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Erfolgreich mit drei Sternen

Von den 5000 Schweizer Hotels ist die Gruppe der Drei-Sterne-Häuser mit 2000 Betrieben die grösste. Ein paar wenige von ihnen sind sogar richtige Bijoux. Was macht ihren Erfolg aus?

Wer rechtzeitig in den Hotelbetrieb investiert, verpasst den Anschluss nicht. (Keystone)

Das Hotel Schönegg in Wengen ist ein Glücksfall. So jedenfalls bezeichnet es Hôtelière Caroline Ogi, Tochter des ehemaligen Bundesrates Adolf Ogi. Zusammen mit ihrem Ehemann und Küchenchef Sylvain Stefanazzi Ogi führt sie seit anderthalb Jahren den Betrieb am Ende der Wengener Dorfstrasse. Ein Glücksfall deshalb, weil sie mit der Familie Dequeker einen finanzstarken Investor im Rücken haben. «Die Besitzerfamilie interessiert sich sehr für das Schicksal des Hauses», erzählt Caroline Ogi. Regelmässig werden Renovationen und Erneuerungen durchgeführt. «In den letzten fünf Jahren sind mehrere Millionen investiert worden.»

Ende Saison erstelle sie jeweils eine Liste mit Renovationswünschen, die dann realisiert werden. So ist unter anderem 2014 die Gartenterrasse renoviert und ein neuer Gemüse- und Kräutergarten für die Küche  angelegt worden. Vergangenes Jahr wurde der Barbereich mit dem neuen Stübli-Restaurant ergänzt. Dieses verfügt über sechs Tische in einem urchigen Ambiente mit viel Holz sowie rot-weiss karierten Sitzkissen und Vorhängen. «Das ist genau der Stil, den die Gäste lieben», sagt Ogi.

So finden auch jene Dorfbewohner den Weg ins «Schönegg», die zuvor Schwellenangst hatten. «Mit dem Stübli-Restaurant haben wir eine tolle Ergänzung zum Gourmetrestaurant 1903 und sprechen nun mit den beiden Lokalen alle Bevölkerungsschichten an.»

Keine Schwellenangst haben die Hotelgäste. Mit einer Auslastung von 80 Prozent liegt das Hotel Schönegg weit über dem nationalen Durchschnitt, der bei rund 45 Prozent ist. Den Erfolg schreibt die Hôtelière ihrem Verständnis von Gastgebersein zu: «Wir bieten dem Gast mehr als er erwartet», sagt Ogi. Das Hotel Schönegg ist mit drei Sternen ausgezeichnet. Was der Gast vorfindet, hat aber Vier-Sterne-Niveau. «Es liegt uns am Herzen, den Gast mit kleinen Supplements zu überraschen.» So ist es für das «Schönegg» selbstverständlich, dass die Halbpension ein Vier-Gang-Menü einschliesst oder dass die Mitarbeiter der Hotellerie-Hauswirtschaft abends die Betten aufdecken. Das Wichtigste aber ist eine einwandfreie Infrastruktur. Als nächstes plant Ogi die acht Jahre alten Badezimmer erneuern zu lassen. Ein Vorhaben, das von Stammgästen als noch nicht nötig befunden wurde. «Es ist unsere Strategie, die Infrastruktur dann zu erneuern, wenn es sich noch nicht aufdrängt.»

Das «Schönegg» ist mit seinen 20 Zimmern ein Hotel mit Boutique-Charakter. Deshalb hat sich Caroline Ogi dazu entschlossen, im letzten Sommer der Vereinigung Best 3 Star Hotels beizutreten. «Ich fühle mich dort mit unserem Haus gut aufgehoben, alle Mitgliederbetriebe sind feine, persönlich geführte Betriebe mit drei Sternen.» Best 3 Star Hotels wurde im Herbst 2015 gegründet. Präsident und Mitbegründer ist Michel Wichman, der in Gstaad-Saanen das 2013 neu erbaute Drei-Sterne-Superior-Hotel Spitzhorn führt. Die Bedingungen für Neumitglieder sind die Auszeichnung des Hotelbetriebes mit drei Sternen. Das Haus muss über eine hervorragende Online-Reputation verfügen, die Aufnahmekontrolle bestehen, zeitgemässe Strukturen aufweisen, ein attraktives Gesamtpackage bieten, eine Buchungsmöglichkeit auf der eigenen Website haben sowie prinzipiell unabhängig sein.

Gute Infrastruktur ist wichtiger als mangelnde Freundlichkeit

«In der Schweizer Hotellerie wird vielfach die mangelnde Freundlichkeit thematisiert, dabei stehen die veralteten Infrastrukturen viel mehr im Fokus der Gäste», sagt Michel Wichman. Das würden Internetkommentare auf einschlägigen Buchungsplattformen eindeutig aufzeigen.

Dass die Vereinigung ein Bedürfnis der gut aufgestellten Drei-Sterne-Häuser ist, zeigt der rasante Zuwachs. Innert kurzer Zeit ist ein gutes Dutzend Häuser dazu gestossen. Potenzielle Neumitglieder werden auf Herz und Nieren geprüft. Michel Wichman ist dabei wichtig, dass alle Betriebe die Mindestanforderungen markant übertreffen müssen und allfällige Beanstandungen teilweise schnell ausgemerzt werden.

