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An einem unspektakulären Ort etwas Grosses erschaffen

Olivier Collin keltert Champagner nach burgundischem Vorbild. Diese werden von Kennern nur mit Superlativen beschrieben.

  • Olivier Collin hatte die Vision, einen grossen Terroir-Champagner herzustellen. Das ist ihm gelungen.Bilder (zvg)
  • Weintipp: Les Maillons.

Das Dorf Congy (FR) liegt mitten in den Coteaux du Petit Morin im Sézannais, 75 Kilometer südlich von Reims. Grand- oder Premier-Cru-Lagen gibt es dort ebenso wenige wie Champagnerhäuser mit wohlklingenden Namen. Trotzdem musste Olivier Collin, ein studierter Jurist, vor Gericht kämpfen, um das Familienweingut aus einer langjährigen Verpachtung zu lösen. Denn sein Herz schlägt für Champagner.

Er startete mit 5,3 Hektar Reben, der Hilfe seiner Frau Sandra Zaragoza sowie Enthusiasmus und der Vision von einem grossen Terroir-Champagner. Als Liebhaber von Burgunderweinen kommt jede seiner Cuvées jeweils aus einer einzigen Parzelle. Die rund 50 Jahre alten Chardonnay- und Pinot-Noir-Reben gedeihen auf kalkhaltigen Böden mit einem hohen Anteil an Feuerstein. In Erinnerung an einen seiner Vorfahren, der Küfer war, baut Olivier Collin seine Grundweine im Holz aus und lässt sie dort lange reifen. Er verzichtet dabei auf Filtration und Schönung. Zudem sind seine Cuvées alle Extra Brut, immer sehr frisch, komplex und tiefgründig. So schuf sich Olivier Collin seinen eigenen Stil. «Ich musste klare Entscheidungen treffen, wenn ich nicht im Meer der Champagnerproduzenten untergehen wollte», erklärt der Weingutbesitzer.

Auf gutem Weg, aber noch lange nicht am Ziel

Seinen ersten Wein produzierte Olivier Collin im Jahr 2003. Dieser kam später als Champagne Ulysse Collin Grand Vin mit Lagenbezeichnung, aber ohne Jahrgang, auf den Markt. Minimalistisch – nur mit gebrauchtem Traktor und Industriehalle – wie der Jurist in sein Winzerabenteuer startete, ist der Auftritt. Die Flaschen tragen schlichte schwarz-weisse Etiketten. Eine Website gibt es nicht. Dennoch liess der Erfolg nicht lange auf sich warten. Robert Parker verlieh den Ulysse-Collin-Cuvées 100 von 100 Punkten. Diese für Schaumweine noch nie vergebene hohe Bewertung katapultierte das kleine Champagnerhaus aus Congy in den Fokus von interna­tionaler Fachpresse und Wein­enthusiasten.

Olivier Collin würden die Flaschen aus der Hand gerissen, wenn er sie herausrückte. Doch er verfolgt das Ziel, seinen Cuvées noch mehr Zeit zu geben. Auch sieht er seine Weine als Essensbegleiter. Deshalb setzt er für den Vertrieb auf Partner mit einem grossen Netzwerk in der Spitzengastronomie.

Alternativen zu Ulysse Collin

Das grösste Problem von Ulysse Collin ist die Verfügbarkeit. ­Das Champagnerhaus produziert weniger als 100 000 Flaschen pro Jahr. Weil Olivier Collin die Reifezeit auf den Hefen nach der Flaschengärung verlängern will, ­gelangt nur ein Teil auf den Markt. «Ulysse Collin liefert in viele weinaffine Länder», sagt Jan Martel, Geschäftsführer des gleichnamigen St. Galler Weinhauses. Von jedem der sechs Crus wird er nur einige Dutzend Flaschen erhalten. «Das Erstellen eines ‹gerechten› Verteilschlüssels wird schwieriger sein, als mit Olivier Collin ins Geschäft zu kommen.»

Da braucht es Alternativen wie die exklusiven Terroir-Crus Clos du Mesnil aus Chardonnay oder Clos d’Ambonnay aus Pinot Noir von Krug. Jan Martel empfiehlt auch die Champagner von Gosset, dem ältesten Champagnerhaus, Bruno Paillard oder Frerejean Frères, zwei jungen Betrieben, die bereits zu den besten gehören, sowie De Saint-Gall. «Aufgrund des Namens ist Letzterer in St. Gallen sehr beliebt», sagt Jan Martel. 

(Gabriel Tinguely)


Weintipp

Die Basis für den Extra Brut Blanc de Noirs Les Maillons bilden Pinot-Noir-Trauben des Jahrgangs 2019. Den Grundwein baute Olivier Collin in Barriques aus. Nach der zweiten Gärung in ­der Flasche reifte der Wein 36 Monate auf den Hefen und wurde im Jahr 2023 degorgiert. Tief Goldgelb und kaum schäumend präsentiert sich der Wein im Glas. Sein Bouquet duftet nach roten Beeren, etwas Zitrusfrüchten und gerösteten Mandeln. Dezente Holzaromen verleihen ihm eine dritte Dimension. Auf feinste Perlen folgen eine fruchtige Struktur und salzige Noten mit einem Kalkton im Nachhall.


«Champagner wird zu teuer angeboten»

In den Semester­ferien seines BWL-Studiums entdeckte Jan Martel in Rebbergen seine Liebe zum Wein.

Jan Martel, seit 2005 leiten Sie das gleichnamige Weinhaus in fünfter Generation. Wie kommen Sie zu neuen Spitzenweinen?

Wir arbeiten mit rund 1200 Gastronomen in der ganzen Schweiz zusammen. Da kommt es immer wieder vor, dass Produzenten von sich aus auf uns zukommen.

Wie gehen Sie bei der Auswahl vor?

Häufig wird man sich rasch einig. Manchmal dauert es Jahre.

Wie lief es bei Ulysse Collin?

Olivier Collin kam über die Empfehlung eines ausländischen Importeurs zu uns. Erst schrieben wir Mails, dann ­folgten Telefongespräche bis es zu einem Treffen kam. Ich dachte, zwei Stunden würden zum Kennenlernen reichen. In der Tat sassen wir sieben Stunden zusammen, verkosteten seine Weine und philosophierten, ohne etwas zu essen, darüber. Ein halbes Jahr später verbrachten wir Tage in der Schweiz ohne ein Wort über Zusammenarbeit. Wieder vergingen Monate, bis es zum Termin in der Champagne kam, bei dem wir ernsthaft über das Geschäft redeten. Ab Juni ist Champagne Ulysse Collin bei uns verfügbar – exklusiv für die Gastronomie.

Welche Emotionen löst das bei Ihnen aus?

Grosse Freude, denn Ulysse Collin ist ein grossartiger Champagner, eine Ikone. Es ist aber auch eine Herausforderung. Olivier Collin vertraut darauf, dass Martel die richtige Kundschaft findet.

Wer kommt in den Genuss?

Häuser, die Champagner wie Wein behandeln und nicht mit Faktor fünf oder mehr kalkulieren. Champagner wird in der Gastronomie viel zu teuer angeboten. Deshalb gilt er als Festtagsgetränk. Ich trinke auch unter der Woche gerne ein Glas zum Essen.

Welche Trends sehen Sie?

Die Regionalität weitet sich auf ganz Europa aus. Champagner ist stabil im Hoch. Rosé hängt vom Wetter ab. Über Naturwein wird viel geschrieben, aber nur wenig gekauft. Gefragt sind nach wie vor Riesling und Pinot Noir.


Mehr Informationen unter:

martel.ch