Die «Chesa Grischuna» in Klosters/GR ist «Historisches Hotel 2020». Barbara Rios Guler erzählt, wie sie dieses Schmuckstück im Sinn ihrer Eltern weiterführt und wie sie im «Hollywood on the Rocks» aufwuchs.
Barbara Rios Guler, Ihre Eltern haben das «Chesa Grischuna» 1938 bauen lassen und 60 Jahre lang geführt. Unter Ihrer Leitung ist das Haus zum «Historischen Hotel des Jahres 2020» gekürt worden. Ist das Haus nicht zu jung, um historisch zu sein?
Barbara Rios Guler: Mit 81 Jahren ist die «Chesa Grischuna» das jüngste Hotel der Schweiz, das unter Denkmalschutz steht und den Titel Historisches Hotel des Jahres tragen darf. Dies, weil es ein Gesamtkunstwerk im Stil der späten Dreissigerjahre ist.
Ihr Hotel erhielt zudem erneut den World Ski Award in der Kategorie «Switzerland’s Best Ski Boutique Hotel». Was bedeuten Ihnen diese Preise?
Sie zeigen, dass unsere Anstrengungen, das Haus bis ins Detail originalgetreu zu bewahren, anerkannt und geschätzt werden.
Originalgetreu – ist das heute überhaupt noch möglich?
Es ist nicht einfach und braucht viel Fingerspitzengefühl. Wir beziehen bei Renovationen jeweils die Denkmalpflege ein und set-zen Neuerungen so um, dass man meint, sie wären immer schon da gewesen. Das gilt auch für Inventar, das ersetzt werden muss. Die Stühle, Sitzkissen und Vorhänge im Restaurant sind neu, aber genaue Kopien der ursprünglichen Einrichtung. Der Stararchitekt Hermann Schneider, der die «Chesa Grischuna» im Auftrag meines Vaters erbaute, entwarf das Dekor unseres Geschirrs und der Tischwäsche. Beides wird noch heute exklusiv für uns hergestellt. Das Geschirr bei Villeroy & Boch, die Tischwäsche bei der Leinenweberei Bern.
Solche Extraanfertigungen sind doch sicher kostspielig?
Das Erhalten des ursprünglichen Charmes der «Chesa Grischuna» ist uns das wert. Das Hotel ist wie ein Museum, in dem man den Zeitgeist erlebt, der seit 1938 hier herrscht.
Bis in die 1970er-Jahre war das Hotel der Treffpunkt der Filmstars. Wie war es für Sie, mit Promis aufzuwachsen?
Als Kind haben mich die berühmten Gäste nicht interessiert. Ich fand es lästig, wenn die Eltern uns Kinder an die Tische führten, um Gästen artig die Hand zu geben.
Wegen des grossen Staraufkommens wurde Ihr Hotel «Hollywood on the Rocks» genannt. Gibt es Stars, an die Sie sich besonders erinnern?
Gut erinnern kann ich mich an den Schauspieler und Tänzer Gene Kelly. Als ich etwa acht Jahre alt war und mit meinen Eltern zum Händeschütteln an seinen Tisch ging, erwiderte er meine Begrüssung spontan mit einem Handkuss. Dem ersten, den ich bekommen habe. Seine letzte Ehefrau sitzt übrigens gerade zwei Tische neben uns.
Als Teenager war ich auf die Schauspielerin Greta Garbo wütend. Ich hatte meinen Vater bekniet, dass er mit mir eine neue Hose kaufen geht. Dass nur wir zwei zusammen Zeit verbrachten, war ein spezieller Moment, denn das Familienleben kam immer zu kurz. Auf dem Weg zum Laden trafen wir Greta Garbo, die anbot, mich beim Kauf zu beraten. Ich hätte so gerne eine beigefarbene Hose gehabt, doch die Garbo fand, in Schwarz sei diese eleganter. Und so kaufte mir mein Vater die schwarze Hose.
War für Sie immer klar, dass Sie den elterlichen Betrieb übernehmen würden?
Nein, überhaupt nicht. Ich wollte nie ein Hotel führen, sondern ursprünglich einen künstlerischen Beruf ergreifen. Doch dann habe ich eine Ausbildung in der Reisebranche und dem Vater zuliebe, zwei Semester an der Ecole hôtelière de Lausanne absolviert. Später, als Mutter dreier Söhne, wollte ich Familienfrau sein, half aber bei meinen Eltern aus, wenn Not am Mann war.
Trotzdem leiten Sie nun seit 1997 die «Chesa Grischuna».
Nach dem Tod des Vaters führte meine Mutter das Hotel alleine weiter. Als sie verstarb, sprang ich vorübergehend für eine Saison als Geschäftsführerin ein. Allerdings nur unter der Bedingung, dass mich Marianne Randall-Hunziker, die bereits bei meinen Eltern tätig war, als gleichwertige Geschäftsführerin unterstützt. Aus dieser einen Saison sind mittlerweile 22 Jahre geworden.
(Interview Riccarda Frei)
Barbara Rios Guler verbrachte mehrere Jahre in Mexiko, war verheiratet und ist Mutter von drei Söhnen. In ihrer knappen Freizeit geht sie mit ihrem Hund spazieren und macht Yoga. Das Hotel Chesa Grischuna in Klosters ist eine Familien AG und wird von Barbara Rios Guler und Marianne Randall-Hunziker gemeinsam geführt. Im Hotel gibt es zwölf Zimmer, weitere elf Zimmer befinden sich in einem separaten Chalet. Die «Chesa Grischuna» hat ein Restaurant mit 100 Sitzplätzen, eine Bar mit 40 Plätzen, ein Säli mit 20 Plätzen und eine Kegelbahn mit zwei Bahnen. Im Sommer beschäftigt das Hotel 19 Mitarbeitende, in der Wintersaison 33.