«Politik? Im Cercle geht es um den Beruf!»

Der Cercle des Chefs de Cuisine Berne (CCCB) kennt keinen Mitgliederschwund. Warum das so ist, erklärt Präsident Beat Weibel.

  • Mischt sich ein und engagiert sich für die Jungen im Beruf. Beat Weibel, seit zehn Jahren Präsident der mitgliederstärksten Küchenchefvereinigung. ( Bilder ZVG)
  • Historische Aufnahme aus dem Jahr 1922. Die Gründerväter des Berner Cercles: (v. l. hinten) Ernst Kohler, Fritz Krumm, (vorne) Adolf Imer, Adolf Schild, Charles Pfister-Storck und Heinrich Duthaler.

Beat Weibel, das Berner Regionalteam ist als Vize­weltmeister zurück aus Luxemburg. Wie stolz ist der Präsident des Cercle des Chefs de Cuisine Berne?
Sehr, sehr stolz! Ich war an den Probeläufen und auch in Luxemburg dabei und wusste, was sie draufhaben. Mich hat vor allem beeindruckt, wie es dem Team gelang, erfahrene und junge, noch unerfahrene Köche zu einer Einheit zusammenzuschweissen. Wir haben bewusst 18 Berufsleute mit an die WM genommen, damit möglichst viele vom Wettbewerb profitieren können.

Sechs von sieben Teams schafften es an der WM aufs Podest. Wie ordnen Sie diesen Triumph ein?
Für mich ist das ein Meilenstein in der Schweizer Kochkunstgeschichte. Ich denke, das Mentaltraining war vor allem bei den Nationalteams mitentscheidend.

Das gab es 2007 sicher noch nicht, als Sie mit der Nati in Chicago Weltmeister wurden?
Doch! Wir waren bei den Probeläufen immer besser als an Wettbewerben. Darum haben wir uns damals gesagt, dass das geändert werden muss. Wir haben einen Mentalcoach ins Boot geholt, der uns die zehn Prozent, die uns noch fehlten, gebracht hat.

Damals gab es noch einen Wettbewerb der Regionalteams, der entschied, wer die Nationalmannschaft stellt. Mittlerweile ist das anders.
Richtig. Dazumal hat der Kochverband die beste Regionalequipe zur Nati gemacht. Das war über viele Jahre gut, aber es fand kein langfristiger Aufbau mit Wissenstransfer statt. Jetzt ist das möglich. Der Nachteil allerdings ist, dass man die besten Cracks aus den Regionalteams abzieht. Diese wiederum müssen neue Mitglieder rekrutieren, was sehr aufwendig ist und die Regionalkochkunstequipen nicht unbedingt glücklich macht. Aber klar, die besten Köche müssen in die Nati. Und der Erfolg jetzt in Luxemburg gibt dem Schweizer Kochverband mit seinem Rekrutierungssystem ja recht.

Themawechsel. Vor wenigen Wochen feierte der Berner Cercle mit einem grossen Festakt im Berner Kursaal sein 100-Jahr-Bestehen. Welches Fazit ziehen Sie?
Es waren über 400 Mitglieder und Gäste dabei, darunter Bundesrat Guy Parmelin. Das Feedback war super. Der Kraftakt im Vorfeld hat sich gelohnt. Natürlich kann man immer etwas verbessern.

Viele Vereine verlieren Mit­glieder. Nicht so der Berner Cercle, der im Vergleich zu anderen Küchenchefvereinigungen stolze 420 Köchinnen und Köche zählt. Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihres Cercles?
In den zehn Jahren, in denen ich Präsident des Berner Cercles bin, fand ein Generationenwechsel statt. Ich habe von Anfang an geschaut, dass wir attraktiver für die Jungen werden. Jahr für Jahr nehmen wir zehn bis zwölf Neumitglieder auf. Und das trotz einiger Hürden. So muss man diplomierter Küchen­chef sein und zwei anerkannte Götti haben.

Was macht den Berner Cercle so attraktiv?
Ich denke, es ist der Mix aus erfahrenen und jungen, aufstrebenden Berufsleuten. Bei uns geht es um den Beruf, um Weiterbildung und um die Förderung unserer Cercle-Gemeinschaft. Und nicht um Politik und die Verteilung von Posten in Kommissionen.

Lassen Sie uns doch über Branchenpolitik reden. Was muss in Sachen Fachkräftemangel angepackt werden?
Das Problem hätte schon viel früher angegangen werden müssen. Die Corona-Pandemie hat die Situation nur noch verschärft. Ich denke, wir müssen die Attraktivität unserer Berufe erhöhen durch zum Beispiel neue Arbeitszeitmodelle und durch höhere, transparente Löhne. Was unserer Branche auch fehlt, ist der Mut, für unsere Leistung mehr von den Gästen einzufordern. Wer mit seinem Auto in die Garage fährt, fragt ja auch nicht nach den Servicekosten.

Mit anderen Worten: Die gesamte Gastronomieleistung muss von den Gästen finanziell höher honoriert werden.
Hundert Prozent einverstanden. Das bedingt aber auch, dass wir unsere Hausaufgaben machen. Die Qualität auf dem Teller muss stimmen.

Seit zehn Jahren steigen immer weniger Junge in die Gastro­nomie ein. Wie wird der Kochberuf wieder attraktiver?
Der Berner Cercle und ich sind dabei, ein Modell von qualifizierten Lehrbetrieben aufzubauen. Wir suchen 20 Lehrbetriebe, vom Fünf-Sterne-Haus bis zum Personalrestaurant, die mit uns die Grundbildung der Jungen verbessern. Häufig sind Ausbildner überfordert. Wir wollen ihnen Hand bieten und sie bei der Ausbildung der Jungen unterstützen. Die Ausbildung ist der Schlüssel. Wir müssen ihr wieder viel mehr Aufmerksamkeit widmen, damit die Arbeitsbedingungen attraktiver werden.

Der Berner Cercle feiert sein 100-Jahr-Jubiläum mit Events bis weit ins nächste Jahr hinein. Gibt es denn auch was für den Nachwuchs?
Ja. Am 20. März 2023 laden wir 100 begabte und interessierte Lernende zu einem CCCB-Workshop ein, um ihnen zu zeigen, dass sich Investitionen in die Weiterbildung lohnen. Zudem findet am 19. August ein Kinder-Kochevent im Bernapark in Stettlen/BE statt.

Sie persönlich sind voller Ideen und Tatendrang. Heisst das, dass Sie nach zehn Jahren Präsidentschaft zehn weitere folgen lassen?
Nein. Ich will den jungen Vorstandsmitgliedern nicht im Weg stehen. Aber zuerst konzentriere ich mich auf unser Jubiläumsprogramm. Alles andere kommt dann später.

(Interview Jörg Ruppelt)


Zur Person

Beat Weibel (58) ist seit 2012 ehrenamtlicher Präsident des Cercle des Chefs de Cuisine Berne und arbeitet seit drei Jahren als Leiter Hotellerie im Burgerspittel im Viererfeld in Bern. Sein grösster Erfolg als Kochkünstler ist der Welt­meistertitel mit der Kochnati 2007 in Chicago (USA).


Mehr Informationen unter:

cccb.ch