Was simpel klingt, erfordert eine lange, minutiöse Planung. Und für jedes Gericht gibt es einen Plan B.
Vieles anders machen – vielleicht konsequenter als andere –, ist die Devise von Norman Hunziker. Der 24-jährige Koch ist Mitglied des skv, war während vier Jahren Teamchef der Junioren-Kochnationalmannschaft und arbeitet nun selbständig als Gastrounternehmer. Im Juni hat er in Biel-Bienne/BE sein eigenes Hotel mit Restaurant eröffnet, und Ende August kocht er an fünf Abenden auf dem Berchtoldshof in Bätterkinden/BE.
Regula und Christoph Jakob, die den Berchtoldshof führen, lernt Norman Hunziker 2017 an der Slow-Food-Messe kennen. Sie besuchen sich gegenseitig, und Hunziker ist begeistert von der Vielfalt auf Jakobs Hof. Dort leben neben 60 Zebus, einer weltweit verbreiteten Rinderrasse, die die Hitze sehr gut verträgt, zahlreiche andere Tiere. Ein weiteres Standbein von Regula und Christoph Jakob sind Saat- und Industriekartoffeln, die sie im grossen Stil anbauen. Nebenbei pflegen die beiden einen Kartoffelgarten mit über 50 zum Teil sehr alten und fast vergessenen Sorten. Zudem organisieren sie einen Pflanzkartoffelmarkt und eine «Härdöpfu-Stubete». Das inspirierte Norman Hunziker zum Projekt «Gourmet Farm».
«Ich wollte ein Gourmetmenü zubereiten, bei dem ich ausschliesslich Zutaten vom Berchtoldshof verwende», sagt Norman Hunziker. «Dabei habe ich sehr viel über die Landwirtschaft und die Produktion von Lebensmitteln gelernt.» So denkt er sich ein Dessert mit Himbeeren aus. Klar haben Jakobs Himbeeren, aber nur drei Stauden, und deren Ernte reicht nicht für 200 Personen. Deshalb schlagen Regula und Christoph Jakob Brombeeren vor, von denen sie reichlich haben. Konsequenterweise wird Norman Hunziker, der zwei Dessertbücher herausgegeben hat, nun eine Brombeerkreation servieren.
Gewisse Produkte brauchen einen langen Vorlauf. «Bei unserer Menübesprechung im November 2018 war es beispielsweise bereits zu spät, um noch Winterhafer zu sähen», erklärt Norman Hunziker. Vieles hängt vom Wetter ab. Der Frost vom 3. Mai schädigte die ersten 100 Blumenkohlsetzlinge. Ein zweiter Satz gedeiht recht gut, obwohl Sommerblumenkohl wegen Ungeziefer nicht so einfach zu ziehen ist. Radieschen sähen Jakobs gestaffelt ein, so dass Ende August 200 schön gereifte Radieschen zur Verfügung stehen. «Bis dahin kann noch viel passieren», orakelt Norman Hunziker. «Wenn eine der beiden Milchkühe erkranken sollte, wird es eng mit Milch für den Joghurt und Rahm für die Sauce. Deshalb habe ich für jedes Gericht mindestens einen Plan B.» Einfacher hat es der innovative Koch mit dem Fleisch. Damit dieses die richtige Reife hat, sind bereits ein paar Zebu-Rinder geschlachtet worden.
Kochen und braten wird Norman Hunziker auf Feuerringen. «Rauch und Röstaromen verleihen den Speisen Geschmack, denn Pfeffer und Gewürze gibt es auf dem Hof nicht und sind somit tabu. Zum Aromatisieren verwende ich zudem Gartenkräuter, selber hergestellte Essige und kalt gepresste Öle.»
Spannend wird die Getränkebegleitung. Denn Jakobs produzieren weder Wein, Bier noch Kaffee. Dafür gibt es Smoothies aus Beeren und Früchten, Cocktails mit Selbstgebranntem und sauren Most aus dem Fass.
Mittlerweile sind die Bauern und der Koch gute Freunde. Die Runde der Lieferanten wächst. Denn für sein Catering und das neue Restaurant verwendet er ausschliesslich Lebensmittel, die in der Schweiz wachsen.
(Gabriel Tinguely)
Vom Dienstag bis Samstag, 27. bis 31. August, serviert Norman Hunziker auf dem Berchtoldshof in Bätterkinden/BE jeweils für 40 Personen ein Gourmetmenü mit elf Gängen. Inklusive Getränken kostet das Menü 248 Franken pro Person. Am Dienstag und Samstag hat es noch einige freie Plätze. Anmeldung auf:
www.swiss-culinaire.ch