Was wäre eine Wanderung ohne das Einkehren zum Mittagessen oder den Zwischenstopp für ein eisgekühltes Getränk. Hinter vielen Schweizer Ausflugs- und Landbeizen stecken Gastgeber mit Leidenschaft. Sie spüren veränderte Gewohnheiten der Gäste und Schlechtwetterperioden besonders. So gehen sie damit um.
Sie überzeugen oft mit unschlagbaren Panorama-Aussichten. Sie liegen an beliebten Wanderrouten, an Bergbahnstationen oder gut erreichbar am Dorfrand. Und sie bieten eine währschafte Küche und gemütliche Räume. Ausflugsrestaurants, Landgasthöfe und Bergbeizen sind aus der Gastronomie-Landschaft der Schweiz nicht wegzudenken. Und doch haben viele Mühe, sich über Wasser zu halten. Personalmangel, hohe Waren- und Energiekosten, aber auch Wetterkapriolen stellen die Betreiber der Restaurants und Gasthäuser vor Herausforderungen.
Konkursmeldungen und Betriebsschliessungen sind in der Kategorie der Landbeizen und Ausflugsrestaurants keine Seltenheit. So schloss zum Beispiel das Pächterpaar des Bergrestaurants Ottenleuebad/ Be diesen Frühling die Türen. Nachdem bereits der vorherige Pächter im Sommer 2023 aufgegeben hatte, mussten auch sie den Betrieb aus wirtschaftlichen Gründen wieder schliessen. Gerade bei schlechtem Wetter und in den Wintermonaten seien die Gäste zu häufig ferngeblieben, erklärten sie gegenüber verschiedenen Regionalmedien.
Die Pächter des Restaurants Ottenleuebad sind nicht die einzigen, die in den letzten Monaten aufgeben mussten. Auch im Restaurant Hillz auf dem Zürcher Uetliberg und im Emmentaler Landgasthof Lueg löschten die Lichter. Jüngst sorgte auch das Ausflugsrestaurant Rosinli im Zürcher Oberland nach einem Konkurs des Pächters für Schlagzeilen. Mittlerweile läuft der Betrieb aber unter neuer Führung weiter. Zu den Gründen für die Betriebsaufgaben gehören nebst der starken Wetterabhängigkeit auch gestiegene Stromkosten und der Fachkräftemangel. Dieser ist auf dem Land, in abgelegenen Gebieten, oft ausgeprägter.
Die Hotellerie Gastronomie Zeitung hat bei sechs Ausflugsrestaurants nachgefragt, wie sie mit den heutigen Herausforderungen umgehen. Und mit welchem Angebot sie sich erfolgreich positioniert haben. Auch sie spüren die gesellschaftlichen Entwicklungen und stellen ein verändertes Gästeverhalten fest. Sonja Blaser vom Bergrestaurant Roggen in Oensingen/ So und David Cairoli vom Restaurant Säge in Rothenfluh/Bl berichten zum Beispiel, dass die Gäste es heute häufiger eilig haben und einen speditiven Service wünschen. Dazu komme eine höhere Komplexität angesichts vielfältiger Kostformen, Allergien und Intoleranzen. «Auch grössere Gesellschaften möchten heute kein einheitliches Menü mehr vorbestellen, sondern essen am liebsten à la carte», so Sonja Blaser. Das stellt auch Thomas Manser fest, Gastgeber im Restaurant St. Anton in Oberegg/Ai: «Viele Gäste machen sich leider keine Gedanken darüber, dass auch ein Gastronomiebetrieb nicht immer in der Lage ist, spontan auf Gästebedürfnisse einzugehen.»
Gruppenbuchungen brächten weitere Herausforderungen mit sich, ein grosses Problem seien kurzfristige Absagen: «Bei uns kommt es immer wieder vor, dass beispielsweise 75 Personen angemeldet sind, am Schluss aber nur 65 erscheinen», so Manser. Den Organisatorinnen von Gruppenreisen oder Anlässen sei nicht bewusst, was dies für einen Gastronomiebetrieb bedeutet.
Trotz dieser Herausforderungen blicken die vorgestellten Betriebe positiv in die Zukunft. Die Menschen dahinter sind innovativ, zuversichtlich und vor allem mit Freude Gastgeber.
