Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

Köche fehlen wegen falscher Sozialpolitik

«Blick» titelte: «Verzweifelt gesucht – gute Köche!» Recht hat er. Doch warum ist es schwierig, Fachkräfte zu finden? Unter anderem, weil die Arbeitgeber eine falsche Sozialpolitik und Protektion betrieben haben.

Drei Jahre nach Lehrabschluss hat die Hälfte der Nachwuchsköche die Branche bereits wieder verlassen. (Keystone)

Pro Jahr beenden in der Schweiz über 1000 junge Berufsleute ihre Grundbildung Koch/Köchin EFZ. Koch ist bei Buben einer der zehn beliebtesten Berufe. Und mit Löhnen von 1020 im ersten, 1300 im zweiten und 1550 Franken im dritten Ausbildungsjahr gehören Kochlernende zu den Bestverdienenden. Zum Vergleich: Informatiker erhalten im dritten Lehrjahr 950 bis 1100 Franken. 

Nach der Grundbildung starten die Köche mit einem Mindestlohn von 4190 Franken, einem 13. Monatslohn und fünf Wochen Ferien besser ins Berufsleben als andere. Trotzdem ist das Image des Berufs nicht das beste, und es fehlen Köche. Was läuft da schief?

«Das eigentliche Problem zeigt sich erst ein paar Jahre nach dem Lehrabschluss», sagt Stefan Unternährer. Er ist Leiter Rechtsdienst und Sozialpolitik bei der Hotel & Gastro Union. Die im Blick zitierten Löhne bis 9000 Franken seien Ausnahmen. «Viele Köche verdienen fünf Jahre nach Lehrabschluss weniger als 5000 Franken», weiss Unternährer. 

Dass für diese Arbeitnehmenden keine besseren Marktlöhne ausgehandelt werden konnten, ist die Folge eines Jahrzehnte überdauernden Fehlers in der Sozialpolitik. «Die Arbeitgeberverbände richten sich aus nach ihren schwächsten Mitgliedern, den eigentlich unrentablen Betrieben. Sie verhindern höhere Marktlöhne für erfahrenere Berufsleute und schützen damit diese Betriebe. Diese Protektion führt zu einem Angebotsüberhang und die nötige  Flurbereinigung in der Gastronomie findet nur verzögert statt», erklärt Unternährer.  

Statt Schweizer Köchen höhere Löhne zu bezahlen, um sie in der Branche zu halten, wurden Abgänge in Kauf genommen. Bis 2002 profitierten die Arbeitgeber vom Saisonnierstatut und danach von der Personenfreizügigkeit. Die Arbeitgeber konnten auf dem internationalen Arbeitsmarkt aus dem Vollen Schöpfen und dort laufend neue Köche rekrutieren.

Arbeiten in der Schweiz ist weniger attraktiv als früher

Weil sich die Arbeitsbedingungen in den Herkunftsländern dieser Köche inzwischen verbessert haben, sind Jobs in der Schweiz nun weniger interessant. Zudem verschärft sich das Nachwuchsproblem in allen mitteleuropäischen Ländern. Die Generation der «Baby-Boomer» kommt ins Rentenalter. Die nachfolgenden Generationen sind zu klein, um die im Arbeitsmarkt entstehenden Lücken zu füllen. «Wer Fachleute will, muss künftig höhere Löhne zahlen, sonst findet er einfach keine guten Mitarbeitenden.» Stefan Unternährer hält aber auch fest: «Das Gastgewerbe wird nie eine Hochlohnbranche sein.» 

Der Lohn sei allerdings nur einer der Hauptgründe, warum Köche die Branche verlassen. Die anderen sind die Arbeitszeiten sowie fehlende Wertschätzung und ein schlechtes Arbeitsklima. Dass die Gäste abends und am Wochenende kommen, kann man nicht ändern. Bei den Arbeitszeitmodellen und den Arbeitseinsatzplänen hingegen gäbe es noch genug Optimierungspotenzial.  

Das einfachste, schnellste und billigste Mittel, um Köche länger im Beruf zu halten, sei Wertschätzung. Hier hätten viele Arbeitgeber noch grossen Nachholbedarf. 

Doch auch die Köche selbst sind gefordert damit es im Gastgewerbe langfristig allen Beteiligten gut geht. Von den rund 75 000 Köchen im Land setzen sich gerade mal 15 000 als Mitglied des Schweizer Kochverbands skv für die Aufwertung ihres Berufs, die Berufsbildung sowie höhere Löhne ein. 

(Riccarda Frei)