Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

Qualifikationsverfahren: von Freude bis Frust

Corona stellt alles auf den Kopf – auch die Lehrabschlüsse. Wie die Qualifikationsverfahren 2020 in der Branche organisiert sind, erklären die Geschäftsführer der Verbände. Nicht alle sind mit dem Ablauf glücklich.

  • Die Geschäftsführer der Verbände erklären, wie die Qualifikationsverfahren 2020 in der Branche organisiert sind. (Bilder ZVG)
  • Jordan Kestle, Geschäftsführer Berufsverband Hotel, Administration Management bvham.
  • Elvira Schwegler, Geschäftsführerin Berufsverband, Hotellerie-Hauswirtschaft bvhh.
  • Christoph Muggli, Präsident Berufsverband Restauration bvr.
  • David Affentranger, Geschäftsführer Schweizer Bäckerei- und Konditorei-Personal-Verband sbkpv.
  • Reto Walther, Geschäftsführer Schweizer Kochverband skv.

Jordan Kestle
Geschäftsführer Berufsverband Hotel 
Administration Management  bvham

«Kaufleute HGT legen keine mündlichen und schriftlichen Prüfungen ab. Die betriebliche Erfahrungsnote setzt sich aus sechs Arbeits- und Lernsituationen, zwei Prozesseinheiten oder alternativ aus zwei ÜK-Kompetenznachweisen zusammen. Während die angehenden Hotel-Kommunikationsfachleute (Hoko) eine leicht veränderte betriebliche Abschlussprüfung absolvieren. Diese findet ohne geladene Gäste statt, um die Gesundheitsvorschriften sicherzustellen. Die Tatsache, dass die QVs überhaupt stattfinden können, ist nur dank der gut koordinierten Zusammenarbeit der beteiligten Akteure und Träger der einzelnen Berufe möglich. Aufgrund der kurzen Fristen war eine schnelle Konsensbildung essenziell. Ich freue mich, dass die Lernenden trotz
ungewöhnlicher Umstände ihren verdienten Lehrabschluss machen und eidgenössische Fähigkeitszeugnisse (EFZ) erwerben können. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die Ausbildungs- und Prüfungsbranche HGT (Kaufmann/Kauffrau HGT) sowie die Hotel & Gastro Formation Schweiz (Hoko) für das schnelle Handeln.»


Elvira Schwegler
Geschäftsführerin Berufsverband 
Hotellerie-Hauswirtschaft bvhh

«Im Berufsfeld des bvhh finden die Qualifikationsverfahren für Hotelfachfrauen/Hotelfachmänner EFZ und Hotellerieangestellte EBA nach einem vorgegebenen Raster statt, das von den Berufsbildnerinnen ausgefüllt wird. Die Qualifikationsverfahren für Fachfrau/Fachmann Hauswirtschaft EFZ und Hauswirtschaftspraktiker EBA finden in verkürzten Sammelprüfungen statt. Ausnahme: In den Kantonen Tessin, Waadt und Zürich finden die Prüfungen nach einem vorgegebenen Raster statt, welches von den Berufsbildnerinnen ausgefüllt wird. Ich befürworte Sammelprüfungen, denn unsere Berufe beinhalten vorwiegend praktische Bereiche. Die Jugendlichen haben mit der Prüfung die Chance, erstmals ihr handwerkliches Können in einem Qualifikationsverfahren zu zeigen. Das Bestehen des Qualifikationsverfahrens in ihrem Beruf löst ein gutes Gefühl aus, das sie mitnehmen für ihre weitere berufliche Karriere. Mit der Bewertung durch den Berufsbildner besteht die Gefahr, dass stärker arbeitsplatzorientiert benotet wird und nicht – wie die Grundbildung – arbeitsmarktorientiert. Mit einer Prüfung, die gleich ist in der Schweiz, ist die Benotung der Arbeitsmarktorientierung fairer. Sie erlaubt auch dem zukünftigen Arbeitgeber, eine vergleichbare Beurteilung zu machen.»