(Alice Guldimann)
Bergrestaurant zum Roggen Oensingen/SO
Oberhalb des Dorfes Oensingen thront der Roggen. Das gleichnamige Bergrestaurant betreibt seit Mai 2022 die Familie Blaser mit viel Freude am Gastgebersein. Bei schönem Wetter bietet die Lage ein einzigartiges Alpenpanorama. 25 Voll- und Teilzeitmitarbeitende versorgen die Gäste an fünf Tagen pro Woche. Der Betrieb spricht Ausflügler, Wanderer und Biker gleichermassen an wie Geniesser und Geschäftsleute. Auf der Speisekarte stehen saisonale und regionale Gerichte. Zu den Rennern gehören laut Gastgeber Martin Blaser Älpler-Rösti oder Kalbs-Cordonbleu, aber auch das Roggenpfändli – Schweinsfilet im Speckmantel – sei äusserst beliebt. Im Weinkeller des Bergrestaurants finden sich ausschliesslich Schweizer Weine.
«Wir sind dankbar, nicht wetterabhängig zu sein», sagt Gastgeberin Sonja Blaser. Als Gründe nennt sie den guten Ruf von Küche und Service sowie das vielfältige Eventangebot. Dieses reicht von Anlässen wie Volksmusikabenden, Metzgete und Fondueplausch bis hin zu Wine & Dine und der Roggen Kitchenparty. Da ist für alle etwas dabei. Der gute Ruf bringt es mit sich, dass der Betrieb schnell ausgebucht ist. «Es ist eine Herausforderung für uns, allen Gästegruppen gerecht zu werden», sagt Sonja Blaser. «Aufgrund der grossen Nachfrage kommt es vor, dass wir Gäste sowie Gruppen abweisen müssen.» Ein gutes Verhältnis pflegen die Betreiber mit der Vermieterin des Restaurants, der Bürgergemeinde Oensingen, die sie in vielen Belangen unterstützt.
Sitzplätze: 140 innen, 100 aussen.
Öffnungszeiten: Mi. bis Sa. von 9.30–23 Uhr; So. von 9–21 Uhr.
Veranstaltungen: finden mehrmals im Monat statt, Veranstaltungskalender online abrufbar. zumroggen.
Restaurant Bütschelegg Oberbütschel/BE
Seit zwanzig Jahren führt der gebürtige Tamile Seevaratnam Thekalolibawam, genannt Kanet, das Restaurant Bütschelegg. Und das mit Erfolg: Der Betrieb zählt heute auf zahlreiche Stammgäste und ist bei Ausflüglern äusserst beliebt. «Aktuell haben wir viele Konfirmationsfeiern bei uns», erzählt der Geschäftsführer. Aber auch für Hochzeiten, Vereinsanlässe und andere Familienfeiern kommen die Gäste gerne in die «Bütschelegg». Und an Anlässen wie dem Muttertag ist der Betrieb regelmässig ausgebucht.
Auf der Menükarte vereint Kanet gutbürgerliche Schweizer Küche und tamilische Speisen. Seine Currys, es gibt sie mit Lamm, Huhn, Gemüse oder Riesencrevetten, seien bei den Gästen sehr beliebt. Aber auch Klassiker wie Cordon bleu und Geschnetzeltes würden oft bestellt. Im Restaurant arbeiten 13 Festangestellte. Dazu kommen je nach Wetter zahlreiche Aushilfen. Der Betrieb sei stark vom Wetter beeinflusst, sagt Kanet. «Nicht so, dass wir uns Sorgen machen müssen, wenn es mal eine Woche regnet. Unsere Stammgäste kommen auch bei schlechtem Wetter.» Doch an sonnigen Tagen, wenn die Terrasse voll besetzt ist, herrscht für das Team Hochbetrieb. 20 Jahre in der Gastronomie zu überleben, sei nicht einfach, sagt der Wirt. Um der treuen Kundschaft zu danken, bietet er aktuell unter der Woche ein Mittagsmenü zum Spezialpreis an. Das Jubiläum wird ausserdem im August mit einem rauschenden Fest gefeiert.
Sitzplätze: rund 230 innen, 150 im Garten und auf der Terrasse.
Öffnungszeiten: im Sommer täglich offen ab 10 Uhr; So. ab 9 Uhr.
