«Lammrücken Richelieu» oder «Kalbsschulter à la financière»? «Pêche Melba» oder «Poire belle Hélène»? In Baden/AG zeigten sechs Finalisten, welche Gerichte aus den 1920er-Jahren ihre Favoriten sind und wie sie diese neu interpretieren.
Der Schweizer Kochverband erinnert an seine Gründung vor 100 Jahren. Und blickt auf 25 Jahre Swiss Culinary Cup zurück. «Wir feiern das, indem wir hier in Baden nach einem spannenden Kochwettbewerb die Finalisten ehren», sagte skv-Präsident Thomas Nussbaumer an der Siegerehrung am Mittwoch. In Anbetracht der zweiten Corona-Welle, die derzeit über die Schweiz schwappt, sei dies keine Selbstverständlichkeit.
Unter strikter Einhaltung der Hygieneregeln organisierte der Schweizer Kochverband einen Kochwettbewerb, der es in sich hatte und an dessen Siegerehrung rund 100 Gäste eingeladen werden konnten. Bevor die Ränge verkündet wurden, sprach Wettbewerbspräsident Werner Schuhmacher von einem knappen Rennen auf hohem Niveau. Lediglich wenige Punkte gaben den Unterschied zwischen Platz eins und zwei.
Den Sieg schnappte sich Niklas Schneider, 25-jährig und Mitglied der aktuellen Schweizer Kochnationalmannschaft. Seine beiden Finalgerichte – Lammrücken mit confierter Cherrytomate im Knuspertartelette und ein Dessert mit Vanilleglace-Nocke, gefüllt mit Birnen-Veilchen-Kompott – gefielen optisch und geschmacklich. Die entscheidenden Punkte zum Sieg holte er aber vor allem durch seine exakte Arbeitsweise, die Einhaltung der Temperaturen und sein pünktliches Schicken der Gerichte. Knapp hinter Niklas Schneider platzierte sich der 25-jährige Glarner Noah Bachofen, der sich nach seinem vierten Platz im vergangenen Jahr diesmal akribisch auf das Finalkochen vorbereitet hatte und mit aller Macht den Sprung aufs Treppchen anstrebte. Rang drei ging an ein Jungtalent, das viele vor dem Finale nicht auf der Rechnung hatten: Ivan Capo, 25, gebürtiger Italiener und seit sechs Jahren in der Schweiz. Derzeit ist er Chef de partie im Dolder Grand Hotel in Zürich. Von ihm wird man in Zukunft noch hören, genauso wie von den drei Kandidaten, die es diesmal (noch) nicht unter die besten drei schafften.
Da ist zum einen Benjamin Anderegg, Chef de partie im «Igniv by Andreas Caminada» in Bad Ragaz/SG. Der 23-Jährige haderte mit seiner Finalleistung. «Schade, konnte ich das, was ich in den Probeläufen auf die Teller brachte, im entscheidenden Moment nicht wiederholen.»
Benjamin Anderegg teilte sich Platz vier mit Ambar Dominguez und Nicolas Boventi. Beides neue Gesichter im Wettbewerbsbusiness. Die temperamentvolle Ambar Dominguez, Chef de partie von Domingo S. Domingo im «Mille Sens» in Bern, überraschte mit ihrem Hauptgang. Nicolas Boventi aus der Romandie, Chef de partie und Ausbildner an der Hotelfachschule Genf, brillierte mit seinem Dessertteller.
(rup)
Niklas Schneider, herzlichen Glückwunsch zum SCC-Sieg! Haben Sie damit insgeheim gerechnet?
Definitiv nicht! Aber natürlich habe ich mir den Sieg erhofft. Was den Geschmack der Gerichte anbelangt, waren wohl alle Finalisten auf dem gleichen Level. Da ich als Mitglied der Schweizer Kochnati aber schon über Wettbewerbserfahrungen verfüge, konnte ich wahrscheinlich in der Küche mit meiner Arbeitsweise und meiner Organisation punkten.
Gab das den Ausschlag für den Gewinn des Wettbewerbs?
Ich vermute es. Ich habe die Gerichte der anderen Finalisten nicht probiert, alle Teller sahen sehr schön aus.
Was ist Ihnen besser gelungen, Fleisch oder Süssspeise?
Schwierig. Beim Dessert hatte ich mega Freude an der gefüllten Glace, die Form dafür hatte ich erst letzte Woche bekommen.
Und womit waren Sie weniger zufrieden?
Die Schokoladen-Ganache hätte ich feiner ausarbeiten und den Birnenschnitz insgesamt spannender präsentieren können. Ansonsten bin ich zufrieden. Das Lamm war auf dem Punkt, das Fett knusprig.
Welchen Stellenwert hat der SCC-Sieg für Sie?
Ich war schon einmal beim Gusto-Wettbewerb dabei. Aber der Swiss Culinary Cup war mein erstes grosses Finale als Einzelwettkämpfer. Ich geniesse den Sieg in vollen Zügen.
Für den Sieg gibt es 4000 Franken Prämie. Was stellen Sie damit an?
Sparen, sparen. Ich bin vor sechs Wochen umgezogen und habe neue Möbel gekauft.
Und wie sehen Ihre nächsten Pläne aus?
Ich lege erst mal eine Pause ein mit Wettbewerben und fokussiere mich auf meine Arbeit im Betrieb. Und dann werde ich meinen Küchenchef Ale Mordasini unterstützen, sollte er es ins Weltfinale von Bocuse d’Or 2021 schaffen.
(Interview Jörg Ruppelt)