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Nicht jede Frucht ist ihres Handwerks würdig

In Oberuzwil/SG verwandelt Judith Brunschwiler süsse Früchte in edle Wässer. Bei schlechter Obsternte setzt sie unter anderem auf Getreide.

Wer bei Judith Brunschwiler Edelbrand in Auftrag geben möchte, muss im Minimum 30 Kilo Maische mitbringen. Am ertragreichsten sind Trauben. (ZVG)

«Zu Beginn meiner Brennkarriere war Schnaps für mich negativ behaftet. In meinem Umfeld gab es einige, die Schnaps nicht zum Genuss tranken, sondern um sich zu betrinken», sagt Judith Brunschwiler, die mittlerweile knapp 30 Jahre Brennerfahrung vorzuweisen hat. Zum Brennen gekommen ist sie durch ihre Heirat. Sie begann, im Betrieb ihres damaligen Ehemannes mitzuarbeiten. Der Fokus der Brunschwiler Brennerei-Mosterei in Gossau/SG lag jedoch auf der Herstellung von saurem Most, das Brennen war ein Nebengeschäft. «So richtig Zugang und Freude am Brennhandwerk fand ich erst später durch Kurse unter der Leitung von Peter Dürr», erklärt Brunschwiler.

Der mittlerweile verstorbene Sensoriker und Schnapsforscher habe ihr aufgezeigt, was Schnaps von Edelbränden unterscheide. «Bei Edelbränden legt man von Beginn an Wert auf die Qualität der Früchte. Es gilt, jene Früchte zu verwenden, in die man noch mit Freude hineinbeissen würde.» Das sei ein ganz anderer Ansatz gewesen, als jener einiger Bauern. «Den Satz ‹Essen kann man sie zwar nicht mehr, aber für Schnaps taugen sie noch› habe ich früher oft gehört.»

Die wirklich wichtigen Dinge im Leben kann man sich nicht kaufen

Von ihrem Mann ist Judith Brunschwiler mittlerweile geschieden. Und auch vom Mosten hat sie sich verabschiedet. Als sich vor sieben Jahren die Gelegenheit bot, in Oberuzwil/SG eine stillgelegte Brennerei samt Ladenlokal zu übernehmen, zögerte Judith Brunschwiler nicht lange. Sie schlug zu, reaktivierte die Brennerei und ist seither als Lohnbrennerin selbständig. Gut 90 Prozent ihres Umsatzes generiert sie mit Auftragsbränden. «Ich habe 1500 Kundinnen und Kunden. Zu einem grossen Teil handelt es sich dabei um Bauern. Allerdings wächst der Bereich der Privatpersonen, die mir ihre Früchte anvertrauen, kontinuierlich», stellt Brunschwiler fest.

Fällt die Obsternte mal nicht so rosig aus, setzt Judith Brunschwiler auf Rum, Gin und Whisky. «Hierfür kann ich andere Rohstoffe verwenden. Zudem nutze ich die Zeit, um neue Ideen zu entwickeln», sagt sie. Von der Natur abhängig zu sein, sei das eine, die körperlich anspruchsvolle Arbeit das andere. Brunschwiler sagt: «Die Arbeit als Lohnbrennerin ist bestimmt nicht leicht, aber ich könnte mir keinen schöneren Beruf vorstellen.»

(Désirée Klarer)


Zur Person

Judith Brunschwiler (56) ist ursprünglich gelernte Arztgehilfin. Ein Arbeitsgebiet, in das die passionierte Lohnbrennerin nicht zurückkehren möchte. Lieber tüftelt sie mit ihren Kundinnen und Kunden an neuen Edelbränden.

www.edelbrandbrennerei.ch