Unterhaltungsprogramm: Am letzten Freitag im Monat findet ein Tanzabend mit Dj statt. bütschelegg.ch
Berggasthaus Hoher Hirschberg Appenzell Meistersrüte/AI
Das Berggasthaus Hoher Hirschberg liegt auf der Spitze eines 1167 Meter hohen Hügels. Die exponierte Lage bietet freie Sicht auf die Bergwelt des Alpsteins. Wanderer, Mountainbiker, aber auch Motorrad- und Autofahrer kommen nicht nur wegen der schönen Aussicht hierher, sondern vor allem wegen der hausgemachten Köstlichkeiten aus Küche und Backstube. Letztere ist ein wichtiger Teil des Betriebes, denn der Gastgeber Franz Eugster ist gelernter Bäcker. Er hat den Betrieb von seinen Eltern übernommen. Franz Eugster senior ist ebenfalls Bäcker und arbeitet noch im Betrieb mit. Gemeinsam stellen sie die Spezialbrote und das Gebäck für das Berggasthaus her.
Die Küche ist regional und saisonal ausgerichtet. Zurzeit stehen Bärlauchspätzli mit Siedwurst oder Apfelmus, Filetbraten vom Alpschwein und Lammragout auf der Speisekarte. Fast noch wichtiger als die Hauptspeisen sind den Gästen die Desserts. Typisch für die Region ist der Schlorzifladen, eine Art Wähe mit einer Füllung aus passierten Dörrbirnen und Rahmguss. Getreu seinem Motto «Etwas Süsses in der Kehle ist wie Balsam für die Seele», tischt Franz Eugster aber auch eine Whiskyparfaittorte mit Hauswhisky auf oder einen Aprikosenstrudel mit Eiercognacglace. Kleiner Tipp: Es lohnt sich nicht nur ein Blick in die Karte, sondern auch aufs Kuchenbuffet mit den täglich wechselnden, frisch gebackenen Leckereien zu werfen.
Sitzplätze: Restaurant mit 110 Plätzen, Stübli 27 Plätze, Säli 40 Plätze.
Öffnungszeiten: Do. bis Sa. 8–22 Uhr; So. 8–17 Uhr; Mo. 8–22 Uhr.
Übernachtungsmöglichkeiten: sechs Doppelzimmer, ein Einzelzimmer und zwei Matratzenlager mit sechs respektive neun Schlafplätzen. hoherhirschberg.ch
Restaurant Säge Rothenfluh/BL
Rothenfluh ist ein Dorf mit weniger als 1000 Einwohnern im Oberbaselbiet. Die «Säge» liegt am Dorfrand. Die Gäste kommen aus dem Dorf, dem Speckgürtel um Basel und dem nahen Fricktal. «Unsere Gäste sind aus allen Schichten und Altersgruppen», freut sich das Wirtepaar Stefanie und David Cairoli. «Unsere Karte wechselt jeden Monat», ergänzt David Cairoli, Mitglied des Schweizer Kochverbandes und Vorstandsmitglied von Gastro Baselland. «Wir kochen sehr regional und saisonal, manchmal mit internationalem Touch.»
Begonnen hat ihre gastronomische Reise mit dem Betreiben eines Food Trucks mit Burgerverkauf. Noch heute kommen viele Gäste wegen der Burger nach Rothenfluh. Bei der Herstellung aller Speisen steht das Handwerk im Vordergrund. Ketchup, Senf, Brot, Cremen und Weiteres mehr stellt David Cairoli mit seinen drei Kochlernenden selber her. «Wir verwenden so gut wie keine Convenience-Food-Produkte.» Die Zusammenarbeit mit regionalen Anbietern ist ihm wichtig. So kommen Fleisch, Gemüse, Mineralwasser und Kaffee aus Dörfern in der Nähe. Das kommt bei den Gästen an: «Wir sind gut positioniert, und ich sehe positiv in die Zukunft, auch wenn sich immer wieder viel ändert», so Cairoli. «Die Gäste konsumieren gleich gut wie früher, bleiben aber weniger lang.» Für ihn ist das kein Problem: «Wir sind flexibel, innovativ, mit Leidenschaft Gastronomen und können uns an die Veränderungen der Gesellschaft anpassen.»
Sitzplätze: 70 innen, 40 aussen.
Öffnungszeiten: Mi. bis Sa. jeweils abends; Do. und Fr. auch über Mittag; So. von 10–22 Uhr.
