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«Bildet Euch jetzt weiter»

Vor zehn Jahren trat der Bildungs-L-GAV in Kraft. Viele Weiterbildungen werden neu über den L-GAV finanziert. Stefan Unternährer, Leiter der Arbeitnehmerdelegation, gehört zu den Gründern des Projekts. Ein Rück- und Ausblick.

Stefan Unternährer ist Leiter Rechtsdienst bei der HGU. (Filipa Peixeiro)

Stefan Unternährer, Sie begleiten das Projekt schon seit Beginn. Welches waren vor zehn Jahren die Gründe für den Start?
Wir wollten die Branche produktiver machen durch eine bessere Qualifikation der Mitarbeitenden. Das Gastgewerbe ist personalintensiv, ein «People to People»-Geschäft, und wird dies vermutlich noch lange bleiben. Die Mehrheit der Gäste will nicht mit Robotern kommunizieren, daher ist Weiterbildung für unsere Mitarbeitenden bedeutender als der technische Fortschritt. Wichtig bleibt auch, dass die Mitarbeitenden bessere Chancen im Arbeitsmarkt haben, wenn sie sich weiterbilden. 

Was lag Ihnen in dieser Zeit besonders am Herzen? Wofür haben Sie sich eingesetzt?
Für die finanzielle Unterstützung der staatlich anerkannten Abschlüsse, also der Berufsprüfungen und der höheren Fachprüfungen. Diese sind matchentscheidend, um den Berufsnachwuchs nach der Lehre in der Branche zu halten. Diese Abschlüsse ermöglichen Aufstiegschancen und nicht zuletzt steigen auch der Verdienst und die Wertschätzung. 


«Gute Weiterbildungsmöglichkeiten halten den Nachwuchs in der Branche.»


Welche Bilanz ziehen Sie nach zehn Jahren? 
Wir haben die Flughöhe noch nicht erreicht. Als wir das Projekt vor zehn Jahren lancierten, dachte ich, «jetzt geht die Post ab mit diesen grosszügigen Subventionen!». Unser Ziel bleibt, dass sich pro Jahr ein Prozent unserer Mitarbeitenden weiterbildet. Das wären bei rund 200 000 Mitarbeitenden im Gastgewerbe 2000. 2019 haben wir zum ersten Mal die Grenze von 1000 Personen überschritten, die von den finanziellen Unterstützungen profitiert haben. Ernüchtert bin ich auch von der Erkenntnis, dass viele Leute Weiterbildungen, die länger als einen Tag dauern, als zu lang einstufen. An nur einem Tag lernt man schlicht zu wenig. Organisatorisch bin ich sehr zufrieden, wir haben viel Arbeit in die Abläufe und eine vollelektronische Schnittstelle zwischen Hotel & Gastro Formation Schweiz und der Kontrollstelle für den L-GAV im Gastgewerbe investiert. Nicht zuletzt ist das Aus- und Weiterbildungsprojekt auch ein Beitrag zur Reputation des Gastgewerbes. Mir ist keine Branche bekannt, die so massiv in die Bildung ihrer Mitarbeitenden investiert.

Was wünschen Sie sich für die nächsten zehn Jahre? 
In den Betrieben und bei den Mitarbeitenden soll das Bewusstsein wachsen, dass Aus- und Weiterbildung eine absolute Win-win-Situation ist. Die Betriebe profitieren vom neuen Wissen der Mitarbeitenden. Die Mitarbeitenden profitieren vom Erlernten für ihre Laufbahn, auch unabhängig von der Branche, wenn es etwa um Kenntnisse in Führung oder Finanzen geht. Zudem wünsche ich mir: Interessierten soll bereits bei der Berufswahl bekannt sein, dass sie in ihrer Laufbahn im Gastgewerbe finanziell so grosszügig wie in kaum einer anderen Branche gefördert werden. 

Wie verändert Corona die Situation für die Aus- und Weiterbildung? 
Auch auf die Gefahr hin, dass es zynisch klingen könnte: Noch nie war so viel Zeit vorhanden wie jetzt, um sie in Bildung zu investieren. Ich empfehle allen: Profitiert und startet eine Weiterbildung. Die Gelder sind da und die Betriebe erhalten bei den meisten Weiterbildungen sogar noch Lohnersatz. 

Betriebe zögern oft, Mitarbeitende in Weiterbildungen zu schicken. Sie fehlen dann eine gewisse Zeit im Betrieb und allenfalls steigt auch der Lohn. Mit welchen Argumenten können Mitarbeitende ihre Vorgesetzten überzeugen?
Mit dem Argument «neues Wissen». Die Absolventen kehren mit zeitgemässem Know-how in die Betriebe zurück; davon profitieren alle im Team. Jeder Absolvent und jede Absolventin, die in der Schweiz eine Berufsprüfung oder höhere Fachprüfung erfolgreich absolviert haben, bringen dem Betrieb garantiert etwas. Also: Nehmt den Finger raus!

(mgs)


Informationen

www.l-gav.ch