In der Branche ist immer wieder die Rede von gleich langen Spiessen für alle Gastronomieanbieter. Was heisst das konkret? Wo liegen die Unterschiede? Eine Übersicht zu den Vorschriften in den einzelnen Kantonen.
Seit zwei Jahren sind die Gmüesler auf dem Basler Marktplatz nicht mehr unter sich. Zumindest jeden Montag ist das so. Dann stellen nämlich neben den regulären Marktstandbetreibern rund zehn Food-Truck-Anbieter ihre Wagen auf dem Platz auf. Sie verkaufen mit dem Segen der Regierung Würstchen, Piadina, Burger und andere Snacks. Von Beginn weg sorgte der neue Schlemmermarkt bei den alteingesessenen Basler Gastronomen für Unmut – und tut es bis heute.
Vor ein paar Monaten suchte die Allmendverwaltung des Basler Tiefbauamts zudem per Ausschreibung im Kantonsblatt eine Person oder eine Organisation, die ab diesem Frühling an verschiedenen neuen Standorten Food Trucks betreiben würde. Die hiesige Gastronomieszene wunderte sich ob dieses Aufrufs. Und Stephan Schiesser, LDP-Grossrat und Betreiber des Traditionskaffeehauses Schiesser am Marktplatz, reichte eine Interpellation ein, die nach dem Grund des staatlichen Eingreifens fragte. Maurus Ebneter, Präsident des Basler Wirteverbands, sagt dazu: «Wir begrüssen neue Angebote und Start-ups.»
Neue Gastronomieformen würden eine wünschenswerte Angebotsvielfalt ergeben, so Ebneter. Zudem habe der Wirteverband selber Mitglieder, die Food Trucks betreiben würden. Die Ausschreibung durch die Allmendverwaltung untergrabe jedoch klar die Forderung der Wirte nach gleich langen Spiessen für alle Anbieter. Ein Ruf, der regelmässig zu hören ist und immer dann benutzt wird, wenn sich die Gastronomen unfair behandelt fühlen. Nicht nur in Basel, auch in anderen Städten fühlen sich die Restaurateure ob der immer zahlreicher werdenden Gastronomieformen bedrängt. In Bern sorgen die zunehmenden Buvetten für Stirnrunzeln. Auch an den vielen Pop-up-Betrieben haben klassische Restaurants in der Bundeshauptstadt wenig Freude.
Zeit für die HGZ, sich um die verschiedenen Bestimmungen und Anforderungen in den 26 Kantonen zu kümmern. Beginnen wir mit dem, was überall gleich ist, nämlich alles, was auf Bundesebene geregelt wird. Die Deklaration von Lebensmitteln sowie die Hygienevorschriften sind für alle Betriebsformen identisch – egal, ob es sich um ein Take-away, Café oder Speiserestaurant handelt. Einzig bei nicht ortsfesten Einrichtungen wie Marktständen, Verkaufszelten oder -fahrzeugen gibt es Erleichterungen, was die baulichen Belange, nicht aber die hygienischen Voraussetzungen betrifft.
Das Schweizer Lebensmittelrecht funktioniert nach dem Prinzip der Selbstkontrolle. Das heisst, dass jeder Gastronom für die Einhaltung der Lebensmittelvorschriften im eigenen Betrieb verantwortlich ist. Grundsätzlich kann jeder Gastronom für sich entscheiden, wie die Selbstkontrolle, also Qualitätssicherung, aufgebaut werden soll. Die Behörden kontrollieren primär, ob sich die Betriebe an ihr System halten und ob es in der Praxis funktioniert.*
Doch welche Unterschiede gibt es zwischen der klassischen Gastronomie, den Food Trucks, Take-aways und Pop-ups? Denn eigentlich ist doch meist hier die Ursache zu finden, weshalb sich konventionelle Wirte gegenüber anderen Anbietern nicht gleichwertig behandelt fühlen.
Die Antwort von Christian Wagner vom Interkantonalen Labor in Schaffhausen steht stellvertretend für zahlreiche Kantone, bei denen es gleich ist: «Wir erfassen die Betriebsformen klassische Gastronomie, Take-away, Food Truck oder Pop-up nicht gesondert.» Zwar seien die Anforderungen für alle Betriebe gleich, aber nicht alle brauchen eine Bewilligung wie zum Beispiel Take- aways ohne Alkoholverkauf.
Anders ist das zum Beispiel im Kanton Luzern, wo Urs Renggli, Chef Gastgewerbe und Gewerbe- polizei, die genaue Zahl an Verpflegungsständen, regulären Restaurationsbetrieben und solchen mit Einschränkungen wie Vereinslokalen oder Saisonbetrieben angeben kann.
-Ein klassischer Restaurationsbetriebe muss sämtliche gesetzlichen räumlichtechnischen Bedingungen und Auflagen erfüllen (Toilettenanlagen: mindestens ein Pissoir und mindestens ein rollstuhlgängiges Klosett, rollstuhlgängiger Zugang, mechanische Zu- und Abluftanlage).
- Ein Takeaway darf maximal 25 Quadratmeter nutzbare Fläche haben, benötigt lediglich eine Gästetoilette und eine Abluftanlage im Kochbereich. Der Zugang muss nicht zwingend rollstuhlgängig sein. Wenn der Betrieb alkoholfrei ist, muss die verantwortliche Person keinen Fähigkeitsausweis haben.
- Foodtrucks benötigen keine gastgewerbliche Bewilligung, wenn sie keine Konsumation vor Ort anbieten und keine alkoholischen Getränke abgeben. Die Esswaren müssen in Gebinden verpackt zum Mitnehmen sein. Diese Betriebe müssen sich an die Ladenöffnungszeiten halten.
- Popups benötigen lediglich eine Bewilligung für einen Einzelanlass. Diese beschränkt sich auf maximal 24 Anlässe pro Jahr. Toiletten müssen vorhanden sein. Rollstuhlgängig ist nicht zwingend nötig. Eine Person mit Wirteprüfung ist erforderlich.
Eine Institution, die sich gut mit den kantonalen Gegebenheiten auskennt, ist die Schweizer Gastronomiefernschule in Bern: «Die kantonalen Anforderungen haben sich in den letzten Jahren immer wieder geändert», sagt Mario Widmer. Vor allem, ob es ein Wirtepatent brauche oder nicht. So sei in Solothurn nach der Abschaffung die Patentpflicht wieder eingeführt worden.
(Ruth Marending)
*In der HGZ 10 wird ein Artikel zu der neuen Hygieneleitlinie erscheinen.
Quelle Tabelle: Schweizer Gastronomiefernschule, Bern.