Die geplante Koch-Akademie in Heiligkreuz hat einen weiteren Meilenstein erreicht: Jetzt ist klar, wie der Campus aussehen soll. Das Projekt überzeugt vor allem durch Flexibilität.
Ich bin überglücklich», sagt Stefan Wiesner zum Siegerprojekt der Koch-Akademie in Heiligkreuz/LU. Überglücklich, dass ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zum Weiterbildungs- und Kompetenzzentrum der Kochkunst in der Region Entlebuch erreicht ist. Aber auch überglücklich über das Projekt, das ein wenig an eine Scheune erinnert und somit perfekt in die ländliche Region passt. Stefan Wiesner ist neben Vreni Giger, Tanja Grandits, René Schudel und Heinz Reitbauer einer der Botschafter der KochAkademie und stand der Wettbewerbs-Jury beratend zur Seite. Für ihn hat das ideale Projekt gewonnen: «Einer der grossen Vorteile ist, dass die Koch-Akademie räumlich vom Wohnhaus getrennt ist. Zudem lässt das Innenleben viel Flexibilität zu. Das ist wichtig, da wir so künftig flexibel auf die Bedürfnisse des Studiengangs und der Studierenden eingehen können.»
Für den Praktiker stand die Funktionalität des Gebäudes im Vordergrund: «Wir müssen darin arbeiten können. Das Siegerprojekt erfüllt unsere Anforderungen am besten.» Das Projekt der Thomas Schregenberger GmbH besteht aus zwei Gebäuden: das neue Akademiegebäude und das Wohnhaus im ehemaligen Ferienheim der Ingenbohler Schwestern. Die zwei Gebäude werden durch einen zentralen Hof verbunden und bilden so eine Einheit. Die Koch-Akademie ist als alleinstehender, zweigeschossiger Hallenbau angedacht, der durch den sakral wirkenden Speisesaal eine besondere Atmosphäre im Eingangsbereich schafft. Sie beherbergt vier Schulungsküchen sowie eine Akademie-Küche für die Verpflegung der Studenten und das öffentliche Restaurant Mysterium. Das dominierende Dach soll zum unverkennbaren Gesicht der Koch-Akademie beitragen. Im Wohnheim werden Studenten und Dozenten untergebracht.
Zentrale Räume der Koch-Akademie sind Sensorium, Mysterium und Refektorium. Das Sensorium ist das eigentliche Schaufenster der Koch-Akademie. Hier werden Materialien gezeigt, regionale Produkte ausgestellt und verkauft, Gäste empfangen oder Apéros veranstaltet. Im Mysterium wird das Kochen möglichst nahe zu den Gästen gebracht. Die offene Küche soll zur Bühne der jungen Köche und ihrer Kunst werden. In den Sommermonaten kann das Mysterium auch nach draussen verlegt werden, wo die Studierenden im Freien kochen können. Das Refektorium ist der Speisesaal, wo gegessen, gewohnt und gearbeitet werden soll. Aber auch für Feste oder Bankette eignet sich der grosse, hohe Raum.
Weiter sollen in der Koch-Akademie auch eine Käserei, eine Metzgerei, eine Bäckerei und eine Pâtisserie untergebracht werden. Oberhalb der Koch-Akademie können Gärten und verschiedene Stationen des Beobachtens und Kultivierens entstehen, die durch Fusswege verbunden sind. Auch Gäste und Besucher sollen so rund um die Akademie auf Entdeckungsreise gehen können.
«Das Team hat sich einerseits intensiv mit der Welt des Kochens auseinandergesetzt und andererseits mit dem Wesen der Schule als einer Institution, die sich laufend verändert», begründet JuryPräsident und Architekt Marc Syfrig die Entscheidung der Jury. «Dem Siegerprojekt gelingt es, das Handwerkliche, das Werkstatthafte, den prosaischen Alltag der Produktion und des Marktes zum Ausdruck zu bringen», schreibt die Jury in ihrem Urteil. «Gleichzeitig lässt sie auch das Kochen und Essen zu einem Festakt werden.» Die Stärke des Projekts liege zudem in seiner Offenheit für unterschiedliche Möglichkeiten der Inszenierung und für Veränderungen und Anpassungen an neue Bedürfnisse im Laufe der Zeit. Die Kosten für die Koch-Akademie belaufen sich auf geschätzte 18 Millionen Franken. Dieser Betrag soll vollumfänglich von Investoren und Sponsoren übernommen werden.
