Wie steht es um den Engadiner Nachwuchs in der Küche? Neun Lernende bewiesen ihr Können vor renommierter Jury.
Die Sonne strahlt vom stahl-blauen Himmel über das schneebedeckte St. Moritz herab, ein traumhafter Wintertag. Doch davon merken die vier jungen Herren nichts, die am vergangenen Mittwoch um den Sieg am sechsten «Young Engadine Talents» kochen.
Es ist der zweite Tag des Wettbewerbs, der zum Rahmenprogramm des St. Moritz Gourmet Festivals gehört. Neun Jungköche, fünf am ersten und vier am zweiten Tag, zaubern in der Küche des Fünfsternehotels Suvretta House je eine Haupt- und eine Nachspeise. Die Produkte entnehmen sie einem Warenkorb, den sie zuvor noch nicht kennen.
Nach zwei Stunden Arbeitszeit präsentieren sie das Resultat einer renommierten Jury: «Suvretta»-Küchenchef Fabrizio Zanetti, der in den Ruhestand getretene Spitzenkoch Roland Jöhri, Gastrostern-Gewinner Dario Cadonau, Direktor des In Lain Hotels Cadonau in Brail, und Claudio Dietrich, Direktor des Hotels Waldhaus in Sils-Maria, bewerten dabei nicht nur das, was letztlich auf den Tellern landet, sondern auch Punkte wie Organisation, Wirtschaftlichkeit und Arbeitsaufwand.
Eifrig schneidet Patrick Herzog, der seine Ausbildung im «Waldhaus» absolviert, Karotten-Brunoise. Sie geben seinen Kartoffelchips das gewisse Etwas. Jöhri, der viele Jahre im «Talvò» in Champfèr auf 18-Punkte-Niveau kochte, ist verblüfft: «Da gibt aber einer Gas!»Derweil zerkleinert Stefano Berrenato, Lernender im Hotel Laudinella, einen Blumenkohl. Das Püree, das er aus dem Gemüse macht, erhält letztlich Sonderlob.
Matteo Patscheider vom Parkhotel Margna in Sils filetiert hochkonzentriert eine Mango. Der Waldhaus-Lernende Samuel Indermühle würzt eine Pouletbrust, die später nicht ganz gar auf dem Teller landet. Umso brillanter wird sein Dessert. «Die Zitronentarte war etwas vom Besten, das wir degustieren durften», hält Zanetti, dessen Küche im «Suvretta» mit 14 Gault-Millau-Punkten dekoriert ist, fest.
Bei der Degustation gesellt sich «Suvretta»-Direktor Peter Egli zur Vierer-Jury, allerdings ohne bei der Bewertung mitzutun. Er ist vom Niveau begeistert: «Heute ist es nicht leicht, sich zu entscheiden, wer welchen Platz belegt.»
Über die zwei Wettbewerbstage gesehen, seien Klassenunterschiede zu sehen. Zanetti: «Man merkt, wer in welchem Betrieb arbeitet, wobei es durchaus auch Überraschungen gab. Aber während die einen Teilnehmer zum saisonalen Gemüse aus dem Warenkorb greifen, machen andere einen weiten Bogen um eine Schwarzwurzel. Die gibt es bei denen in der Küche womöglich gar nie.» Auch bezüglich Kreativität, Ordnung am Arbeitsplatz und dem sparsamen Umgang mit Ressourcen unterscheiden sich die Teilnehmer.
Manch ein Jungkoch zeige aber schon sehr eindrückliche Leistungen, lobt Zanetti: «Da müsste sich der eine oder andere Ausgelernte warm anziehen.» Am meisten überzeugten Stefano Berrenato, Samuel Indermühle und Mascha Jordan (Waldhaus), die am ersten Tag teilnahm. Diese drei dürfen nun am grossen Final des St. Moritz Gourmet Festivals die Topstars der Branche bei der Küchenarbeit unterstützen, ehe vor dem Publikum der Sieger gekürt wird, der sich auf ein Praktikum bei einem Spitzenkoch freuen darf.
Sieg hin oder her – Verlierer gibt es bei einem solchen Wett-bewerb ohnehin nicht. Für die Lernenden ist die Teilnahme ein Probelauf für die Abschlussprüfung und eine horizonterweiternde Erfahrung.
(Benny Epstein)
<link http: www.stmoritz-gourmetfestival.ch>
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