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«Wer besser schläft, bezahlt gerne mehr»

Im Hotel verbringt der Gast die meiste Zeit im Bett. Doch gibt es ein Bett, das jedem Gast den für ihn optimalen Komfort bietet? Ein Gespräch mit Hotelexperte Wilhelm K. Weber.

Wilhelm K. Weber (Andrea Decker)

HGZ: Wilhelm K. Weber, wann haben Sie das letzte Mal in einem Hotel gut geschlafen?
Wilhelm K. Weber: (lacht). Wenn keine Kinder dabei sind, schlafe ich in Hotels eigentlich immer gut. Aber im Ernst: Das war kürzlich im Kulm Hotel St. Moritz.

Woran hat’s gelegen?
Die Schlafqualität ergibt sich aus der optimalen Raumtemperatur, einer minimalen bis inexistenten Geräuschkulisse und, wichtig für mich, der totalen Dunkelheit. Selbstverständlich tragen auch Bett, Bettinhalt sowie Duvet und Kissen zu einem hohen Schlafkomfort und guter Erholung bei.

Wirklich individuell ist die Liegequalität in Standardbetten aber nicht.
Das ist richtig. Bislang ist mir kein Hotel bekannt, in dem ein Bett in seinen Einzelteilen programmiert werden kann. Dieser Fortschritt ist absehbar. Denn die Luxus-Hotellerie kennt die Bedürfnisse und investiert schon heute in hervorragende «Hardware». Mit den vielerorts bestehenden Kissen- und Decken-Menüs kann der Gast seine Nachtruhe dann noch individueller gestalten.

An einem Referat berichteten Sie, dass der Hotelgast künftig so reisen wird, dass seine Präferenzen mittels digitalem «Fingerabdruck» erkannt und umgesetzt werden können.
Dank der Digitalisierung wird es möglich sein, Raum und Bett den Bedürfnissen des Gastes anzupassen. Leider wählt ein Hotel heute meist eine standardisierte Raumkonfiguration, der ich mich unterwerfen muss. Die Trendwende kommt, in der es unumgänglich wird, dass ein Zimmer dem Gast und seinen Wünschen gerecht wird – und nicht umgekehrt.

Wie funktioniert das?
In einem kleinen Segment von Luxushotels wird das personalisierte Zimmer schon heute mittels einer gewissenhaft geführten Gästekartei und einer aufwendigen Vorbereitung umgesetzt. Diese massgeschneiderte Betreuung wird mittelfristig auch die Business- und Budget-Hotels erreichen. Vorausgesetzt, alle relevanten Daten des Gastes sind vorhanden, ist das technisch machbar.

Und wie das?
Es geht nur noch darum, die vorhandenen Daten mit der technischen Applikation zu vernetzen. Ich muss gestehen, eine Lösung, die alle meine Bedürfnisse erfasst und weitergibt, ist mir bis dato nicht bekannt. Viele Hotelketten führen jedoch Pilotversuche in dieser Richtung und haben schon Erfahrungen sammeln können. Natürlich funktioniert dieses ambitionierte Unterfangen nur, wenn die Gäste auch bereit sind, ihre Wünsche offenzulegen und nicht auf dem Datenschutz beharren.

«Nicht die ‹Hardware› soll verkauft werden, sondern der Gästenutzen.» Wilhelm K. Weber


An welche digitalen Lösungen denken Sie?
In unserer Branche kommt die Innovation oft «von aussen». So würde ich hier auf Firmen wie Apple, Amazon oder Google setzen, die bereits umfassende Kundenprofile besitzen und diese monetarisieren. Dann bedarf es eines Prozesses, der die Anforderungen erkennt, filtert und umsetzt. In zwei bis fünf Jahren sind wir bestimmt so weit.

Das ist absehbar. Wie gut, dass es «digitale» Betten schon gibt.
Diese Hightech-Exemplare sind schon länger auf dem Markt, haben sich in der Hotellerie aber noch nicht etabliert.

Kann man gute Schlafqualität in Rechnung stellen?
Definitiv. Wir erleben schon heute, dass Gäste bereit sind, in den Sommermonaten einen Aufpreis für Air Conditioning zu bezahlen, also nicht mehr gewillt sind, in einem ungekühlten Zimmer zu nächtigen.

Da ist gutes Marketing gefragt.
In der Tat. So empfehle ich den Hoteliers, nicht die Klimaanlage oder das grössere Bett zu bewerben, sondern den Gästenutzen. Die Hotelkette «Citizen M», eher bekannt für kleine Zimmer, löst das clever. Sie werben mit einem Bett, das sogar so gross ist, dass es von Wand zu Wand reicht. Dem «kleinen Problem» auf solch charmante Art aus dem Weg zu gehen, amüsiert mich jedes Mal.

Abgesehen vom «digitalen» Hotelbett. Was wünschen Sie sich von den Hoteliers?
Mein Wunsch ist, dass der Schlafqualität, notabene der eigentlichen Kernleistung einer Übernachtung, mehr Beachtung zukommt. Noch immer tendieren Hotels dazu, angesagte Innenarchitekten zu engagieren, deren Konzepte kostspieliger als einladend sind und vernachlässigen dann aus Budgetgründen die Bettqualität. Und Hand aufs Herz: Wem ist der Schnickschnack rund ums Bett sowie das Ölgemälde darüber wichtiger als ein Bett, das einen sanft ins Land der Träume geleitet?

(Interview Andrea Decker)


Zur Person

Wilhelm K. Weber ist Partner bei SHS Swiss Hospitality Solutions, Dozent für Revenue Management, Referent und Autor. Als Mitglied des European Centre for Revenue Management Education gehört er zu den treibenden Kräften in der Gestaltung der europäischen Berufsbildung.
www.swisshospitalitysolutions.ch