Geld sparen durch nachhaltiges Handeln

Das Thema Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Auch Hoteliers setzen vermehrt darauf und lassen sich zertifizieren. Dies hat viele Vorteile.

Zum Seminarhotel Lihn gehört die sozialtherapeutische Institution Menzihuus. (ZVG)

Hoch über dem Walensees thront das Seminarhotel Lihn in Filzbach/GL. Es ist auf den ersten Blick ein normales Seminarhotel mit 30 Zimmern im Dreisterne- und 15 Zimmern im Einsternebereich sowie sieben Seminarräumen. Und trotzdem hebt es sich von den unzähligen Seminarhotels der Schweiz ab. Erstens, weil es an die sozialtherapeutische Institution Menzihuus angegliedert ist und zweitens, weil es als eines der nachhaltigsten Hotels der Schweiz bezeichnet werden kann. Es ist geprüft und zertifiziert mit dem Platinum-Gütesiegel von Ibex Fairstay. Die Firma mit Sitz in Maienfeld/GR zertifiziert Beherbergungsbetriebe nach dem  so genannten ISO-Umweltlabel   Typ I. Nur 17 der 63 zertifizierten Beherbergungsbetriebe in der Schweiz haben diese höchste Auszeichnung erhalten. 15 davon zählen zu der Gruppe der Schweizer Jugendherbergen.

Alle Dimensionen der Hotellerie werden geprüft

«Wir pflegen andere Werte», sagt Hoteldirektor Urs Brotschi. «Um diese guten Dinge, von denen wir ständig erzählen, auch beweisen zu können, haben wir uns Anfang dieses Jahres zertifizieren lassen.» Mit den «guten Dingen» meint er beispielsweise die eigene Bio-Gärtnerei, die Holzschnitzelheizung, die tiefe regionale Verankerung und die Verwendung von natürlichen Baumaterialien. «Wir haben beim Umbau zwischen 2011 und 2013 zehn Millionen Franken in ein nachhaltiges Hotel investiert», so der Hoteldirektor. Doch Korkböden, Kalkputzwände und regionale Produkte reichen nicht aus, um die höchste Auszeichnung von Ibex Fairstay zu erhalten. 

Die Firma prüft alle Dimensionen der Hotellerie und hat diese in fünf Bereiche aufgeteilt: Qualität des Managements, Ökologie, Regionalität, soziale Balance sowie Finanzen und Performance. Die Fragebögen für die Beurteilung beinhalten zum Beispiel Fragen zur Lohngleichheit, zur Strukturierung von Teamsitzungen, zur Abfallmenge, zu Kulturangeboten sowie zur allgemeinen Zufriedenheit. Eine aufwendige Arbeit. «Das Zusammentragen aller Daten für die Analyse benötigt viel Zeit und ist neben dem Tagesgeschäft nicht möglich», weiss Urs Brotschi. Zwischen sechs und zwölf Arbeitstage werden dafür benötigt. Während des gesamten Prozesses wird das Hotel von einem Auditor von Ibex Fairstay unterstützt.

Mitarbeiterbindungs- und Marketingtool 

Doch der Aufwand lohnt sich. Es ist eine detaillierte Standortbestimmung. Der Betrieb sieht, wo er steht und wo noch Potenzial zur Verbesserung vorhanden ist. «Es ist ein spannender Prozess», so Urs Brotschi. «Er hat uns sensibilisiert, und es stehen uns nun Richtlinien zur Verfügung, an die wir uns halten können.» 

Zudem sei das Gütesiegel ein Marketingtool im hart umkämpften Seminarbereich. «Wir durften bereits einige neue Gruppen beherbergen, die auf Nachhaltigkeit setzen.» Weitere Pluspunkte sieht er bei der Mitarbeiterbindung und natürlich bei der Einsparung von Kosten: «Wir sparen zum Beispiel beim Energie- und Wasserverbrauch sowie bei der Rekrutierung von neuen Mitarbeitern.» Neben den 25 Mitarbeitern beschäftigt das Seminarhotel Lihn indirekt 15 Personen vom angegliederten «Menzihuus».

«Das Seminarhotel Lihn ist ein Vorzeigebetrieb», sagt Anita Gschwind, Geschäftsführerin von Ibex Fairstay. Sie weiss, wovon sie spricht. Lernte sie doch Koch und Servicefachfrau, arbeitete 30 Jahre in den unterschiedlichen Bereichen der Hotellerie und Gastronomie und führte zuletzt das Hotel Chesa Spuondas in St. Moritz.

Punktesystem mit Verbesserungsvorschlägen

 «Die meisten Betriebe steigen mit dem Gütesiegel «Ibex Fairstay Silver» ein, dem drittbesten. Das Zertifizierungsverfahren funktioniert mittels eines Punktesystems. Die Betriebe erhalten je nach Verhalten in den einzelnen Bereichen entsprechende Punktzahlen. Ist Luft nach oben, gibt es einen Massnahmenkatalog und Verbesserungsvorschläge. 

Für die Auszeichnungen ist ein externes Zertifizierungskomitee verantwortlich. Es setzt sich aus Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Tourismus zusammen. Diese sind Dr. Roland Zegg (Präsident), Dr. Arthur Braunschweig und Hans Egli. Alle drei Jahre findet während eines halben Tages eine Rezertifizierung der Hotels durch einen Auditor statt. Diese hat gemäss Anita Gschwind den Charakter einer Schulung und kann den Betrieben zu einem höheren Gütesiegel verhelfen.  

(Sarah Sidler)


Ibex Fairstay

Es ist ein Schweizer Gütesiegel für Nachhaltigkeitsmanagement in Beherbergungsbetrieben. Es ist eine weltweit einzigartige Branchenlösung, die auf die Besonderheiten der Hotellerie und Parahotellerie eingeht und Beherbergungsbetriebe auszeichnet, die ihre Verantwortung für nachhaltiges Wirtschaften überdurchschnittlich gut wahrnehmen. Die Zertifizierung kann in Kombination mit dem EU-Ecolabel und dem Q-Programm vom Schweizer Tourismus-Verband absolviert werden.