Zehn Lernende Lebensmitteltechnologie mit Schwerpunkt Bier haben 2019 ihre Lehre abgeschlossen. Dass es nicht mehr sind, liegt auch an den fehlenden Ausbildungsplätzen.
Das Bierbrauen in der Schweiz boomt. Von ursprünglich 32 registrierten Brauereien im Jahr 1990 stieg die Anzahl der Brauereien kontinuierlich. Im März 2020 meldeten 1473 Brauereien einen biersteuerpflichtigen Ausstoss. Von diesen Brauereien wiederum bilden nur 25 Betriebe Lernende aus. Der Grund: Viele Brauereien werden nebenberuflich oder als Hobby betrieben. Die Anzahl hauptberuflicher Brauereien mit einem Ausstoss über 1000 Hektoliter liegt laut dem Schweizer Brauerei-Verband SBV unter 60. Direktor Marcel Kreber erläutert: «Etliche Brauereien erfüllen die Anforderungen an einen Lehrbetrieb nicht. Sei es aufgrund fehlender Infrastruktur oder weil keine fachliche Berechtigung der Brauereimitarbeitenden für die Ausbildung vorliegt.»
Nebst den fehlenden Ausbildungsplätzen stellt auch die fehlende Bekanntheit des Berufes eine Herausforderung für die Branche dar. Ein Hauptaugenmerk des SBV sei daher die Informationsvermittlung, sagt Marcel Kreber. Damit sich die Jugendlichen letztlich für die Berufslehre Lebensmitteltechnologe mit Schwerpunkt Bier entscheiden würden, sei es zudem wichtig, diese «so attraktiv wie möglich» zu gestalten. «Das Kennenlernen der Brauereien und Exkursionen gehören ebenso dazu wie die Ausgestaltung überbetrieblicher Kurse», sagt Kreber. Einer dieser Kurse ist der einwöchige Einführungskurs, bei dem die angehenden Bierbrauerinnen und Bierbrauer mit viel praktischer Arbeit in die spannende Materie eingeführt werden. Marcel Kreber erläutert: «Hier wird der gesamte Brauprozess in Theorie und Praxis vermittelt.» Je nachdem, in welcher Brauerei die Lernenden ihre Ausbildung absolvieren, werden die Schritte des Brauprozesses im Betriebsalltag stärker oder schwächer durch Maschinen unterstützt. Diese Mischung aus Technologie und Handwerk verleiht der Lehre einen besonderen Reiz. Das findet zumindest Laurin Scognamiglio (18), Lernender im dritten Lehrjahr bei der Feldschlösschen AG in Rheinfelden/AG: «Unsere Brauerei ist mit ihren kupfrigen Sudkesseln und den modernen Maschinen ein abwechslungsreicher Arbeitsplatz.»
Wie komplex die Maschinen sind, merke er besonders jetzt im dritten Lehrjahr. «Manchmal darf ich die vierstündige Schicht einer Abteilung komplett verantworten. Dann muss ich beispielsweise die Anlagen steuern oder Prozessparameter dokumentieren und auswerten.» Dass Laurin Scognamiglio in Chemie und Physik schon in der Sekundarschule gut gewesen ist, sei ein klarer Vorteil.
Auch Mathias Wettstein (19) von der Brauerei Locher AG in Appenzell kann bestätigen, dass eine Stärke in Chemie und Physik von Nutzen ist. Der Lernende im dritten Lehrjahr ergänzt: «Zudem sollte man logisch denken können, technisches Flair haben und bereit sein, sauber zu arbeiten.» Die Hygiene sei beim Brauen das A und O. Mit Vorliebe braut Mathias Wettstein Biere, die etwas mehr Aufwand benötigen. «Das kann ein obergäriges oder ein dunkles Bier sein. Dort muss man selbst noch ein paar Säcke mit Spezialmalzen beim Schroten dazugeben», sagt er. Zum Trinken empfiehlt er hingegen sein Lieblingsbier Quöllfrisch naturtrüb von der Brauerei Locher AG.
Eine Alternative dazu bietet das für kurze Zeit im Coop erhältliche Golden Ale, das die Lernenden der Feldschlösschen AG gebraut haben. Der Verkaufserlös dieses Bieres fliesst in den Ausbildungsfonds des SBV.
(Désirée Klarer)