Neumitglieder profitieren in seinen Augen von einer deutlich verbesserten Wahrnehmung seitens des Marktes. Sie können Mehrverkäufe durch zusätzliche Distribution, Cross Selling und Revenue Management erzielen. Auch die systematische Qualitätsentwicklung, ein verbessertes Marketing, Weiterbildungsmöglichkeiten, Kosteneinsparungen und den Austausch mit gleichgesinnten Kollegen seien Vorteile einer Mitgliedschaft. Eines ist Wichman besonders wichtig: «Die Schweiz wird immer auf gute Qualität setzen müssen. Unsere Kostenstrukturen erlauben keine andere Strategie.»

Rechtzeitig investieren

Längst nicht alle Häuser sind so fit wie diejenigen, die bei Best 3 Star Hotels dabei sind. Gut zu sehenist das in vielen Bergferienorten. Wengen macht da keine Ausnahme. Die meisten Hotelfassaden erinnern an die baulichen «Glanzzeiten» der 1980er-Jahre und den damit verbundenen architektonischen Relikten.

Das Wirtschaftsforschungsinstitut BAK Basel Economics prognostiziert dann auch im Jahrbuch der Schweizer Hotellerie, Jahrgang 2016, für 2017 Investitionen für Umbau und Unterhalt in der Höhe von 654 Millionen Franken. In der Vergangenheit sei relativ wenig in die Renovation von Hotelanlagen und Restaurants investiert worden, ist da zu lesen, deshalb bestehe Nachholbedarf.

Fragt man bei den für die Sternenvergabe verantwortlichen Verbänden Hotelleriesuisse und Gastrosuisse, so antworten beide gleich: «Die von uns klassifizierten Betriebe müssen für die Sternenvergabe Mindestanforderungen erfüllen. Diese Standards werden bei den regelmässig stattfindenden Kontrollen überprüft.» Alle Einrichtungen und Ausstattungen müssen zwingend funk- tionstüchtig, in mangelfreiemZustand und ohne erkennbaren Bedarf an Investitionen und Renovierungen sein.

Zu Hotelleriesuisse zählen 2000 Betriebe. Fast 900 sind mit drei Sternen ausgezeichnet. «Der Zustand der Häuser ist ein wichtiges Kriterium beim Klassierungssystem», sagt Thomas Allemann, Mitglied der Geschäftsleitung bei Hotelleriesuisse. Hotelleriesuisse führt in seinen Mitgliederbetrieben alle drei Jahre die Klassifikationsaudits durch. Das löst in rund 20 Prozent der besuchten Betriebe Anpassungsinvestitionen aus wie zum Beispiel das Auswechseln von Teppichen in den Korridoren oder das Ersetzen von Matratzen. «Damit trägt die Klassifikation wesentlich zur kontinuierlichen Anpassung und Weiterentwicklung der Betriebe bei», so Thomas Allemann.

Gleiches stellt Gastrosuisse bei seinen Kontrollen fest, die ebenfalls alle drei Jahre stattfinden. «Diese Audits stellen langfristig das Niveau des verlangten guten Erhaltungszustands sicher», sagt Direktor Daniel Borner. Klassifiziert sind 526 Beherbergungsbetriebe, 330 mit drei Sternen. «Der bauliche Zustand der von uns klassifizierten Hotels ist gut», so Borner. Auch Gastrosuisse sieht den Klassifikationsprozess als Frühwarnsystem. Die Betriebe erhalten damit Hinweise für nötige Renovationen.

Die Richtung stimmt

Doch trotz noch allfällig anstehender Renovationen, die Hotellerie hat sich in der Schweiz auch im mittleren Preissegment weiterentwickelt. So stellt Thomas Allemann fest, dass sich in diesem Segment die Qualität und Dienstleistungsbereitschaft gesteigert haben. Der Erlebnisfaktor sei mit innovativen Ansätzen allgemein erhöht worden. Und viele Häuser würden sich heute klarer positionieren. Sie fokussieren sich auf spezifische Gästegruppen wie Familien, Best Agers oder promoten sich beispielsweise als Sport- oder Golfhotel.

(Ruth Marending)


Zahlen und Fakten

  • 890 Hotels sind schweizweit von Hotelleriesuisse mit drei Sternen ausgezeichnet. Über die Hälfte davon, nämlich 509 Häuser, liegt in den Berggebieten.
  • Bei Gastrosuisse sind 526 Betriebe registriert, 330 davon sind mit drei Sternen klassifiziert.
  • 1903 wurde das Hotel Schönegg in Wengen als Pension Hotel Jungfraublick eröffnet. 1928 ist es eines der ersten Hotels mit fliessendem Wasser.

Mehr Informationen unter:

<link http: www.hotelleriesuisse.ch>www.hotel-schoenegg.ch
www.best3starhotels.ch
www.hotelleriesuisse.ch