Auch skv-Geschäftsführer Andreas Fleischlin ist davon überzeugt, dass das richtige Team gewonnen hat: «Das Projekt ermöglicht es, die Koch-Akademie künftig weiterzuentwicklen.» Er vergleicht das neue Gebäude mit einer spanischen Markthalle: «Durch die Räume strömt viel Licht. Alles ist miteinander verbunden und lässt multifunktionelles Arbeiten zu.»
Die Koch-Akademie in Heiligkreuz soll nicht nur ein Weiterbildungs-, sondern auch ein Kompetenzzentrum des Kochberufs sein und regionalen Lebensmittelproduzenten neue Perspektiven eröffnen. Zudem schliesst sie eine Lücke in der aktuellen Bildungslandschaft. Denn bis heute gibt es für Köchinnen und Köche, die ihr Handwerk vertiefen wollen, keine Weiterbildung auf höherem Fachniveau. Die Berufsprüfung Chefköchin/Chefkoch FA ist bisher die höchste Weiterbildung mit einer praktischen Kochprüfung. Die höhere Fachprüfung zum eidgenössisch diplomierten Küchenchef HFP rüstet die Absolventen für unternehmerische Aufgaben. Der Kochkunst wird in dieser Weiterbildung nur wenig Gewicht beigemessen. Das soll an der KochAkademie anders sein: Hier liegt der Fokus zu einem grossen Teil auf dem Handwerk.
Die Kernthemen des neuen Studiengangs teilen sich in die Bereiche «Archaisch», «Konventionell» und «Labor» auf. Im ersten Bereich steht der Umgang mit den Elementen im Fokus, insbesondere der Umgang mit dem Feuer. Hier wird mit Holzofen, Grill und Bunsenbrenner sowie auf dem offenen Feuer gekocht. Zudem stehen die Themen Selbstversorgung und Konservierung im Fokus. Im Bereich «Konventionell» geht es um verschiedene Kochtechniken sowie Vorbereitungsarten für Mensen und Grossbetriebe. Im «Labor» schliesslich werden molekulare Elemente eingebunden sowie der Einsatz von Laborgeräten in der Küche behandelt.
Weitere Themen auf dem Lehrplan sind unter anderem Agrarkunde, Naturheilkunde, Sensorik oder Soft Skills. Neben dem Kochhandwerk steht vor allem das Produkt im Mittelpunkt. Die Studierenden werden vom Anbau über die Lagerung bis hin zur Verarbeitung geschult. Unterrichtet werden sie von namhaften Spitzenköchinnen und -köchen aus dem In- und Ausland, die sonst in ihren Betrieben engagiert sind.
Abschliessen sollen die Studenten die 16 Monate dauernde Ausbildung als diplomierter Koch HF Kulinarik. Derzeit wird ein Memorandum of Understanding ausgearbeitet und abschliessende Gespräche mit den potenziellen Trägern der HF Kulinarik geführt. «Unser Ziel ist es, möglichst alle Verbände der Branche im Boot zu haben», sagt skv-Geschäftsführer Andreas Fleischlin. Derzeit sei es noch zu früh, um konkrete Namen zu nennen. Die definitive Trägerschaft soll aber noch im Herbst vorgestellt werden.
Nach der Kürung des Siegerprojekts stehen nun die weiteren Schritte an: Auf der Basis des Wettbewerbsprojekts wird mit der Erarbeitung des Vorprojekts gestartet. Parallel dazu soll ein Bebauungsplan ausgearbeitet werden. Damit das Projekt als Baugesuch eingereicht und später mit der angedachten Nutzung realisiert werden kann, ist zudem eine Zonenplanänderung notwendig. In vorbereitenden Gesprächen wurden bereits sämtliche kommunalen und kantonalen Amtsstellen frühzeitig in den Planungsprozess involviert. Läuft alles nach Plan, kann die Koch-Akademie, die Platz für 50 Studierende bietet, im Frühjahr 2020 in Betrieb genommen werden.
(Angela Hüppi)