Wenn er allen Angestellten 5000 Franken zahlen würde, dann müsste er die Preise mehr als verdoppeln, sagt Hotelier Hauser.
Die Löhne im Gastgewerbe sind im Verhältnis zu anderen Branchen eher tief. Das ist allen klar. Trotzdem wehren sich die Arbeitgeberverbände gegen höhere Löhne. Deshalb sind die Lohnverhandlungen gescheitert, und ein Schiedsgericht muss nun entscheiden, um wie viel die Löhne steigen sollen (siehe HGZ Nr. 20). Im «Blick» hat Hotelier Urs-Beat Hauser vom Hotel Belvedere in Grindelwald erklärt, weshalb die Arbeitgeber keine höheren Löhne zahlen können. «Ich würde ja gerne allen Mitarbeitenden 5000 Franken bezahlen, aber dann würde eine Stange Bier 10 statt 4 Franken und das Menü 50 statt 20 Franken kosten.» Natürlich wäre kein Gast bereit – oder in der Lage –, solche hohen Preise zu bezahlen. Das ist allen Beteiligten klar.
Doch stimmen diese Zahlen? Die HGZ Hotellerie Gastronomie Zeitung hat nachgerechnet: Die Zahlen stimmen auf keinen Fall. Hätte Hauser nur ungelernte Mitarbeitende angestellt und würde allen den L-GAV-Mindestlohn von 3470 auf 5000 Franken erhöhen, ergäbe dies eine Lohnerhöhung von 69 Prozent. Die Lohnkosten machen je nach Betrieb zwischen 41 und 50 Prozent der Gesamtkosten aus. Das heisst, die Gesamtkosten würden also maximal um 35 Prozent steigen und nicht um 250 Prozent wie Hauser suggeriert. Auf Anfrage der HGZ, wie er auf diese Preise komme, reagierte Urs-Beat Hauser nicht. Deshalb ist auch seine Kostenstruktur nicht bekannt. Es ist anzunehmen, dass er in seinem Betrieb nicht nur Ungelernte beschäftigt. Deshalb läge die Erhöhung der Lohnkosten weit unter 70 Prozent.
Geht man davon aus, dass die Gesamtlohnsumme um 20 bis 40 Prozent steigt, müssten die Preise um 10 bis 20 Prozent angehoben werden. Dazu sagt Silvio Tschudi, Director of Operations bei der Schweizerischen Hotelfachschule Luzern SHL: «Diese Überlegung scheint mir realistisch. Die Kostenstruktur von einer Stange unterscheidet sich zwar von derjenigen eines Menüs. Für mich ist die Aussage, dass sich die Preise um 10 bis 20 Prozent erhöhen würden, durchaus nachvollziehbar.»
Stefan Unternährer, stellvertretender Geschäftsleiter der Hotel & Gastro Union und Leiter der Arbeitnehmerorganisationen bei den Lohnverhandlungen, ist froh über diese Antwort. «Es ist gut, dass dies eine Fachperson sagt. Denn es ist eine alte Praxis der Arbeitgeber, die Auswirkungen von Lohnerhöhungen auf die Preise von Menüs und Getränken massiv zu übertreiben.» Langfristig müsse sich die Branche überlegen, wohin sie wolle. Alle jammern, dass sie keine qualifizierten Mitarbeitenden finden. Aber nur mit qualifizierten Mitarbeitenden könne man mehr Umsatz erzielen und letztlich mehr Gewinn machen. Unternährer: «Qualifizierte Mitarbeitende kann die Branche nur finden beziehungsweise halten, wenn sie marktkonforme Löhne zahlt und attraktive Arbeitsplätze schafft.»
(Mario Gsell)