Christoph Muggli
Präsident Berufsverband Restauration bvr

«In allen Berufen der Restauration finden keine Prüfungen statt. Wir vom Vorstand und viele Mitglieder sind schwer enttäuscht. Gerade die Lernenden melden, dass sie sehr gerne ihr Wissen und ihre praktischen Fähigkeiten unter Beweis gestellt hätten. Ich durfte in einer Task Force der HGF mitwirken. Alle Beteiligten waren sich in der Diskussion einig, dass wir den Gästeservice durch ein Fachgespräch mit praktischen Elementen ersetzen sollen. Die hygienischen Bestimmungen des Bundesamts für Gesundheit wären optimal umsetzbar gewesen. Anscheinend musste man dann aus politischen Gründen jeweils zwei Varianten einreichen. Weshalb die Variante 3b, Bewertung durch Ausbildner, vorgezogen wurde, weiss ich nicht. Ich bin überzeugt, dass die Subkommissionen der Prüfungskommissionen in den Kantonen alles geben werden, damit die Beurteilungen fair laufen. Für die Zukunft müssen jedoch alle Beteiligten das Vorgehen aufarbeiten. Zu wenig oder gar nicht wurde auf uns Profis eingegangen.»


David Affentranger
Geschäftsführer Schweizer Bäckerei- und Konditorei-Personal-Verband sbkpv

«In der Bäcker-Confiseur-Branche gibt es drei Lehren. Zum einen sind das die Berufe Bäcker(in) und Konditor(in)/Confiseur(in) beider Fachrichtungen sowie der Beruf Detailhandelsassistent(in). Bei den Berufen Bäcker(in)-Konditor(in)-Confiseur(in) beider Fachrichtungen finden die praktischen Prüfungen unter erhöhten Verhaltens- und Hygienemassnahmen wie gewohnt statt. Das theoretische QV wurde zugunsten einer Erfahrungsnote gestrichen. Die theoretische und praktische Prüfung Detailhandel ist abgesagt. Anstelle einer schriftlichen und mündlichen Prüfung wird eine Erfahrungsnote eingesetzt. Statt der praktischen Note kommt die Beurteilung des Lehrbetriebes zum Tragen. Während das Bäcker-Konditor-Confiseur-QV das erste vom SBFI bewilligte QV war, ist jenes des Detailhandels noch nicht abschliessend bewilligt. Ich bin überzeugt, dass die getroffenen Massnahmen richtig sind 
und für die Absolventinnen und Absolventen keinen Nachteil mit sich bringen. Klar ist es schade, dass es im Bereich Detailhandel keine praktischen Prüfungen gibt. Aber in Anbetracht der Vielfalt des Detailhandels ist es auch verständlich.»


Reto Walther
Geschäftsführer Schweizer Kochverband skv

«Die Qualifikationsbereiche Allgemeinbildung und Berufskunde werden bei angehenden Köchen nicht geprüft. Der Qualifikationsbereich Praktische Arbeit sieht folgendermassen aus: Küchenangestellte/Küchenangestellter EBA: praktische Prüfung wie immer. Köchin/Koch EFZ und Diätköchin und Diätkoch EFZ: praktische Prüfung in einer verkürzten Form, so dass es möglich ist, zwei Durchgänge pro Tag mit jeweils halb so vielen Kandidaten durchzuführen. Dies ermöglicht die Durchführung in der gleichen Gesamtdauer, wenn die Schulen wieder offen sind. Persönlich halte ich die gewählte Variante für den richtigen Entscheid. Der skv wurde in die Antragsstellung an den Bund miteinbezogen. Unser Anliegen war es, den Lernenden die Möglichkeit zu geben, in diesem Jahr überhaupt einen Abschluss zu machen. Es geht dabei auch um Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Dafür hat die praktische Abschlussprüfung, nebst der eigentlichen Note, auch eine gewisse Symbolkraft. Sich einer Prüfung zu stellen, gehört zu den täglichen Herausforderungen einer Köchin oder eines Kochs. Ich bin überzeugt, dass unsere Lernenden unter diesen aussergewöhnlichen Umständen ihr Bestes geben werden und das Qualifikationsverfahren erfolgreich abschliessen.» 

(Jörg Ruppelt)