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«Wir könnten viel teurer verkaufen»

Jahr für Jahr bringt Martin Donatsch Top-Weine auf den Markt. Doch wie gestaltet der Winzer aus der Bündner Herrschaft seine Preise? Und wie geht er mit Neid um?

Pinot Noir, Chardonnay, Completer: Martin Donatschs Weine sind begehrt. (ZVG)

Hotellerie Gastronomie Zeitung: Ihre Weine gehören zu den besten der Schweiz. Wo entsteht grosser Wein: im Rebberg oder im Keller?
Martin Donatsch: Ich unterscheide zwischen guten und grossen Weinen. Der Markt ist voll mit guten Weinen. Sie kann man im Keller herstellen. Grosse Weine (hier geht's zu den Donatsch-Weinen) aber entstehen im Rebberg, nie im Keller. Die Lage, das Klima, die Böden und die Arbeit im Rebberg sind entscheidend.

2018 war das Wetter perfekt. 2017 war unter anderem wegen des Frostes ein schwieriges Jahr. Was bedeutet dies für Ihre Arbeit?
2018 waren die Trauben sensationell. Grosse Erträge, keinerlei Fäulnis und grandiose Qualitäten. Das macht es für mich einfach. Dank der technischen Möglichkeiten und des erlernten Know-how können wir heute aber auch in schlechteren Jahren schöne Weine herausbringen. Aber Korrekturen und Schönungen, die wir anbringen müssen, sehe ich nicht als positiv an. Es ist wie beim Kochen: Hast du eine wunderschöne, frische Seezunge, braucht es vielleicht noch ein wenig Butter oder Olivenöl, Salz und Pfeffer – das gibt ein herrliches Gericht. Wenn die Seezunge aber schon stinkt, kann die beste Sauce vielleicht noch etwas kaschieren, aber richtig gut wird das Gericht nicht.

Das Ansehen der Bündner Herrschaft ist zuletzt gestiegen, weil mittlerweile viele Winzer in der Region Top-Weine produzieren. Die Nach­frage steigt – können Sie Ihren Betrieb noch vergrössern?
Viele Winzer versuchen, neue Parzellen dazuzukaufen. Ich will das nicht. Mir ist es wichtig, selbst noch genügend Zeit in den Reben zu verbringen. Meine schwarzen Fingernägel vom Terroir im Rebberg gehören genauso zu meinem Job wie Weinanlässe im Smoking. Ich kenne jeden Rebstock im Wingert und fast jeden Kunden persönlich. Jede einzelne Weinflasche lag in meiner Hand. Ich liebe die Vielseitigkeit meines Berufs. Würden wir grösser werden, müss- te ich gewisse Bereiche abgeben.

Wie gestalten Sie die Preise Ihrer Weine?
Nicht nach Angebot und Nachfrage. Da sich andere Winzer teils an uns orientierten, blieben wir früher stets zurückhaltend. Wir wollten nicht, dass die Preise explodieren. Daran sind schon viele Regionen gescheitert. Mittlerweile haben wir die Preise etwas erhöht. Der «Tradition» kostet 22, der «Passion» 36, der «Unique» 64 Franken. Ob Chardonnay oder Pinot Noir. So decken wir drei Preisklassen ab. Stets im Rahmen, fair für Kunden und Winzer.

Ihre Weine sind gesucht. Sie könnten sie teurer verkaufen.
Viel teurer. Aber ich bin nicht stolz darauf, wenn ich sagen kann: Wir verkaufen den teuersten Wein der Schweiz. Ich bin dann stolz, wenn ich sagen kann: Wir haben eines der besten Preis-Leistungs-Verhältnisse. Wir haben auch keine Rabatte oder Aktionen. Bei uns ist jeder Kunde gleich. Viele andere machen Staffelpreise. Das gibt’s bei uns nicht. Ich könnte am Abend nicht in den Spiegel schauen, wenn ich jedem einen anderen Preis machen würde.  

Und wie sieht es mit dem Export aus?
Der grösste Teil unserer Weine bleibt in der Schweiz, 75 % gehen in die Gastronomie. Wir haben aber immer mehr Anfragen aus dem Ausland. Mittlerweile exportieren wir 5 % unserer Weine an ausgesuchte Händler und Gastronomen. Mehr wollen wir nicht exportieren, da wir selbst in der Schweiz Wartelisten haben und unsere treue Stammkundschaft immer Priorität haben wird.

Mit wem tauschen Sie sich aus?
Innerhalb der Herrschaft haben wir die Vinotiv-Gruppe, bestehend aus zwölf Winzerinnen und Winzern. Wir tauschen uns sehr rege aus. Ebenso mit den Kollegen der Schweizer Vereinigung Mémoire des Vins Suisses. Zudem sind wir mit ausländischen Winzern eng in Kontakt.

Welchen Herrschäftler – von ihren eigenen abgesehen – haben Sie zuletzt getrunken?
Das war im «Rössli» in Bad Ragaz. Erst den Completer 2015 von Thomas Studach, dann Roman Hermanns genialen Pinot Noir Grand Maître 2013. Zwei Top-Winzer und Kollegen, die sehr offen sind. Leider ist das nicht bei allen so.

Spüren Sie Neid?
Ja, aber ich kann ihn nicht verstehen. Ich freue mich für jeden anderen Winzer, der bei einer Degustation siegt oder einen Preis gewinnt. Da gratuliere ich gerne. Denn ich finde es genial, wenn die Herrschaft einen guten Namen hat. Einmal ist der eine vorne, das andere Mal der andere. Wichtig ist, dass die Bündner Herrschaft immer vorne mitmischt. Werbung ist es jedes Mal für die ganze Region. Viele verstehen das nicht, der Neid innerhalb der Bündner Herrschaft ist leider schon gross.

Woran merken Sie das?
Etwa wenn Gäste meinen Keller besuchen und sie davor schon bei mehreren anderen Winzern in der Umgebung waren. Dann sage ich: «Über die Region muss ich euch wohl nichts mehr erzählen, das haben die vorher bestimmt schon getan.» Aber die Leute wissen meist noch nichts, weil jeder Winzer nur über seine Weine redet. Dabei kann eine Region nur dank mehrerer guter Winzer stark sein. Einer alleine kann es nicht richten.

(Interview Benny Epstein)