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«In vielen Betrieben fehlt das Leadership»

Wer gute Mitarbeitende langfristig halten möchte, muss erst selbst eine gute Führungsperson sein. Coach Adrian von Känel erklärt, worauf es in puncto Leadership ankommt.

Adrian von Känel hilft Organisationen bei deren Entwicklung. (ZVG)

Adrian von Känel, Management, Führung und Leadership – was ist eigentlich der Unterschied?
Beim Management geht es darum, das Tagesgeschäft eines Betriebs zu planen und Arbeitsabläufe so zu organisieren, dass das Geschäft rund läuft. Managende Führungspersonen definieren ihre Autorität über ihre Funktion. Führung oder Leadership hingegen beinhaltet, dass Vorgesetzte ihren Teams mit einer Vision eine längerfristige Perspektive zeigen, sie inspirieren und motivieren. Leader definieren sich über ihre Persönlichkeit und das Vorleben von Werten. Sie verstehen es, ihre Mitarbeitenden für eine Sache zu begeistern und echte Veränderungen sowie Herausforderungen gemeinsam anzugehen.

Was sind die grössten Fehler, die in Bezug auf die Mitarbeiterführung gemacht werden?
Für mich gibt es nur einen grossen Fehler: nicht existierendes Leadership. Die Tätigkeit von Vorgesetzten besteht zu oft aus Sitzungen und dem Gefühl, permanent das Tagesgeschäft managen zu müssen, obwohl sie dafür ja kompetente Mitarbeitende haben.

Wie lässt sich das ändern?
Indem man sich voller Überzeugung für Leadership entscheidet. Dabei kann man keinen Fehler machen. Denn was kann daran falsch sein, sich mit seinem Team über längerfristige Ausrichtung zu unterhalten, gelebte Werte für die Zusammenarbeit anzusprechen und so die Kultur des Unternehmens zu entwickeln? Es mag sein, dass sich eine Führungsperson zu Beginn eines solchen Prozesses unsicher fühlt. Das ist völlig okay; genauso, wie sich von einem Profi auf diesem Weg beglei-ten und unterstützen zu lassen.

Welches sind die Hauptfehler, die beim Mitarbeitermanagement gemacht werden?
Oft fehlen die Strukturen. Prozesse sind nicht definiert, es gibt keine klaren Aussagen zu den Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen sind nicht gere-gelt. Das kann zu Reibereien und Konflikten führen, da man unterschiedliche Erwartungen aneinander stellt. Ein weiteres Problem ist das fehlende Grundvertrauen. Als Leader muss man das Bewusstsein entwickeln, dass man in seinem Team auf ein unglaubliches Potenzial an Kreativität, Erfahrung, Fachwissen und Ideenreichtum zurückgreifen kann. Dieses Potenzial muss man aktivieren, pflegen und wertschätzen.

Früher wurde sehr hierarchisch, ja diktatorisch geführt. Welche Führungsstile werden künftig erfolgreich sein?
Die Herausforderung wird auch in Zukunft sein, den Führungsstil der jeweiligen Situation anzupassen. Es gibt Momente wie etwa Krisensituationen, in denen sofort klare Anweisungen nötig sind. Insgesamt aber braucht es eine ausgewogene Mischung an Management und Führung. Ich erachte das Mindset, die innere Haltung einer Führungskraft, als entscheidend. Erfolg haben wird der Chef, der eine positive, ausgeglichene Persönlichkeit ist, die mit Besonnenheit ihr Team fordert und fördert, es wertschätzt und sich selbst regelmässig reflektiert, um sich weiterzuentwickeln.

«Führung ist definitiv ein Element, das beeinflusst, ob Junge im Gastgewerbe bleiben oder es verlassen.»


Es gibt Betriebe, die auf Vorgesetzte verzichten. Kann das langfristig funktionieren?
Die Praxis zeigt, dass solche sich selbst organisierenden Systeme durchaus funktionieren. Spontan kommt mir «Buurtzorg» in den Sinn, eine Spitex-Organisation aus den Niederlanden mit rund 9000 Pflegekräften. Seit 2006 arbeiten diese in Teams mit etwa zehn Mitarbeitenden ohne Teamleitung. Ich denke, dass es bei solchen Konzepten besonders wichtig ist, klare Strukturen sowie ein gemeinsames, gelebtes Werteverständnis zu haben.

Etwa ein Drittel der jungen Berufsleute verlässt die Gastronomie nach der Lehre. Ein weiteres Drittel wandert etwa fünf Jahre später ab. Könnte man diese Abgänge durch eine Veränderung des Führungsstils mindern?
Führung ist definitiv ein Element, das Einfluss auf die Abwanderung der Mitarbeitenden hat. Führungskräfte sollten sich ihrer Verantwortung bewusst sein und Begeisterung für die schönen Seiten dieser Branche vermitteln. Ein weiterer Punkt kann das Bedürfnis nach mehr Wertschätzung  sein – von Chefs, Mitarbeitenden und Gästen. Leader sollten sich überlegen: Wie stelle ich sicher, dass alle Mitarbeitenden die positiven Feedbacks, die sie betreffen, auch erhalten? Besonders auch jene ohne direkten Kontakt zu den Gästen.

(Interview Riccarda Frei)


Zur Person

Adrian von Känel ist diplomierter Coach in Organisationen und hat langjährige Führungserfahrung als Mitglied der Geschäftsleitung in der Hirslanden Klinik Aarau. Seit 2017 ist er Mitglied des Berufsverbands Hotel Administration & Management Schweiz. Seine Freizeit verbringt er am liebsten mit seiner Familie, mit Kochen, Lesen und Reisen.

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