Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

Mit 24 Jahren Küchenchef im Fünfsternehotel

Joël Ellenberger – den Namen sollte sich die Kochszene merken. Der Schweizer Jungkoch hat sich in Deutschland bereits etabliert.

  • Joël Ellenberger: «Ich habe viele Ideen und klare Vorstellungen. Nächstes Jahr wollen wir Richtung Fine Dining gehen.» (Bilder ZVG)
  • Ochsenbacke vom Irischen Ochsen / 2erlei Schwarzwurzel / Topinambur / Cranberries.
  • Pot au Feu vom Kabeljau / Steinbuttbacke / Pulpo / Jackobsmuschel / Safran /Schnittlauchemulsion.
  • Schwarzwälder Kuckuck-Uhr auf 4 Texturen / Kalamansi / Kumquats.
  • Joël Ellenberger bei der Zubereitung des Signature Dishs: Tagliatelle / Parmesan-Velouté mit Champagnerinfusion und Bottarga.
  • Gebratene Gänse-Stopfleber und Süsskartoffel Pop-Art / Mango.

Manchmal kann es Joël Ellenberger selbst kaum glauben: Der 24-jährige Schweizer ist Küchenchef des Restaurants Wintergarten. Und dies ist nicht etwa ein kleiner Betrieb in einem verschlafenen Dorf, sondern das Restaurant des «Brenners Park» in Baden-Baden, das mit seinen fünf Sternen und als Mitglied der «Leading Hotels of the World» zu den allerbesten Hotels in Deutschland zählt.

Die Kochlehre absolvierte Joël Ellenberger im Hotel Radisson Blu am Zürcher Flughafen. Enttäuscht kam er damals nach dem ersten Arbeitstag nach Hau- se. Zehn Stunden lang hatte er Kartoffeln gerüstet. Schmerzende Füsse, brennende Hände – so hatte er sich das nicht vorgestellt. Im zweiten Lehrjahr warf ihm der Chef die Pilze vor die Füsse und gab ihm dreissig Sekunden Zeit, den Boden aufzuwischen. Joël Ellenberger hatte aus Zeitnot die Eierschwämmli gleichzeitig mit den Schalotten in die aufschäumende Butter gegeben. Der Chef bemerkte die Schummelei sofort. Es blieb Ellenberger eine Lehre.

Eine einmalige Chance

Später zog es den Jungkoch ins «Baur au Lac», wo er von Laurent Eperon, dem Küchenchef des Sternerestaurants Pavillon, viel lernte. Nach einer Stage in der «Krone» in Regensberg/ZH unter Ale Mordasini wagte er vor drei Jahren den Schritt nach Deutschland ins Hotel Brenners Park. Und als nach dem Abgang von Sternekoch Paul Stradner das Food-Konzept erneuert wurde, bot ihm die Hoteldirektion den Job als Küchenchef an. «Ansonsten wäre ich wohl in die Schweiz zurückgekehrt», erinnert sich Ellenberger. «Aber eine solche Chance konnte ich natürlich nicht ausschlagen.» Mal schauen, wie das mit einem so jungen Chef funktioniert – lautete das gemeinsame Vorhaben. Nun feiert der Zürcher demnächst sein Einjähriges als Küchenchef des Restaurants Wintergarten.

Gemeinsam mit dem Restaurant Fritz & Felix gilt der «Wintergarten» als kulinarisches Aushängeschild des Hotels. Und Ellenbergers Ambitionen kommen bei der Hotelführung an: «2019 wollen wir Richtung Fine Dining gehen und uns dann auch im Gault Millau etablieren.» Auf der Speisekarte der klassisch französischen Küche gibt es Gerichte wie ein leicht pochiertes Rouget-Röllchen mit Hummer-Scheren und weissem Rettich oder gebratene Entenbrust mit einem Süsskartoffel-Millefeuille, Granny Smith, Traube und sauren, roten Zwiebeln. Neben dem Schweizer Küchenchef arbeiten vier ausgelernte Köche und zwei Lernende in der Küche. Das Restaurant fasst vierzig Plätze. Ellenberger: «Ich habe viele Ideen und klare Vorstellungen. Wir machen alles selber. Die Küche ist sehr produktbezogen. Ich suche mir stets die besten Produkte aus und kombiniere oft Regionales mit Internationalem. Ich mag den exotischen Mix.»

Der Respekt kam schnell

Es sind verblüffende Sätze aus dem Mund eines 24-Jährigen. Sie wirken nicht aufgesetzt oder überheblich, sondern wohl überlegt und entspannt. Dennoch: Manch ein Stammgast hatte zu Beginn Mühe zu akzeptieren, dass nun ein junger Schweizer den einen oder anderen Klassiker von der Karte streicht und seine eigenen Ideen umsetzt. «Auch für die Mitarbeiter war es speziell. Doch der Respekt für unsere Küche wie auch für mich als Führungsperson kam schnell. Zudem erhalte ich grosse Unterstützung vom F&B-Management und von der Hoteldirektion.» Gleichzeitig sei auch sein Respekt gegenüber dem Fünfsternehotel gross: «Ich weiss, was ich hier repräsentiere.»

Feedback von Nenad Mlinarevic

Dass er in seinem jungen Alter noch nicht genug aus der weiten Kochwelt gesehen hat, ist Ellenberger bewusst. Um seinen Horizont zu erweitern, macht er Praktika in Partnerhotels. Zudem kriegt er von einem Schweizer Spitzenkoch regelmässig ehrliches Feedback: Nenad Mlinarevic, Schweizer Koch des Jahres 2016, ist seit letztem Frühling als kulinarischer Berater des Hotels engagiert. «Nenad ist sehr sympathisch und bodenständig», erzählt Ellenberger. «Ich bitte ihn immer um konstruktive Kritik. Zudem hält er mich über das Geschehen innerhalb der Branche in der Schweiz auf dem Laufenden.»

Ferien mit seinen gleichaltrigen Jugendfreunden aus der Heimat liegen nicht mehr drin. Ellenberger nimmt es in kauf. «Das ist Teil meines Jobs. Aber zu Hause unter Kollegen bin ich ein ganz normaler 24-Jähriger.» Einer, dessen Name in die Notizbücher der grossen Schweizer Küchenchefs gehört.

(Benny Epstein)