Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

Kantine – ein Auslaufmodell?

Wegen der Corona-Krise arbeiten schweizweit seit März viele im Homeoffice. Wie sich das auf die Mitarbeiterrestaurants auswirkt, darüber sprachen wir mit Manuela Stockmeyer von der SV Group und Katrin Dorfschmid von den ZFV-Unternehmungen.

  • In den Mitarbeiterrestaurants der SV-Group wurden die Sitzplätze auf die Anzahl zulässiger Gäste reduziert. (ZVG)
  • Manuela Stockmeyer, Mediensprecherin der SV-Group. (ZVG)
  • Katrin Dorfschmied, Leiterin Unternehmenskommunikation und Media Relations bei den ZFV-Unternehmungen. (ZVG)

HGZ: Homeoffice während des Lockdowns, das noch immer da und dort praktiziert wird. Wie sieht es in Ihren Personalrestaurants aus?

Manuela Stockmeyer, Mediensprecherin der SV Group: Aufgrund von Homeoffice spüren wir überall dort Einbussen, wo wir Mitarbeiterrestaurants für Unternehmen im Dienstleistungssektor führen. Wir betreiben aber auch zahlreiche Restaurants für Produktionsbetriebe. Hier sind die Folgen weniger stark spürbar.

Katrin Dorfschmid, Leiterin Unternehmenskommunikation und Media Relations bei den ZFV-Unternehmungen: Wir spüren die Veränderungen in der Arbeitswelt durch Frequenzrückgänge in unseren Betrieben. Je nach Standort und Auftraggeber gibt es massgebliche Unterschiede. Wir stehen im engen Austausch mit unseren Auftraggebern und reagieren mit angepassten Angeboten.

Wie viele Personalrestaurants betrieben Sie vor der Corona-Krise und wie viele sind es heute?

Manuela Stockmeyer: Aktuell führen wir in der Schweiz rund 300 Mitarbeiterrestaurants, wovon einige aufgrund von Ferien geschlossen sind. Während des Lockdowns war phasenweise die Hälfte der Betriebe eingestellt. Ende August werden nun wieder alle geöffnet sein.

Katrin Dorfschmid: Die ZFV-Unternehmungen betreiben rund 160 im Auftrag geführte Personalrestaurants, Cafeterien und Mensen. Während des Lockdowns war der Betrieb zu zwei Dritteln vorübergehend eingestellt. Etappenweise erfolgte dann die Wiedereröffnung, welche bis heute andauert. Aktuell sind es nur noch vereinzelte Betriebe, welche in Absprache mit dem Auftraggeber vorübergehend den Betrieb eingestellt haben.

Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie?

Katrin Dorfschmid: Die ZFV-Unternehmungen beschäftigen über alle Geschäftsbereiche hinweg rund 2800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Gemeinschaftsgastronomie hat daran den grössten Anteil.

Manuela Stockmeyer: Bei uns sind es im gesamten DACH-Raum, also Deutschland, Österreich und die Schweiz, 8400 Mitarbeitende.

Wie werden die Mitarbeitenden derzeit eingesetzt?

Katrin Dorfschmid: Die Kurzarbeit war und ist für uns ein sehr wichtiges Mittel, da sie erlaubt, die Personalkosten von vorübergehend eingestellten Betrieben zu reduzieren. Nach wie vor ist ein Teil unserer Betriebe geschlossen und an vielen Orten sind die Gästefrequenzen noch sehr tief, weshalb wir Mitarbeitende aktuell stufenweise und dem Bedarf angepasst aus Kurzarbeit zurückholen.

Manuela Stockmeyer: Wir nutzen weiterhin die Kurzarbeit. Bei den Mitarbeiterrestaurants setzen wir auf unsere innovativen neuen Angebote wie Andiamo Delivery oder Emil Fröhlich, die wir weiterentwickeln und laufend verbessern. In diesem Bereich öffnen sich neue Perspektiven für Mitarbeitende. Auch in unserem anderen Geschäftsfeld Öffentliche Gastronomie läuft gerade sehr viel.

Haben Sie die Gelegenheit genutzt, einen Lieferdienst auf die Beine stellen?

Katrin Dorfschmid: Der ZFV hat rasch reagiert. So wurde die Dienstleistung «Ässe für Züri» auf die Beine gestellt. Die Pick-up-Kantine ermöglicht es, Menüs selbst abzuholen. Die Mittagsmenüs können online bestellt und aktuell von Montag bis Freitag im Freilager Quartier geholt werden. Wir haben Personen, die regelmässig auf diesem Weg Essen bestellen. Insgesamt erreichen wir mit dem Angebot aber noch nicht eine breite Kundenschicht. Auf der anderen Seite haben wir uns mit verschiedenen Betrieben an bestehende Delivery-Netzwerke angeschlossen – beispielsweise mit der Mensa Platte 14 der Universität Zürich oder dem Restaurant Lilly Jo.

Manuela Stockmeyer: Den Lockdown haben wir genutzt, um unsere Delivery-Lösung Andiamo rascher weiterzuentwickeln und auf den Markt zu bringen. Im Moment ist Andiamo Delivery in Zürich, Bern und Basel eingeführt. Die Mitarbeitenden bestellen kalte oder warme Gerichte und Snacks online und am Mittag wird direkt ins Büro geliefert. Wir entwickeln das Angebot laufend weiter und werden den Delivery-Service ausbauen. Firmen und KMUs, die kein eigenes Mitarbeiterrestaurant haben oder im Schichtdienst arbeiten, können ihren Mitarbeitenden dank unserem digitalen Kühlschrank Emil Fröhlich dennoch gesunde und frische Menüs anbieten. Im Büro wird ein Kühlschrank aufgestellt, der täglich frisch mit hausgemachten Menüs, Bowls, Snacks und Getränken gefüllt wird. Bezahlt wird via App.

Planen Sie einen Stellenabbau?

Manuela Stockmeyer: Im Moment prüfen wir für jeden Standort das betriebsspezifische Sparpotenzial und schauen, wie die Aussichten für die Zukunft sind. Wo wir auf eine Erholung hoffen, nutzen wir weiterhin die Kurzarbeit, um Arbeitsplätze zu schützen. Wo wir sehen, dass sich unser Geschäft auf längere Zeit nicht mehr erholen wird, prüfen wir Schliessungen und personelle Massnahmen. Ein allfälliger Abbau von Stellen ist immer der letzte Ausweg und wir versuchen dies, wo immer möglich, über natürliche Fluktuationen und den internen Stellenmarkt aufzufangen.

Katrin Dorfschmid: Wir müssen natürlich auf die veränderte Nachfrage reagieren, dies aber auch mit dem Blick für die Zukunft. Es gehört zum Unternehmensalltag, dass wir unser Portfolio laufend überprüfen, in neue Betriebe investieren, aber auch unprofitable abstossen. In einem ersten Schritt versuchen wir aber, wo möglich, den veränderten Ressourcenbedarf über natürliche Abgänge zu regulieren. Mit dem Ziel möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten, können künftig auch Pensumsreduktionen ein Mittel sein.

(Interview Ruth Marending)