygiene von jeher eine massgebliche Rolle spielt? Die Hygiene-Spezialistin Marianne Dubs gibt Auskunft. 

Marianne Dubs bringt Gastronomen das hygienische Arbeiten bei. (ZVG)

Covid-19 und Lebensmittelhygiene – was muss man darüber unbedingt wissen?
Eine Übertragung des neuen Coronavirus auf den Menschen durch Lebensmittel ist gemäss Bundesamt für Gesundheit BAG und Bundesinstitut für Risikobewertung BfR nicht bekannt. Coronaviren können sich in Lebensmitteln nicht vermehren. Sie benötigen dazu einen lebenden tierischen oder menschlichen Wirt. Da die Viren hitzeempfindlich sind, kann das Infektionsrisiko durch das Erhitzen von Lebensmitteln zusätzlich verringert werden.

Wie sieht es mit dem Ansteckungsrisiko bei Oberflächen und Gegenständen aus?
Auch für eine Übertragung in Gastronomieküchen durch Kontakt zu kontaminierten Gegenständen oder Oberflächen gibt es derzeit keine Belege. Grundsätzlich können die Viren jedoch durch direktes Niesen oder Husten auf Flächen gelangen und eine Zeit lang infektiös bleiben. Eine Schmierinfektion ist dann möglich, wenn das Virus kurz danach über die Hände auf die Schleimhäute der Nase oder der Augen übertragen wird. Unsere Hände sind unser Werkzeug. Deshalb ist die Handhygiene nach wie vor die wichtigste Massnahme, um Kontaminationen vorzubeugen.

Richtig Händewaschen können inzwischen doch alle, oder?
In der Praxis beobachte ich immer wieder dieselben Fehler: Es wird keine oder zu wenig Seife benutzt. Es werden nur die Handinnenflächen gewaschen. Die Hände werden nicht richtig getrocknet, dabei lieben Bakterien und Co. Feuchtigkeit. Einweghandschuhe werden zu lange und zu oft getragen. Und es wird in die Hand geniest und gehustet anstatt in die Armbeuge oder in  Taschentücher.

Müssen deshalb nun die Reinigungsarbeiten und Hygienevorschriften in der Küche verschärft werden? 
Eine Küche ist kein Operationssaal. Aus meiner Sicht genügt daher die konsequente Reinigung gemäss Reinigungsplan. Auch Behälter, Teller, Besteck, Gläser  und so weiter sind bei korrekter Temperatur der Spülmaschine unproblematisch – sofern die Handhygiene immer konsequent und korrekt umgesetzt wird. Händewaschen ist das eine, Abstandhalten das andere.

Ist Distanz in der Küche möglich? 
Am Arbeitsplatz genügend Abstand einzuhalten, ist aus meiner Erfahrung weder in der Küche noch im Verkauf konsequent möglich. Daher ist das Arbeiten mit Mund-Nasen-Schutz unerlässlich.


«Wer das Warum versteht, macht keine Abkürzungen.»


Seit über 20 Jahren beraten Sie Unternehmen in Hygienefragen und geben HACCP*-Workshops. Wie sauber ist es im Gastgewerbe? 
Der Hygienestandard in der Schweiz ist sehr hoch. Das Verständnis für die Zusammenhänge und die professionelle Unterstützung durch Reinigungsfirmen erleichtern die Organisation und Überwachung der Abläufe. Aber auch hier gilt: Der Mensch steht im Mittelpunkt. Wenn ein Mitarbeiter die Kontrolllisten schon am Montag für die ganze Woche ausfüllt oder eine Mitarbeiterin die Toilettenkontrolle zwar vornimmt, aber die Arbeiten nur oberflächlich ausführt, wiegt man sich in einer falschen Sicherheit. 

Wie lässt sich diesesProblem lösen ?
Durch regelmässige Schulung der Mitarbeitenden. Am besten durch Visualisierung der Situation mit Stempelfarbe, UV-Licht oder Oberflächentests. Nur wer das Warum versteht, macht keine Abkürzungen.

Sie lehren an der SHL Schweizerischen Hotelfachschule Luzern . Welches Hygienethema beschäftigt die angehenden Hoteliers besonders? 
Die Automatisierung von wiederkehrenden Aufgaben ist in den Klassen ein Dauerbrenner. Schaut man dann auf die Qualität der Reinigung, zeigt die Erfahrung meistens, dass nur gut geschulte Mitarbeitende mit dem notwendigen Sachverständnis die geforderte Sorgfalt an den Tag legen. Mit anderen Worten: Reinigungspläne, Desinfektionsmittel und modernste Technologien nützen nichts, wenn Grundkenntnisse der Zusammenhänge nicht vorhanden sind. In Schulung investierte Zeit ist daher bares Geld.

(Interview Riccarda Frei)


*HACCP: Diese Kürzung steht für Hazard Analysis and Critical Control Points. Unter diesem Begriff ist ein Hygienekonzept  in der Gastronomie und Lebensmittelbranche zu verstehen. Es hilft, potenzielle Gefahren für die Gesundheit zu erkennen und entsprechende Hygienekontrollpunkte abzuarbeiten.
 



Zur Person

Marianne Dubs ist Gründerin und Inhaberin der Alinnova GmbH in Luzern und Dozentin an der SHL Schweizerischen Hotelfachschule Luzern für die Fächer Hygiene, Deklaration, Hauswirtschaft und Ökologie.