Veranstaltungen: Themenabende (Tapas-Event), Sonntagsbrunches. restaurant-saege.ch
Restaurant St. Anton Oberegg/AI
Vom Restaurant St. Anton aus hat man einen schönen Blick über das Rheintal, den Bodensee oder in die Region Vorarlberg (At). Den «Töni», wie der Betrieb bei den Einheimischen genannt wird, führen Renate und Thomas Manser. Ihre Gäste sind unter anderem Familien oder Sportler. «Auch viele Firmen reisen mit ihren Mitarbeitenden zu uns. Hochzeiten, Geburtstage oder Konfirmations- oder Kommunionsessen finden ebenfalls hier oben statt.» Der Betrieb befindet sich auf 1100 Meter über Meer. Was laut dem erfahrenen Gastronomen bei Nebel im Mittelland ein grosser Vorteil ist. «Wenn unten Nebel liegt, ist bei uns oben einiges los.» Das Angebot ist gutbürgerlich und das beliebteste Gericht der Hackbraten. «Den stellen wir frisch und von A bis Z selbst her. Zudem verarbeiten wir nicht noch irgendwelche Resten darin», betont Thomas Manser. Ebenfalls beliebt bei den Gästen seien Chäshörnli und Siedwurst oder Rindsfilet.
Das Restaurant St. Anton ist bequem mit dem Auto, dem Velo, zu Fuss oder mit dem Postauto erreichbar. Daher ist es beliebt bei Rentnerinnen und Rentnern. «Wir bieten kleinere Portionen an, weil unsere älteren Gäste nicht mehr so viel essen möchten.» Den Gastgebern sei es wichtig, dass sie möglichst wenig Lebensmittel wegwerfen müssen. Nachbestellen könne man jederzeit. Bei Bikern und Motorradfahrern ist der «Töni» auch ein beliebtes Ziel. Der Betrieb liegt zudem auf der Strecke des Appenzeller Gesundheitsweges. Der Weg, der in verschiedenen Etappen begangen werden kann, bietet auf Infotafeln viel Wissenswertes über Pflanzenheilkunde und deren Anwendung.
Sitzplätze: drinnen 150, draussen 150.
Öffnungszeiten: 8–22 Uhr; Di. und Mi. geschlossen. st-antonoberegg.ch
Gastwirtschaft Unterlauelen Eigenthal/NW
Im hinteren Teil des idyllischen Eigenthal, am Fuss des Pilatus auf Nidwaldner Boden, liegt die Alpwirtschaft Unterlauelen. Der saisonale Bergbetrieb ist nur zu Fuss erreichbar: Ein 25-minütiger Spaziergang vom Parkplatz führt Wanderer und Ausflügler zu einem Kleinod der Gastlichkeit und des Weitblicks.
Auf der Speisekarte stehen Klassiker aus der Innerschweizer Küche: Nidwaldner Stunggis, Obwaldner Ofätori oder Luzerner Geschlagenes von der Kuh – Gerichte, die man heute kaum noch kennt und die in der «Unterlauelen» zelebriert werden. Die Alpwirtschaft setzt auf die Verwertung des ganzen Tieres und bezieht ihr Fleisch lokal oder ergänzend bei der Metzgerei Isenegger in Root/Lu – ein Bekenntnis zur Regionalität. Ebenso pragmatisch zeigt sich das Gastgeberpaar beim Thema Wetter: «Schlechtes Wetter gibt es nicht, nur schlechte Kleider», sagt Wirtin Marlène Keiser-Waser augenzwinkernd. Bei Regen bleibe es zwar ruhiger und gerade dann sei die Einsatzplanung der Mitarbeitenden eine Herausforderung. Im Lauf der Jahre habe sich auch das Gästeverhalten verändert: «Alkohol beispielsweise wird eher zurückhaltender konsumiert – dafür steigt das Interesse an non-alkoholischen Getränken.» In der «Unterlauelen» ist man zudem überzeugt: «Das Rad muss nicht neu erfunden werden. Es geht darum, die Qualität zu halten und sich mit dem Betrieb zu identifizieren.» Weniger ist mehr – und das ist auch gut so.»
Sitzplätze: im Restaurant 60 Personen, im Jägerstübli 26 Gäste. Die Sonnenterrasse bietet Platz für 120 Personen.
Öffnungszeiten: Mi. bis Sa. 9–23 Uhr; So. (Mai bis November) 9–20 Uhr.
Spezielles: kann für Familienfeiern, Firmenanlässe oder kleinere Hochzeitsgesellschaften gebucht werden. unterlauelen.ch
Beiträge Von Andrea Decker, Riccarda Frei, Alice Guldimann Und Daniela Oegerli Illustration Sonja Demarmels