Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

«Es gilt, mit Gästen in Kontakt zu bleiben»

Die Leiterin des Bereichs Unterkunfts- und Gastronomiemarketing bei Schweiz Tourismus ist beeindruckt vom Durchhaltewillen der Branche.

Annika Grünig: «Die Schweiz und die Schweizer Hotellerie zu vermarkten, ist für mich die schönste Aufgabe, die ich mir vorstellen kann.» (ZVG)

Annika Grünig, das Coronavirus hat uns derzeit fest im Griff. Worauf setzt Schweiz Tourismus aktuell den Fokus im Unterkunfts- und Hotelmarketing? 
Annika Grünig
: Im Moment steht im Vordergrund, unsere Gäste mit «Dream now – travel later» in ihrer Situation mit schönen Inhalten zum Reisen im Kopf einzuladen und für spätere Reisen zu inspirieren. Gleichzeitig arbeiten wir an einem «Recovery Plan», um genau rechtzeitig das Unterkunftsmarketing mit voller Kraft wieder starten zu können.

Stichwort Marketing: Was können Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe aktuell dafür tun, um die Corona-Krise möglichst unbeschadet zu überstehen?
Sie können die negativen Auswirkungen mittels Onlinemarketing zumindest ein Stück weit reduzieren. Zudem sollten die Betriebe weiterhin den Kontakt zu ihren Gästen pflegen und die Chance nutzen, in dieser Zeit positiv auf sich aufmerksam zu machen. Es gibt bereits viele gute Beispiele dafür wie Home Delivery, Quarantäne-Zimmer oder Kochen für alte Menschen. Diese Aktionen begeistern mich.

Also würden Sie sagen, die Corona-Krise hat auch positive Seiten? 
Seien wir ehrlich: Die Situation ist viel zu dramatisch, als dass man einfach sagen könnte: «Aber sie hat auch ihre guten Seiten.» Trotzdem beeindrucken mich die Solidarität, die Kreativität und der Wille zum Durchhalten und zum Comeback sehr.

Haben Sie schon eine Prognose dafür, welchen Betrieben ein Comeback gelingen wird? 
Nein, es ist noch viel zu früh, um Szenarien für «nach der Krise» zu entwerfen. Es ist weder klar wie lange die Situation noch dauert noch wie die Welt danach aussehen wird. Die Branchenumfrage von Schweiz Tourismus und Hotelleriesuisse, welche die Wirtschaftshochschule Siders Ende März durchgeführt hat, zeigt allerdings gewisse Tendenzen. 

In welche Richtung gehen diese? 
Aus der Studie geht hervor, dass die Konkurswahrscheinlichkeit von Betrieben in den Städten und im Kanton Tessin deutlich höher eingeschätzt wird als in den Bergen. Somit könnte man annehmen, dass Betriebe in den Bergen eine grössere Chance haben. Zumal wir hoffen, dass diesen Sommer und Herbst viele Schweizerinnen und Schweizer Lust auf Ausflüge und Ferien in der Schweiz haben. Diese führen mehrheitlich auch in die Berge.

Was raten Sie den Betrieben in den Städten beziehungsweise im Tessin? 
Wichtig ist, im Moment nicht ganz von der Bildfläche zu verschwinden. Das gilt jedoch auch für die Betriebe in den Bergen.

«Wir erwarten praktisch eine Marketingschlacht.»
 

Weshalb ist das so wichtig? 
Sobald sich die Situation einmal beruhigt hat, werden sehr viele touristische Anbieter um die Aufmerksamkeit der Gäste buhlen – wir erwarten praktisch eine Marketingschlacht. Wer es geschafft hat, dann noch immer «Top of Mind» bei den Gästen zu sein, der hat einen Startvorteil.

Viele Betriebe haben vor der Corona-Krise weder Delivery noch Take-away angeboten. Worauf können diese Betriebe achten, um aufzuholen und Gäste für sich zu gewinnen?
Zum einen sollten die sozialen Medien gezielt genutzt werden. Die Menschen sind dort so intensiv unterwegs wie nie zuvor. Zum anderen macht es für die besagten Betriebe wohl am meisten Sinn, wenn sie im unmittelbaren Umfeld auf ihre Dienste aufmerksam machen. Etwa mit einem Flyer, den man selber in den Briefkästen der Nachbarschaft verteilt. Es gibt auch verschiedene neue Web-Plattformen, auf denen man seine Dienste effizient anbieten kann. Helpgastro.ch und lokalhelden.ch sind zwei gute Beispiele dafür.

Glauben Sie, es wird im Bereich Gastronomie längerfristig eine Verschiebung hin zu mehr Delivery geben? 
Ich bezweifle, dass die Menschen nach der Corona-Krise weiterhin gleich oft oder sogar noch häufiger Lieferdienste beanspruchen werden. Das Bedürfnis nach persönlichen Begegnungen und Erlebnissen wird grösser sein denn je, was eine grosse Chance für die Schweizer Hotellerie und Gastronomie ist.

(Interview Désirée Klarer)


Zur Person

Annika Grünig (28) leitet seit Mai 2019 den Bereich Unterkunfts- und Gastronomie-Marketing bei Schweiz Tourismus. Ihr Werdegang in der Unternehmung startete im Jahr 2014 mit einem Praktikum im Leisure Marketing. Anschliessend war sie von 2015 bis 2019 als Projektleiterin in der Abteilung Unterkunftsmarketing tätig. Annika Grünig absolvierte ein Bachelorstudium an der Schweizerischen Tourismusfachschule in Siders. Im Juni 2020 schliesst sie mit einem MAS in Brand and Marketing Management an der Hochschule Luzern ab.